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2306 - Die Kristallbörse

Titel: 2306 - Die Kristallbörse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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kannte, konnte überall stecken. Er konnte unter den Gaffern sein, er konnte aus der Entfernung auf sie zielen, auf ihre Stirn, auf ihre Brust, sie konnte ihn nicht daran hindern. Er konnte ihr ein Loch in den Kopf brennen und verschwunden sein, bevor die Börsen-Garde zur Stelle war und die Verfolgung aufnehmen konnte.
    Sie gab eine wunderbare Zielscheibe ab, und doch war dies der sicherste Ort für sie auf ganz LEprachtvoll. Hier waren die Menschen. Überall sonst wäre sie allein und ihm ausgeliefert.
    Und hier war Tyler, der sie gewarnt hatte.
    Als alle anderen sich von ihr abwandten, hatte er die Befürchtung geäußert, dass ihr holder Zukünftiger, genau wie sie, seine eigenen Vorstellungen davon haben könne, wie seine künftige First Lady beschaffen sein sollte. Bis gestern hätte sie ein eigenes Vermögen mit in die Ehe bringen können. Jetzt war sie mittellos und verschuldet.
    Tyler hatte ihr den Floh ins Ohr gesetzt, und der hatte sich ihr ins Gehirn gefressen und gearbeitet. Nach wenigen Stunden war sie überzeugt gewesen. Wie hatte sie nur so dumm sein können, nicht daran zu denken, dass er ebenso berechnend sein könne wie sie selbst? Warum sollte er nicht seine Leute in LEprachtvoll haben, um sie zu beobachten? Er wusste, dass sie spielsüchtig war. Er kannte ihre Schwächen. Und sie wiederum kannte ihn und seine Skrupellosigkeit. Er war nicht umsonst innerhalb von zehn Jahren der reichste Mann von Myrandel II geworden. Das Pflaster, über das er ging, brannte förmlich vor Leichen.
    Schließlich war sie überzeugt gewesen. Entweder er oder einer ihrer Verflossenen, von denen jeder noch mindestens eine Rechnung mit ihr offen hatte. Es war egal, wer – einer von ihnen, mindestens einer, hatte einen Killer engagiert, der sie behutsam entsorgen sollte. Der Gedanke hatte sich in ihr festgebrannt und sie nicht mehr losgelassen.
    Und sie hatte Recht gehabt. Tyler, der Junge, der für sie sterben würde, hatte Recht gehabt.
    Auf ihren Wunsch bastelte er die Falle. Er verstand viel von Technik, allemal genug, um das Holo zu programmieren und den Ablauf zu steuern, von dem Moment an, an dem der Killer in ihre Kabine kam, die sie dann längst verlassen haben würde.
    Ein ebenfalls automatisch abgeschicktes Funksignal sollte sie informieren, wenn es geschehen war.
    Es hatte sie informiert.
    Amanda van Veer lächelte ihr Zitruslächeln, als sie die Karten gab. Sie hoffte, dass ihre Gegner nicht sahen, wie ihre Hände zitterten. Ganz leicht nur. Jedem von ihnen stand die Gier in den Augen. Sie war noch nicht ganz am Ende. Erst jetzt ging es um ihren letzten Trumpf.
    Sie hatte noch ihre Jacht. Wenn sie heute Glück hatte, würde sie sie behalten und als reiche Frau LEprachtvoll verlassen. Irgendwohin.
    Wenn sie kein Glück hatte, brauchte sie auch die Jacht nicht mehr.
    Diese widerlichen Geier wussten es.
    Sie nahmen die Karten auf und überlegten, wie sie ihr den Todesstoß versetzen sollten.
    Und irgendwo war er, ihr Mörder.
    Sie sah flüchtig zu Tyler hinüber. Er stand zwischen den Hyänen, von denen es jeder sein konnte. Der Dicke mit der Glatze war wieder da, der, der ihr gestern bei ihrem Abgang so nachgestarrt hatte. Auch an andere Gesichter erinnerte sie sich. Einer trug einen altmodischen, langweiligen grauen Anzug.
    Tyler nickte ihr unmerklich zu. Er war wirklich süß. Der brave Junge würde mit einem Lächeln auf den Lippen für sie sterben, das wusste sie.
    Aber in einen Laserstrahl aus nächster Nähe konnte er sich auch nicht werfen. Niemand war schneller als das Licht.
    Sie nahm ihre dritte Karte auf und hielt für einen kurzen Moment den Atem an.
    Hatten sie es bemerkt? Was war mit dem Kerl mit den abstehenden Ohren?
    Er saß rechts von ihr, genau wie gestern. Sein Angebot leuchtete ihm aus den Schweinsaugen. Doch so tief konnte sie gar nicht sinken. Dann lieber sterben.
    Aber ... Die vierte Karte.
    Diesmal waren ihre Finger ganz ruhig, als sie nach der letzten griff. Sollte es doch so etwas wie einen Gott im Glücksspielhimmel geben? Die Vorstellung, dass sie jetzt noch einmal eine letzte, eine allerletzte Chance bekäme, war makaber.
    Die fünfte Karte ...
    Lass es die Lachende Göttin sein!, flehte sie. Gott oder Allah oder wie immer du heißt, lass es die Lachende Göttin sein ...!
     
    *
     
    Der Alarm ging los, als Gill und Hatcher gerade erst einige Minuten zurück im Depot waren. Sie hatten sich noch mit Danton unterhalten. Dass sie ihre Deflektoren wieder aktiviert hatten, lag

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