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23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV

Titel: 23 - Im Reiche des silbernen Löwen IV Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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keinen Kampf zwischen gleichwertigen Männern, sondern nur ein völlig gefahrloses Kesseltreiben auf niedriges Gezücht. Der Kessel ist gestellt, und jedermann kennt seinen Posten und das, was man von ihm erwartet. Der Hauptmann mag an meine Stelle treten; er weiß Bescheid für alles Mögliche. Wir aber reiten dort hinauf, weil wir vom Beit den besten Ausblick haben. Sehen wir, daß man uns braucht, so können wir in zwei Minuten wieder unten sein. Nötigenfalls dienen Kara oder der Aschyk uns als Boten.“
    Das hatte meinen Beifall, besonders deshalb, weil der zu erwartende Bergsturz, falls er nicht später kam, von dem Säulentempel aus viel besser als an jeder andern Stelle beobachtet werden konnte. Der Hauptmann bekam also seine Weisung, und wir gingen nach dem Bergweg, wo Kara mit dem Aschyk und unsern Pferden sehr bald eintraf.
    Der Himmel hatte noch die stumpfe, bleierne Farbe, und auch die Nebel zogen noch dicht über den See und das Tal. Sie waren jetzt so kompakt, daß man nur wenige Schritte weit sehen konnte. Dann aber hörten sie plötzlich auf. Wir waren ihrer Grenze entstiegen und befanden uns in freier, durchsichtiger Morgenluft. Es war zwar noch nicht Tagesanbruch, aber im Osten dämmerte es schon leise, und die Linien unserer Bergesspitzen wurden – Bergspitzen? Ah! Auf der dort im Westen flammten hochlodernde Feuer. Waren sie erst jetzt angebrannt worden, oder hatten wir sie wegen des Nebels vom Tal aus nicht sehen können? Das waren die Warnungszeichen auf der Höhe des Alabasterzeltes. Die Lawine holte zum schrecklichen Sturz aus!
    Am Beit-y-Chodeh angekommen, stiegen wir ab. Der Aschyk blieb bei den Pferden; wir anderen drei betraten das Innere und gingen nach vorn, wo wir uns niedersetzten. Da sagte der Ustad:
    „Hier war es, hier an diesem Ort, wo der Feind uns herausforderte, so soll es nun auch hier sein, von wo aus wir sehen, was er vermag. Der frechste von ihnen damals, der Henker, ist schon dahin, beseitigt durch sich selbst, durch seine eigene Waffe. Du, auf dessen Person er die Blutrache warf, brauchtest gar nicht einzugreifen. So nun auch ich; ich überlasse es dem Verhängnis!“
    Wir waren nicht etwa allein hier oben. Ich habe bereits gesagt, daß sich die ganze, große Menge der heut bewaffneten Festgäste auf die ringsum liegenden Höhen zurückgezogen hatte. Sie waren auch hier am Beit. Sie füllten den ganzen, freien Platz. Ihre Linie lief nach beiden Seiten in den Busch, in den Wald hinein. Und als es nun nach und nach heller zu werden begann und unser Blick über den See hinüberreichte, sahen wir sie auch drüben stehen, fast Kopf an Kopf, den ganzen See entlang – – – auch eine Lawine, welche bereit war, hernieder zu fahren, in den ethischen Abgrund, in das Heer der Sillan hinein. Diese Gefahr für die Feinde war zwar von hier oben, aber noch nicht von unten aus zu sehen. Denn die Nebel rückten enger und enger zusammen, und immer neue und neue kamen dazu. Sie machten für die Tiefe den Blick nach oben unmöglich. Es war, als ob sich die heranziehenden Schatten in dieses dunstige Geschwader verwandelt hätten, um ihren Angriff vom Land auf das Wasser zu verlegen. Denn er, der erste Hauch des Morgens war gekommen, von Osten her, wo die Kalhuran mit den nördlichen Dschamikun nun standen, und schob die Nebel, zunächst langsam zwar, doch unwiderstehlich vor sich her, der Ruinenseite zu. Dort wirrten und wühlten sie sich an den alten Mauern empor, wickelten und wirbelten zu den Türmen hinauf und wagten sich sogar über diese hinüber, wo sie an der Kühle und Ruhe des Felsens erstarben.
    So wurde es da draußen gegen Aufgang von ihnen frei und zugleich am Himmel immer heller und heller. Schon wurde die Ebene klar, die nach den Pässen führte. Da sahen wir sie reiten, die Schatten. Sie hatten sich am Zelt des Mirza geteilt, um an beiden Ufern gleichzeitig vorzudringen. Ihre Spitzen steckten schon tief in den Nebeln, aber ihre Zahl war so groß und ihre Kolonne so lang, daß nur ein sehr scharfes Auge den hinterherziehenden Troß zu erkennen vermochte. Wehe ihnen, wenn Ahriman den Befehl gegeben hatte, daß diese ganze Menge den See besetzen solle! Sie konnte sich ja nicht rühren! Sie war genauso eingestopft wie die Ultra-Taki im geheimen Gang, nur daß hier die Flucht nach rückwärts offen stand! Aber was für eine Flucht!
    Während wir da hinausschauten, um sie heranziehen zu sehen, kam er hinter ihnen her – – – der Tag! Er folgte ihnen; er hing die

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