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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sei Sieger, sonst aber keiner! Die Preisrichter nahmen diese Frage vor und entschieden für uns, denn man könne die Unehrlichkeit doch nicht belohnen und der Ustad habe ausdrücklich erklärt, daß er nicht protestiere. Die Gegner aber standen zum Mirza und wollten sich nicht fügen. Schon standen wir in Begriff, mit Gewaltmaßregeln zu drohen, da geschah etwas sonderbar Seltsames. Schakara verließ nämlich, ohne uns vorher hierüber zu verständigen, ihren Sitz, stieg die Stufen zum Stand hinauf und winkte Schweigen. Das Erscheinen eines Mädchens da eben verwunderte. Man war still. Da begann sie zu sprechen, kurz, klar, bestimmt. Sie forderte Ahriman Mirza auf, seinen Chandschar mit zu den Preisen zu legen, dann werde das dritte Rennen sofort stattfinden, und wer es gewinne, der habe gesiegt. Sie tat sogar noch mehr: Sie setzte gegen den Dolch die bereits gewonnenen Kamele, so daß also dem Sieger dieser letzten Tour der ganze Gewinn und dazu der Chandschar zu gehören habe.
    Wir staunten! Der Mirza auch! Woher nahm dieses sonst zu bescheidene, zurückgezogene Mädchen den Mut, hier in dieser Weise öffentlich aufzutreten? Uns allen in einer so wichtigen Sache ohne Erlaubnis vorzugreifen? Da drückte mir der Ustad die Hand und sagte: „Erschrecke nicht! Du weißt, sie kommt von Marah Durimeh! Sie hat geheime Gründe! Wenn der Mirza darauf eingeht, tue ich es gern. Du hast ja den Syrr!“
    Da verließ Ahriman seinen Platz. Mit weit geöffneten Augen Schakara anstarrend, schritt er langsam zu ihr hin, löste den Chandschar vom Gürtel und reichte ihn ihr hinauf. Sie nahm ihn. Nun legte er sich beide Hände vor die Augen und stand eine Weile still, doch mit zuckendem Körper. Hierauf nahm er die Hände hinweg, richtete sich kerzengerade empor, warf beide Arme in die Höhe und rief aus:
    „Meinen Chandschar, meine Waffe, mein Höchstes! Nicht um ein Reich zu beherrschen, sondern für Pferde und Kamele! Aber ich muß, ich muß! Sie hat ihre Augen! Sie hat ihre Gestalt, ihre Stimme! Und sie hat auch ihre Gedanken und ihre Macht! Da bin ich nichts; da muß ich gehorchen! – – – Wohlan! Holt mir den Teufel! Aber den echten, den wahren, den wirklichen, nicht den falschen, den gelogenen! Es gilt ein Reiten, wie es wohl noch nie geritten worden ist! Denn wenn Marah Durimeh mich zwingt, in den Sattel zu steigen, um meinen Chandschar zu retten, so stellt sie mir auch jenes von der Hölle gehaßte Geschöpf, aus dessen Haar beim Ritt die Funken springen! Also den Teufel her, den Iblis! Und schnell, denn es hat Eile!“
    Wen oder was meinte er mit jenem ‚Geschöpf, aus dessen Haar die Funken springen‘? Hatte er das nur figürlich gemeint? Oder war er bereits verrückt? Vielleicht das letztere, denn sein Gebaren glich augenblicklich ganz dem eines Irren, der auf etwas warten muß und es doch nicht erwarten kann. Und als man das verlangte Pferd brachte, sprang er auf dasselbe zu, schnellte sich in den Sattel und rief aus:
    „Das ist er, das, der schnellste aller Teufel! Und ich bin Ahriman, sein Meister und sein Herr! Wo ist der Mensch, der sich an mich und diesen Satan wagt?“
    Wir gingen hin, um das Pferd in Augenschein zu nehmen, konnten uns ab nicht ganz nähern, denn die Bestie duldete das nicht. Sie biß und schlug nach jedem, den sie erreichen konnte. War das natürliche Bosheit oder Dressur? Ja, diese Schecke war ein echtes Khorassan-Vollblut, starrsinnig und bis zur Glühhitze kalt, wie das Klima ihrer heimatlichen Salzwüsten! Die Ohren groß, mit hängenden Spitzen, wie die gewissen Hunderassen. Die Stirn verschwindend niedrig, doch knochig, höckerig und überbreit. Das Auge boshaft, aus dem Weißen schielend. Das knorpelige Maul mit Borsten stark besetzt. Die Brust sehr schmal, das Ideal einer Rennerlunge andeutend. Die Muskeln der Vorarme und Schenkel vortrefflich geübt und gestählt. Die Beugesehnen, Kötengelenke, Fesseln, Kronen und Hufe geradezu unvergleichlich. Schopf, Mähne und Schwanz aber häßlich dünn, ohne Glanz, mit absterbenden Haarspitzen. Das alles zusammen ein Pferd, welches ein Fragezeichen für jeden Kenner war, sobald es ruhig stand, dann aber schon bei der kleinsten Bewegung ahnen ließ, daß höchstwahrscheinlich ganz Überraschendes in ihm stecke.
    Ich hatte, sobald der Mirza nach seinem Teufel rief, Kara fortgeschickt, auch Syrr zu bringen. Er kam mit ihm, grad als Ahriman die Frage, wer mit ihm anzubinden wage, zum zweitenmal wiederholte. Da trat ich vor und sagte nichts

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