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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dazu das Versprechen, daß wir ihm den uns freundlich gesinnten Taki Ibn al Idrak schicken würden. Dann ritten wir weiter.
    Im Norden standen die dortigen Dschamikun nicht mehr zerstreut, sondern schon festgeschart. Sie hatten Fühlung mit dem Scheik von Schohrd und mit den Kalhuran im Osten. Als wir diese erreichten, fanden wir sie in zwei Treffen geteilt, um die von den Kundschaftern bereits erspähten Massaban und Schatten hindurchzulassen und sich dann hinter ihnen wie zwei Torflügel zu schließen.
    Im Süden freuten wir uns über die dort lagernden Dinarun, die sich so schnell aus Feinden in Freunde verwandelt hatten. Ihr Scheik war soeben bei ihnen angekommen, hatte ihnen alles erzählt und war soeben dabei, ihnen auch zu sagen, daß er die verwetteten Pferde und Kamele bereits zurückerhalten habe, und zwar unter Aufsicht des Peder, dem dies von dem Ustad übertragen worden war. Als wir ihnen mitteilten, daß es besten Falls gar keinen Kampf geben werde, versicherten sie uns, daß dies ganz gegen ihre Absicht sei, da sie wünschten, uns ihre Freundschaft durch die Tat beweisen zu können.
    Wir brachten sie in Fühlung mit den südlichen Dschamikun, die sich im Rücken der Taki und mit dem Scheik von Schohrd zu verbinden hatten. So war unser Ring also geschlossen, mit Ausnahme der Durchzugsstelle für die Massaban und Schatten. Wenn sie so töricht waren, diese Tür zu benutzen, so gerieten sie in eine Falle, aus welcher es kein Entrinnen gab!
    Es war mitten in der Nacht, als wir heimkehrten, und doch wartete Schakara auf uns. Sie sagte, sie habe vor Sorge nicht schlafen können, um uns eine Beobachtung mitzuteilen, die vielleicht sehr wichtig sei. Sie war, ehe sie sich zur Ruhe legen wollte, noch einmal zu den Pferden gegangen und hatte sie in einer ganz auffälligen Unruhe gefunden. Besonders waren die Tiere nicht dazu zu bewegen gewesen, sich zu legen. Das deutete auf irgend eine Gefahr, die unter ihnen in der Erde lag. Schakara dachte nach, und indem sie so still dastand und sann, hörte sie, scheinbar unter ihren Füßen, ein dröhnendes Geräusch, dem ein fortrollendes Donnern und Beben folgte. Das machte sie besorgt, und darum beschloß sie, nicht schlafen zu gehen, bevor sie es uns mitgeteilt habe.
    „Wir müssen hinunter – – – in das Bassin!“ sagte der Ustad und sagte auch ich, beide wie aus einem Mund. Wir holten Fackeln und begaben uns, begleitet von Schakara, die nicht ohne uns bleiben wollte, nach dem Landeplatz, stiegen in das Boot und ruderten nach dem Kanal. Es gab keinen Menschen, der uns sah. Weil der Ustad auch schon hier gewesen war, wußte er Bescheid. Wir bemerkten sofort, daß das Wasser infolge des langen, bedeutenden Regengusses viel höher stand als früher. Die Ranken waren hier oben dichter; sie ließen uns nur schwer hindurch. Dann brannten wir sogleich zwei Fackeln an und stakten und ruderten uns durch den Kanal in das vordere Becken.
    Heut konnten wir die Decken über uns erkennen, wohl wegen des Wasserhochstands. Diese Flut mußte drücken und heben. Gleich an der ersten Säule sahen wir, daß an ihrer Basis ein großes Stück ausgewuchtet worden war; oben aber prasselte es. Dennoch wagten wir uns weiter. Es bröckelte überall, und zwar in beängstigender Art und Weise. Stein auf Stein fiel klingend oder glucksend in die Flut. Es war wirklich verwegen, nicht umzukehren! Wir kamen dahin, wo die Säule mit dem Gerippe gestanden hatte. Sie war verschwunden. Nur der untere Stein stand noch, mit dem Skelett darauf. Von hinterher kam ein Ächzen, Knarren und Prasseln. Schakara war bisher still gewesen, überwältigt von der unheimlichen Schrecknis dieser Unterwelt; jetzt aber schrie sie auf und bat uns, Gott ja nicht länger zu versuchen, sondern sofort umzukehren und zu flüchten. Wir taten es, ohne erst noch nachzusehen, ob vielleicht nicht nur diese eine, sondern noch mehrere Säulen zusammengestürzt seien. Die Folge sollte zeigen, daß dies sehr wahrscheinlich der Fall gewesen war.
    So standen wir also zwischen zwei drohenden Gefahren: Oben am Alabasterzelt rückte die Moräne vor, und unter uns brach das Innere der Erde zusammen. Glücklicherweise lag sowohl der Duar als auch unser Haus mit dem Garten und dem Weideplatz zwar nahe, aber doch außerhalb des Bereichs der beiden Katastrophen, von denen nur die Ruinen betroffen werden konnten! Wir waren weder Geologen noch Architekten vom Fach, aber es stand dennoch für uns außer allem Zweifel, daß kein Leben bedroht

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