2306 - Die Kristallbörse
offenbar? Bist ... Seid ihr nicht sicher?"
„So habe ich mich wirklich ausgedrückt?", wunderte sich der Kämmerer. „Oh ja, das kann sein. Wir waren anfangs ... etwas irritiert."
„Wieso irritiert?"
„Wir hatten sechs Ortungen von Deflektorfeldern. Anhand der Emissionen konnten wir sechs Quellen bestimmen.
Aber plötzlich ... waren es nur noch vier. Für einige Sekunden nur. Dann waren es wieder sechs."
„Worauf willst du hinaus, Sol?", fragte Inez.
„Kann es sein, dass zwei Deflektoren kurz desaktiviert wurden?", fragte Gill.
„Nein", antwortete Danton. „Dann hätten wir die Unbekannten ja sehen müssen."
Er ließ ein Holo entstehen, das einen weitläufigen Hangar zeigte, mitten in der verbotenen Zone des Sektors Gelb.
In dem Hangar schwebte ein Cluster von Spezial-Containern, die randvoll mit rotem Khalumvatt gefüllt waren. Über die Container verteilt, blinkten sechs helle rote Punkte.
„Das sind sie", sagte der Kämmerer.
„Warum? Ist dir etwas aufgefallen, was uns entgangen ist?"
„Ihr habt keine Erklärung?"
Danton schüttelte langsam den Kopf. „Nein. Worauf willst du denn hinaus?"
Solomon G. Gill setzte sich wieder und betrachtete konzentriert die Holografie.
„Sol?", fragte Inez. „Sag uns, was du denkst."
„Sechs Energiequellen, dann kurz vier, dann wieder sechs. Sind es sechs – oder doch nur vier?"
„Du siehst es doch", sagte seine Partnerin. „Solomon, ich verstehe dich nicht."
„Aber ich vielleicht", meinte Danton mit seltsam monotoner Stimme. „Du denkst an eine Störung der Sensoren?"
„Nicht nur der Sensoren – der Positronik. Alle Bilder, alles, was wir hier sehen, hören und angezeigt bekommen, sind Informationen. Bilder, Töne und Messungen werden von der Quelle – also dem Hangar – in Informationen verwandelt, die zum Hauptrechner von LEprachtvoll gelangen, dort verarbeitet und für uns aufbereitet werden."
„Das ist richtig", sagte Danton. Sein Oberkörper straffte sich etwas.
„Wir bekommen also das zu sehen, was der Hauptrechner uns zeigt. Wir stehen nicht in diesem Hangar dort und können selbst die Erpresser beobachten."
„Ja ..."
Gill schloss kurz die Augen. „Der Hauptrechner ist also die positronische Schnittstelle, über die alles läuft. Er sieht, hört und ortet für uns. Wir sind auf das angewiesen, was wir von ihm bekommen. Was er uns an Daten liefert, ist die reale Welt, wie wir sie vermittelt bekommen. Richtig?"
„Richtig", bestätigte Danton. Die Maske verriet keine Regung, doch der TLD-Agent hätte anhand der Stimme schwören können, dass der Unsterbliche darunter so blass wurde wie das Porzellan.
Gill beugte sich ein Stück vor. „Und wenn sie es nicht ist?", fragte er langsam. „Wenn irgendjemand – oder irgendetwas – in der Lage wäre, den Hauptrechner zu manipulieren? So dass er uns Dinge zeigt, die nicht der Realität entsprechen? Dinge, von denen jemand will, dass wir sie sehen?"
„Sol, du machst dich lächerlich", sagte Inez Hatcher. „Die Fantasie geht mit dir durch. Es gibt tausendfach redundante Sicherheitssysteme. Niemand, kein noch so begnadeter Profi, kann einfach so in die Zentralpositronik eindringen, ohne dass sofort ein Alarm ausgelöst wird."
„Und wenn doch?", fragte er gereizt.
„Wenn es doch jemandem gelungen wäre, diese Kontrollmechanismen zu umgehen? Wenn dieser Jemand in der Lage wäre, uns die ganze Zeit an der Nase herumzuführen?" Gill sah wieder ins Holo. „Was, wenn es wirklich nur vier Eindringlinge sind – und ihr für einen kurzen Moment die Wirklichkeit gesehen habt?"
„Ich verstehe dich", sagte Danton.
„Aber es ist wirklich unmöglich. Über das Thema sind schon Spekulationen angestellt worden, als ich noch nicht geboren war. Und diese sind auch den Männern und Frauen bekannt gewesen, die unsere Rechner entwickelt und gebaut haben. – Dir sind doch die Konsequenzen deiner Überlegungen bewusst?"
„Natürlich", sagte Solomon G. Gill.
„Nichts von dem, was wir hier und auf jedem Bildschirm in LEprachtvoll, der uns Informationen vom zentralen Rechnersystem wiedergibt, sehen – zu sehen glauben –, braucht wirklich der Realität zu entsprechen. Der oder die Unbekannten könnten uns etwas vorspiegeln, was so nicht ist. Es könnte theoretisch ...", er betonte jedes Wort, „... es könnte also in der Theorie auch nur einer sein, oder? Nur ein Mann, eine Frau oder ein Etwas, das uns die ganze Zeit an der Nase herumgeführt hat ..."
„Ja", sagte Danton nach
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