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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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infolge der Hiebe mit der Peitsche. Die Zügel hingen vorn herunter; die Bügel waren leer; der Reiter lag nach vorn und klammerte sich am Hals fest. Aber dieses Durchbrennen war kein gewöhnliches. Es geschah nicht etwa in vollem Jagen und ging auch nicht stets in derselben Richtung, sondern das Pferd verfolgte die sehr bemerkbare Absicht, den Reiter aus dem Sattel und unter die stampfenden Hufe zu bringen. Es bockte und schlingerte, sprang bald nach rechts, bald nach links, rannte dann eine Strecke geradeaus, blieb stehen, um mit gefletschten Zähnen nach rückwärts zu beißen, lief wieder fort, kehrte um, drehte sich im Kreis, kurz, es wollte den Mirza herunterhaben, um sich zu rächen. Den Grund sahen wir, als es sich uns näherte. Es hatte nur noch ein gesundes Auge. Das andere hing aus der blutenden Höhle. Ahriman hatte es ihm ausgeschlagen! Er befand sich in ganz derselben Stimmung wie sein Teufel: Scham, Wut, Rache! Als er uns erreichte, stand die Schecke für einen Augenblick still, um eine neue Tücke vorzubereiten. Da richtete er sich auf und rief:
    „Der Chandschar ist verloren, und so sei es denn dieser Satan auch! Ihr habt ihn gewonnen. Wohlan, da nehmt ihn hin! Aber nur als Aas für den Schinder!“
    Er zog die Doppelpistole aus dem Gürtel, spannte die Hähne, hielt die Läufe an die zwischen den Nickwirbeln liegende Stelle und gab die beiden Schüsse rasch hintereinander ab. Er hätte jetzt schnell abspringen müssen, war aber in seinem Rachedurst für die Vorsicht blind. Der Iblis zuckte unter den Kugeln. Das übriggebliebene Auge schloß sich; der Kopf sank niederwärts, und die Knie schienen brechen zu wollen. Da aber sammelte sich seine sterbende, dämonische Kraft. Er warf den Kopf empor, warf sich aus freier Hand grad auf den Rücken, sprang wieder auf und packte den nun an der Erde liegenden Peiniger mit den Zähnen, und zwar am Kopf, dessen oberer Teil in dem weit, weit geöffneten Rachen ganz verschwand. Dabei überkam ihn ein Zittern, welches über seinen ganzen Körper lief. Den Kopf des Prinzen festhaltend, brach er zusammen – – – er war tot!
    Man eilte hin. Die schreckliche Gruppe war vor den hilfeleistenden Menschen für einige Zeit nicht zu sehen. Dann teilte es sich. Man hatte Ahriman aus den Zähnen der verendeten Bestie befreit. War es Besinnung oder etwas anderes, daß er sich aus seiner Ohnmacht halb aufrichtete, um zu sprechen? Er hob die geballte Faust empor, schüttelte sie und rief:
    „Mein Kopf, mein Kopf! Immer nur mein Kopf, mein Kopf! Das war der Chodem wieder, der Chodem, der mich aufgegeben hat! Ich soll verrückt werden, verrückt, verrückt! Ich habe gekämpft mit ihm – – – von der Mauer der Vergeltung an bis hierher! Vergeblich! Er empörte den Teufel gegen mich – – – er warf mich unter ihn nieder – – – er faßte mein Gehirn mit des Satans Zähnen – – – der Biß ging durch und durch – – – durch den Geist und durch die Seele – – – es ist aus; es ist aus; es ist aus!“ Mit einer letzten, großen Anstrengung aufspringend, schrie er, indem seine Stimme überschnappte: „Freut euch, ihr Dschamikun, denn hört, was ich euch sage – – – der Fürst der Schatten ist von jetzt an nur ein Aas – – – ein verwesendes Aas für den Schinder – – – genau wie der Satan hier – – – schleppt uns fort; schleppt uns fort – – – alle drei, alle drei – – – nicht nur die Aase, sondern auch den Verrückten!“
    Er ließ den erhobenen Arm sinken, schüttelte sich wie vor innerem Grauen und fiel dann, wieder ohnmächtig, auf den scheckigen Kadaver des Teufels nieder. Auch uns graute; wir wendeten uns ab. Schakaras Augen aber strahlten in glänzender Freude. Sie reichte mir den gewonnenen Chandschar des Mirza und sagte:
    „Nimm sie hin, die Waffe der Feinde, die sich von nun an nur gegen sie selbst zu richten hat! Sie ist in unsere Hand geraten, doch wollen wir den Frieden. Stecke sie in die Scheide! Nimmt man diesen Frieden aber nicht an, so fährt sie wieder heraus. Dann aber gibt es kein spielendes Rennen wie heut, nur um dem Volk den Satan figürlich zu zeigen, sondern wir machen das Spiel zum tödlichen Ernst! Wen unser Rennen nicht warnt, weil er den Geist nicht besitzt, zu begreifen, was es bedeutet, der treibe die Feindschaft weiter, sich selbst zur schließlichen Schande!“
    Man räumte den Teufel aus dem Wege und schaffte auch Ahriman fort. Als ich nach den Sitzen der

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