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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Pferdeweide standen Posten, um uns von den Ruinen abzuschließen. Im Hof etablierte der Ustad eine Art Hauptquartier, zu welchem alle geltenden Personen gehörten, doch aber nicht Ibn el Idrak und die Scheiks der Dinarun und Kalhuran, welche sich bei ihren Stämmen befanden und genau wußten, wie sie zu handeln hatten. Je weiter der Abend vorrückte, um so stiller wurde es unten im Tal. Alle Dschamikun verließen den See und stiegen bergauf in die Höhe. Die Schatten sollten kommen dürfen, ohne den geringsten Widerstand zu finden. Aber der Duar selbst blieb um so schärfer besetzt, an jeder Flanke sechs Kamelkanonen, um den Zugang von beiden Seiten des Sees her zu bestreichen. Schon diese Geschütze allein genügten, den Schatten ihre Ohnmacht gegen uns zu beweisen. Die übrigen acht waren zu beiden Seiten des Sees auf dominierende Punkte verteilt, von denen aus wir mit ihnen die ganze Rennbahn beherrschten. Für den Bedarfsfall hatte der Ustad eine Menge von Fackeln verteilen und anfertigen lassen, und draußen am Ende des Sees lagen Späher versteckt, um das Zelt Ahrimans zu beobachten und uns das Erscheinen der Massaban zu melden. Er wollte ja mit diesen die Ruinen besetzen, und so waren sie viel früher als die Schatten zu erwarten.
    Als wir die Zeit dazu gekommen glaubten, gingen wir hinunter in den Duar und erfuhren dort, daß der Peder so gewissenhaft gewesen war, die Bewohner der Zelte noch einmal zu warnen, und zwar in eigener Person, von ihnen aber ebenso höhnisch abgewiesen worden war wie die vorherigen Boten. Damit hatten wir den Pflichten der Menschlichkeit genügt. Auf dreimaliges Vermahnen nur Spott; mochte für sie nun kommen, was da wollte!
    Am Himmel waren die Sterne verschwunden, nicht etwa infolge von Regenwolken, sondern es schien, als habe er sich in einen dichten, undurchdringlichen Schleier gehüllt, um nicht sehen zu müssen, was sich hier unten ereignen werde. Es nahte eine zwar nicht vollständig dunkle, aber fahl obskure Mitternacht, so recht geeignet für Schemen, Phantome und Chimären. Auf dem See bildeten sich Nebel. Sie lagen erst in unbestimmten Umrissen auf dem Wasser. Dann lösten sie sich von ihm, um sich in einzelnen Fetzen aufzurichten und zu individualisieren. Hierauf verdichteten sie sich zu allerlei gespenstischen Gestalten und trachteten dem Land zu, um, feucht und kalt, wie Geister von Ertrunkenen, sich auf uns zuzuschleichen.
    Da tauchte aus ihnen einer der Späher auf und teilte uns mit, daß die Massaban bei Ahriman Mirza angekommen seien. Und bald darauf stellte sich ein zweiter mit der Nachricht ein, der Mirza habe sich an ihre Spitze gestellt und komme mit ihnen anmarschiert, doch leise, ohne Pferde, wie es seine Absicht ja erfordere. Der Ustad wiederholte seine für diesen Fall schon vorher gegebene Weisung, sich so weit zurückzuziehen, daß man nicht bemerkt werden könne, und den Heranschleichenden den Weg nach den Ruinen vollständig freizugeben.
    Es dauerte nicht lange, so kamen sie, von den Nebeln gedeckt, die aber auch uns ihnen verbargen. Sie glaubten den Duar im friedlichen Schlaf und zogen vorüber, ohne daß etwas geschah, was ihnen diesen Glauben nahm. Wir kehrten also in unsere vorherige Stellung zurück. Einige Zeit später erklang in den Ruinen über uns ein lauter, aber kurzer, abgerissener Schrei. Hierauf war es, als ob jemand mit unterdrückter Stimme irgend etwas kommandiere. Dann war es wieder still.
    So ungefähr eine Stunde nach Mitternacht erfuhren wir, daß die Vorhut der Schatten von den Pässen her nahe und draußen in der Ebene halte, um die ganze Horde herankommen zu lassen. Die Unteranführer des Mirza seien ihnen entgegengeritten, um sie dann nach dem See zu führen. Und nach einer längeren Pause meldete man uns von der andern Seite des Berges, daß die Ultra-Taki in das Garn gegangen seien und nun in dem Gang steckten, ohne rück- oder vorwärts zu können; Ibn el Idrak aber habe die ganze Vollzahl der verständigen Taki zu dem Entschluß gebracht, sich dem Scheik von Schohrd anzuschließen und gegen Morgen bei uns einzutreffen.
    Dieser Bote hatte sich eben entfernt, so kam jemand, an den wir jetzt am allerwenigsten gedacht hätten, nämlich der – – – Aschyk. Er war oben im Haus gewesen, um uns zu sprechen, und hatte erfahren, wo wir uns befanden. Was er uns mitteilte, war noch interessanter als sein völlig unerwartetes Erscheinen.
    „Ich bin öfters bei euch gewesen, als ihr denkt“, sagte er, „und von allem sehr gut

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