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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Zelte, Jurten, Laubhütten und offenen Lager überall und eng aneinander entstehen. Sie bedeckten nach und nach das ganze Tal, stiegen an allen Höhen empor, krochen unter die Bäume der ringsum ragenden Wälder und kletterten über die Berge hinüber, um sich über die Hochebene dort weit auszubreiten. Man hatte mir nicht zuviel gesagt; es kamen Tausende, und selbst als es schon dunkel geworden war, hörte dieser Zufluß noch nicht auf.
    Am Abend ließ der Ustad mir sagen, daß ich möglichst zeitig schlafen gehen möge, weil er beabsichtige, mit mir in frühester Morgenstunde auszureiten. Ich tat es und erwachte, als es noch nicht vier Uhr morgens war. Der Tag begann, leise zu grauen. Von meinem Vorplatz aus sah ich, daß er schon unten bei den Pferden war. Er sattelte die Sahm. Daher beeilte ich mich, zu ihm hinabzukommen, wo ich erfuhr, daß ich den Syrr reiten sollte. Sitz und Halfter lagen schon bereit; ich brauchte beides nur an- und aufzuschnallen.
    „Heut wirst du die Sahm kennenlernen“, sagte er. „Dein Assil hat sie besiegt. Wollen aber sehen, wie du nach einigen Stunden hierüber denkst.“
    „Stunden?“ fragte ich, denn ich bemerkte, daß die Satteltaschen mit Proviant gefüllt waren. „Willst du an diesem Gedenktag so lange von hier fortbleiben?“
    „Hierüber später“, antwortete er, indem er aufstieg.
    Ich folgte diesem Beispiele; dann ritten wir – – – nicht etwa durch das Tor oder über die Ruinen, sondern den steilen, schmalen Glockenweg empor zum Alabasterzelt, er voran, ich hinterher, ein nicht ganz ungefährlicher, aber wunderbarer Ritt!
    Das Tal war noch nicht erwacht. Kein Mensch schaute zu uns empor. Die Sahm ging unter ihm so leicht, so sicher, als ob sie Flügel habe und ausgleiten dürfe, ohne je zu stürzen. Und Syrr? Er tat, als ob er jeden Schritt dieses kühnen Weges kenne. So fest und dabei so elastisch federnd stieg doch die Stute nicht!
    Hoch oben wich der jetzige Pfad von dem früheren ab, welcher quer über die schon einmal erwähnten, lockern Geröllmassen geführt hatte. Diese waren in Bewegung gekommen und hatten sich so weit vorgeschoben, daß sie in die Tiefe zu stürzen drohten.
    „Das macht mir schwere Sorge“, sagte der Ustad. „Dem Zelt zwar kann nichts geschehen, denn es steht auf unerschütterlichem Fels; aber wenn diese gewaltigen, haltlosen Massen rechts und links von ihm aus irgendeinem Grund einmal in Schuß geraten, so steht für die Ruinen da unten eine Katastrophe bevor, der sie nicht widerstehen können. Ich vermute, dann ist es mit der ganzen, steinernen Vergangenheit zu Ende! Ich nehme an, daß du gern hin zum Zelt möchtest, bitte dich aber, für heute zu verzichten. Da, schau, es ist von Holzstößen umgeben, welche angebrannt werden sollen. Das muß man von unten aus sehen, nicht von hier.“
    Wir ritten also von weitem vorüber, bis auf die zurückliegende, höhere Kuppe des Berges, von welcher aus man das ganze Gebiet der Dschamikun im ersten Morgenlicht liegen sah.
    „Mein liebes, kleines Reich!“ sagte er. „Man will es mir nehmen. Wie töricht das ist! Fast eine Hanswurstiade! Man zieht von allen Seiten bewaffnet gegen uns heran. Darum starren nun auch wir in Waffen; mein guter, kriegerischer Chodj-y-Dschuna hat es so gewollt. Wie überflüssig! Die Rädelsführer befinden sich ja ganz in meinen Händen. Ich brauchte sie nur festzunehmen und abzuliefern, wie ich die Beweise abgeliefert habe. Aber wie mich die Liebe der Meinen gezwungen hat, zu der heutigen Gedenkfeier ein Ja zu sagen, so will ich ihnen auch den Willen lassen, zu zeigen, daß sie nicht nur in guten, sondern auch in gefährlichen Tagen treu zu mir stehen. Es würde von mir undankbar sein, ihnen die Vorfreude auf den Sieg zu zerstören. Aber für heut verlasse ich sie. Wir kommen erst am Abend wieder. Man mag gegen mich schreien und zetern, gegen mich schreiben und sprechen, gegen mich lügen und schwindeln, fälschen und verzerren, fabeln und fingieren – ich weiche keinen Schritt, keinen einzigen, von dem Platz, den mir der Unverstand nicht gönnen will. Aber wo ich gelobt oder gar gefeiert werden soll, da ist meine Stätte nicht. Die Erfahrung hat mich gewitzigt. Ich kenne das Lob der Menschen, welche nur rühmen, um auszunützen. Die Huldigung wird schnell zur Eloge, der Triumphbogen zum kaudinischen Joch, welches den soeben Gefeierten zwingt, beim nächsten Schritt den stolzen Nacken vor ihnen zu beugen. So lobte mich der Scheik ul Islam gegen dich, damit

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