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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hinein. Seine Begleiter blieben im Freien. Nach einiger Zeit ließ man den Scheik ul Islam kommen. Auch er verschwand in dem Zelt.
    Nun bemerkte ich erst, daß Syrr nicht zu sehen war. Ich fragte Schakara nach ihm, fast beschämt über diese meine Unaufmerksamkeit. Man hatte ihn im Garten untergebracht, damit er von den Zelten da drüben aus nicht gesehen werden könne. Ich bat meine ‚Seele‘, ihn ja gut zu versorgen.
    Jetzt traten die drei hohen Persönlichkeiten wieder aus dem Zelt und gingen mit einander quer durch die Ruinen, dem Glockenweg zu.
    „Sie wollen herüber zu uns!“ sagte Schakara. „Das muß ich dem Ustad augenblicklich melden. Unser liebes Haus muß rein von solchem Zuspruch bleiben! Er wird sie abweisen!“
    „So bitte ihn, dies womöglich hier unter meinem Dach zu tun. Ich möchte die Gul kennen lernen und darum gern hören, was und wie sie spricht.“
    Schakara eilte hinab. Ich beobachtete die Nahenden, doch so, daß sie mich nicht sahen. Die Prinzessin war eine hohe, volle Gestalt. Sie hatte ihre Kleidung überreich mit Schmuck beladen. Einen Schleier trug sie nicht, hatte sich also von der in ihrem Kreis gebotenen, schamhaften Zurückhaltung emanzipiert. Ihr Haar war vorn abgeschnitten und bedeckte die Stirn, ganz nach Art unserer sogenannten Simpelfransen, zuweilen auch Ponyfrisur genannt. Die persischen Haremsfrauen lieben es nämlich sehr, ihrem Gesicht hierdurch einen zwar geistlosen, dafür aber um so begehrlicheren Ausdruck zu geben. Hinten hingen die Zöpfe fast bis auf den Boden herab. Sie waren mit goldenen Schnüren, Fransen und Troddeln durchflochten, also sehr wahrscheinlich nicht echt. Bezeichnenderweise trug sie in der Hand eine Reitpeitsche, ganz so, wie Ahriman Mirza auch. Sie schwippte mit derselben im Gespräch bald hin und bald her und war überhaupt in allen ihren Bewegungen so lebhaft, so bestimmt und so gebieterisch, so wegwerfend und, ich möchte sagen, so keck, wie ich bisher noch keine einzige Orientalin zu sehen bekommen hatte.
    Sie erreichten die Pferdeweide und blieben einige Zeit bei Assil, Barkh und Sahm stehen. Sie sprachen dabei sehr lebhaft über die Pferde. Was, das konnte ich nicht hören, aber ihren Gestikulationen nach konnte es nicht sehr lobend sein. Da trat die Prinzessin zu Assil heran und faßte ihn am Maul, um es zu öffnen und seine Zähne zu sehen. Er wollte das nicht dulden. Da schrie sie ihn zornig an und schlug ihn an die Ganaschen. Im nächsten Augenblick lag sie am Boden, von einer kräftigen Kopfbewegung des Rappen niedergeschleudert. Sofort sprang Ahriman Mirza hinzu, hob die Peitsche empor und holte aus, um ihn zu züchtigen – – – kam aber nicht dazu. Assil war schneller als dieser Mensch. Er machte eine blitzschnelle Schwenkung, warf sich hinten in die Höhe und schlug nach ihm aus. Der Huf traf den Kopf des Persers, welcher mit einem lauten Schrei zusammenbrach. Der Hengst wieherte herausfordernd auf und stellte sich zur weiteren Gegenwehr bereit. Der Scheik ul Islam aber und auch die Prinzessin, welche sich wieder aufgerafft hatte, traten zu Ahriman hin, um zu sehen, mit welchen Folgen er getroffen worden sei. Er stand mit ihrer Hilfe wieder auf, hielt aber den Kopf in beiden Händen. Es schien glücklicher Weise nur ein Streifhieb gewesen zu sein. Der Kopf wurde betastet, begutachtet und endlich wieder freigegeben. Dann setzten sie den unterbrochenen Weg zu uns fort, sichtlich im höchsten Grad erzürnt, aber langsam, sehr langsam, weil Ahriman nur schwankend und nicht schneller gehen konnte.
    Schakara hatte den Ustad geholt. Sie standen miteinander grad unter mir und hatten den Angriff auf das Pferd und dessen Verteidigung gesehen. Nun kamen die drei heran. Sie blieben vor ihnen stehen. Ein eigenartiges Zusammentreffen! Es wurde zunächst kein Wort gesprochen; aber Auge tauchte sich in Auge. Dann begann die Prinzessin zu fragen:
    „Von wem werden wir hier empfangen? Wer bist du?“
    Ihre Stimme klang hart, hochmütig, verächtlich.
    „Ich bin der Ustad der Dschamikun“, antwortete er gelassen.
    „Und wer ist das Geschöpf an deiner Seite?“
    „Geschöpf?“ wiederholte er ihren beleidigenden Ausdruck, aber lächelnd. „Ja, du hast recht gesagt, ohne es zu wollen; sie ist ein Geschöpf Gottes, des Allerhabenen, des Allreinen; sie wurde von ihm erschaffen in seiner Weisheit und Güte. Du aber bist kein Geschöpf. Du wurdest nicht von dieser Weisheit und Güte erschaffen, sondern von sündigen Menschen in Sünde

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