23 Lügen, die sie uns über den Kapitalismus erzählen (German Edition)
Geld für Erziehung und Gesundheit ausgeben, was wiederum ihre Produktivität erhöht und damit das Wirtschaftswachstum steigert. Zudem kann eine gerechtere Einkommensverteilung den sozialen Frieden stabilisieren, weil es weniger Streiks und Kriminalität gibt. Auch dies vermag letztlich das Investitionsvolumen zu erhöhen, da die Gefahr von Störungen der Produktionsabläufe reduziert wird und sich Wohlstand ungehinderter entwickeln kann. Viele Experten glauben, dass ein solcher Mechanismus auch im Goldenen Zeitalter des Kapitalismus am Werk war, das gleichermaßen durch eine niedere Einkommensungleichheit und ein beschleunigtes Wachstum charakterisiert war.
Angesichts dieser Tatsachen gibt es keinen Grund zur Annahme, dass eine Aufwärtsumverteilung der Einkommen Investitionsvolumen und Wachstum steigern könnte. Dies ist im Allgemeinen nicht geschehen. Selbst wenn es ein größeres Wachstum gibt, ist der Trickle-down-Effekt, den die Marktmechanismen hervorbringen, doch sehr begrenzt, wie man an dem obigen Vergleich der USA mit anderen reichen Ländern mit einem guten Wohlfahrtssystem erkennen kann.
Einfach die Reichen reicher zu machen, macht den Rest der Bevölkerung also nicht reicher. Wenn es ein Vorteil für die Gesamtgesellschaft wäre, den Reichen mehr Geld zu geben, müssten die Reichen durch politische Maßnahmen (etwa von der Investitionshöhe abhängige Steuervorteile für Einzelpersonen und Unternehmen) dazu gebracht werden, mehr zu investieren. Die Früchte solchen Wachstums müssten dann durch einen Mechanismus wie den Wohlfahrtsstaat gerecht verteilt werden.
Vierzehn: US-Manager sind überbezahlt.
Was sie uns erzählen
Manche Leute verdienen wesentlich mehr als andere. Besonders in den Vereinigten Staaten zahlen die Unternehmen ihren Topmanagern Gehälter, die von manchen Menschen als geradezu obszön empfunden werden. Dies ist jedoch durch die Kräfte des Marktes bedingt. Ausgehend davon, dass es nur einen begrenzten Pool an hochbegabten Führungskräften gibt, muss man schlicht und einfach große Summen Geldes bezahlen, wenn man die besten von ihnen für sich gewinnen will. Aus Sicht eines Riesenunternehmens mit einem Milliardenumsatz lohnt es sich definitiv, ein paar Millionen oder sogar Zigmillionen zusätzlich zu zahlen, wenn man dadurch die besten Leute einkaufen kann. Deren Fähigkeit, bessere Entscheidungen zu treffen als ihre Kollegen bei der Konkurrenz, kann diese Investition durch einen zusätzlichen Gewinn von hunderten Millionen Dollar leicht wieder wettmachen. Wie ungerecht und überzogen solche Rechnungen auch erscheinen mögen – wir sollten uns gleichwohl nicht dazu hinreißen lassen, aus Missgunst und Neid heraus solche Praktiken künstlich zu unterbinden. Dies zu versuchen wäre schlicht kontraproduktiv.
Was sie uns verschweigen
Die amerikanischen Manager sind in mehr als nur einer Hinsicht überbezahlt. Erstens sind sie im Vergleich zu ihren Vorgängern überbezahlt. In relativen Begriffen (das heißt gemessen am Durchschnittslohn) verdienen amerikanische Topmanager heute etwa zehn Mal so viel wie ihre Vorgänger in den Sechzigerjahren, ungeachtet der Tatsache, dass Letztere Unternehmen leiteten, die im Vergleich zu heutigen amerikanischen Unternehmen wesentlich erfolgreicher waren. Amerikanische Manager sind auch im Verhältnis zu ihren Kollegen in anderen reichen Ländern überbezahlt. In absoluten Zahlen verdienen sie bis zu 20 Mal mehr als ihre Kollegen in Unternehmen vergleichbarer Größe und mit vergleichbarem Erfolg. Amerikanische Manager sind aber nicht nur überbezahlt, sie genießen auch einen überhöhten Schutz in dem Sinne, dass sie für schlechte Leistungen nicht bestraft werden. Im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Fehlannahme wird all das nicht allein durch die Gesetze des Marktes diktiert. Die Managerklasse in den USA hat eine derartige wirtschaftliche, politische und ideologische Macht erlangt, dass sie mittlerweile in der Lage ist, jene Kräfte zu manipulieren, die ihre Gehälter bestimmen.
Managergehälter und die Politik des Klassenneids
Das durchschnittliche Gehalt eines Managers in den USA (Grundgehalt, Boni, Pensionen und Unternehmensanteile) entspricht etwa dem 300- oder 400-fachen Durchschnittsgehalt eines Arbeiters (Lohn und Zusatzleistungen). Einige Leute ärgert dies gewaltig. US-Präsident Barack Obama beispielsweise kritisiert regelmäßig die aus seiner Sicht völlig überzogenen Managergehälter, womit er oft und gern zitiert
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