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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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einem stupiden Menschen zu tun. Das ist das Schicksal aller Fürsten der Schatten!“
    Er kehrte in das Haus zurück, und ich kam mit ihm heut gar nicht mehr zu sprechen. Seine Zeit war zu sehr in Anspruch genommen, doch ließ er mich durch Schakara über alle Geschehnisse schnell und ausführlich unterrichten!
    Zu meiner Überraschung wurde mir heut das Mittagessen nicht von ihr allein gebracht. Pekala kam mit. Sie hatte das gewünscht, um mir etwas mitteilen zu können. Da stand sie nun vor mir, glühend vor Verlegenheit und nach den passenden Worten suchend. Als ich ihr Mut machte, begann sie endlich:
    „Effendi, ich bitte dich, es mir zu glauben: Ich dachte, daß es eine Madama sei, eine echte, richtige, wirkliche Madama! Sie war ja so dick! Aber als sie sich in der Küche niedersetzte, gleich auf den Boden, mit einem solchen Plumps, da nahm ich ihr das Tuch vom Kopf und – und – und da erschrak ich so fürchterlich, daß ich ganz gewiß auch niedergefallen wäre, wenn ich mich nicht an ihr festgehalten hätte – – – nein, nicht an ihr, sondern an ihm, denn sie war ein Mann. Denke dir! Und sie hatte solchen Hunger! Und er aß so schön, und so schnell, und so viel! Und dann schlief sie ein! Und dann aß er weiter und schlief wieder ein! Sie aß mir fast alles weg, was ich für andere machte, denn er war ganz ausgehungert von der Reise. Nun ist sie endlich satt, und weil es ihm bei mir so schmeckt, sind wir miteinander übereingekommen, daß wir uns niemals, niemals wieder trennen werden. Was sagst du dazu, Effendi? Bist du einverstanden?“
    „Du bist doch deine eigene Herrin und kannst also machen, was du willst!“
    „Das weiß ich wohl. Und ich würde mir auch nicht dreinreden lassen; aber die Höflichkeit erfordert doch, daß ich wenigstens so tue, als ob ich frage. Darum bin ich schon beim Ustad gewesen. Er hat mich freigegeben, vollständig frei. Nun komme ich auch zu dir. Läßt auch du mich gehen?“
    „Sehr gern!“
    „Aber ich komme nicht wieder, gar nicht!“
    „So!“
    „Also auch du! Ich dachte, man würde weinen. Aber es fällt keinem einzigen ein, es zu tun. Und ich habe doch so gut gekocht! Darum räche ich mich. Ich gehe nämlich sofort. Agha Sibil hat einige Retourkamele nach Isfahan zu schicken. Da setzen wir uns auf, ich, mein Kepek und auch mein Tifl. Es geht schon in einer Stunde fort. Mein Kepek hat seit heut früh immerfort gegessen und wird es also aushalten bis zur nächsten Station. Ich will also Abschied von dir nehmen, für immer und für ewig, und reiche dir meine Hand!“
    „Behalte sie! Sie gehört nicht mir, sondern deinem Kepek, für immer und für ewig.“
    Diese völlige Gleichgültigkeit schien sie zu erzürnen. Sie ging nach der Tür, blieb dort noch einmal stehen und sagte:
    „Es gibt hier keinen, der ein edles Frauenherz begreift. Mein Kepek ist der einzige. Aber der Ustad hat mir meinen Lohn gegeben und auch noch ein großes Bakschisch dazu. Nun bin ich mit euch allen quitt und mag nie wieder etwas von euch wissen. Mich seid ihr los, ganz gründlich, gründlich los!“
    So ging sie hinaus.
    Wie das so schnell gekommen war! Ob ein Aschyk oder ein Kepek, ist ganz gleich; nur die Kochkunst muß er bewundern, und erziehen muß er sich lassen! Auch eine Art derjenigen weiblichen Wesen, welche sich rühmen, die ‚Seelen‘ oder gar die ‚Engel‘ ihrer Männer zu sein! Genau eine Stunde später sah ich, daß ihre Sachen hinunter nach Agha Sibils Zelt geschafft wurden. Dann gingen sie selbst, Pekala an ihres Kepek Seite, eine voluminöse Eßwarenliebe, voran Tifl, der dünn Aufgeschossene. Nicht lange Zeit hierauf humpelten die Lastkamele aus dem Duar, welche die ‚Festjungfrau‘ mit ihrem neuen, erkochten Glück von dannen trugen. Kein einziger Dschamiki gab ihnen das Geleit. Das war die ganz natürliche Folge ihrer unbedachten Schwatzereien!
    Am Nachmittag erfuhr ich durch Schakara, daß der Ustad den geheimen Weg vom Allerheiligsten auch untersucht hatte. Er war sogar auch unten im Bassin gewesen, hatte mir aber nichts davon mitgeteilt, um mich nicht über ihn zu beunruhigen.
    Ich hatte mir die Dschamikun in einer gewissen, nicht sehr hohen Zahl vorgestellt. Als sie sich aber heut, am Vortage der morgigen Feier, einstellten, einzeln, in größeren Trupps und in ganzen Scharen, sah ich zu meinem Erstaunen, wie dicht bevölkert diese so abgelegene Gegend war und wie bedeutend der geistige Einfluß, den der einsame Duar rundum gewonnen hatte. Man sah die

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