2307 - Der Psi-Korresponder
Verbindung auf, ein gelblich schimmernder Schlauch aus verdichteter Energie. Ein Zischen zeigte an, dass die Vakudichtung der Tür sich löste.
Gucky ging voran. Gemächlich spazierte er im Kampfanzug vor seinem Schützling durch die Röhre, den Blick unverwandt auf den zwanzig Meter entfernten Lichtfleck gerichtet.
„Ich hoffe, du denkst jetzt nicht, ich sei ein Gedankenspion", sagte der Ilt ein wenig kleinlaut. „Normalerweise mache ich von meiner telepathischen Fähigkeit keinen Gebrauch. In deinem Fall ist es allerdings unerlässlich."
Marc London beteuerte: „Dein Ehrenkodex steht völlig außer Zweifel. Aber ich begreife das alles immer noch nicht. Ich habe doch Gedanken wie jeder andere ..."
„Klar hast du das. Aber irgendetwas ist da, was den Dualen Kapitän auf dich aufmerksam gemacht hat. Und auch Fawn Suzuke. Bestimmt finden wir mit der Zeit heraus, was es ist. Wenn du mir ein wenig vertraust ..."
„Wenn dir nicht, wem dann?"
Sie betraten die Schleusenkammer und wenig später die Passagierkabine.
Dort setzten sie sich einander gegenüber in zwei Pneumosessel. Während die energetische Verbindung zwischen den beiden Fahrzeugen erlosch, stellte Gucky seine nächste Frage.
„Hast du solche Alpträume wie in letzter Zeit schon früher einmal gehabt?"
„Äh – nein. Ich erinnere mich nicht, jemals etwas in dieser Richtung erlebt zu haben."
Es deckte sich mit Marcs Angaben in seinem Tagebuch. Die Alpträume hatten sich in ihren Inhalten wie Prophezeiungen eines Weltuntergangs dargeboten.
„Hast du als Kind manchmal Dinge doppelt gesehen oder verzerrt? Hast du Stimmen gehört, ohne dass jemand in der Nähe war?"
„Bei allen Akademien der Galaxis – nein!"
Die Aussagen der Eltern und seiner Schwester lieferten ebenfalls keinen Hinweis darauf.
„Danke, Marc", sagte Gucky. „Ich bin sicher, den ganzen Quatsch hat dich auch Bré schon gefragt. Ich wollte nur sichergehen. Wir machen später weiter."
Die Fähre beschleunigte. Der blauweiße Ball der Erde wanderte schräg nach hinten aus dem Blickfeld und machte dem Dunkel des Alls Platz. Die nüchterne Stimme der Steuerpositronik meldete sich und begrüßte sie an Bord, danach erläuterte sie: „Aus Sicherheitsgründen fliegen wir einen Kurs unterhalb des Mondäquators. Nach den Ereignissen im Vitello-Krater ist der TLD noch mit der Spurensicherung beschäftigt."
Gucky kannte Noviel Residor. Der Chef des Terranischen Liga-Dienstes würde nicht eher ruhen, bis er das letzte Staubkorn auf mögliche Emissionen der Dunkelkapsel hatte untersuchen lassen.
„Bist du mit einem Experiment einverstanden?", fragte der Ilt sein Gegenüber.
„Ich will die Flinte nicht so schnell ins Korn werfen.."
Möglicherweise handelt es sich nur um ein vorübergehendes Phänomen, von dem sein Bewusstsein betroffen ist, fügte er in Gedanken hinzu.
Marc London nickte zögernd.
„Denke an etwas, das dich stark erregt hat, die Entführung durch den Dualen Kapitän zum Beispiel. Steigere dich in deine Gedanken und Empfindungen hinein. Ich bleibe telepathisch in der Nähe und helfe, wenn es nötig ist."
„Ich versuche es." London schloss die Augen. „Ich konzentriere mich auf den Alptraum, den ich in jener Nacht hatte, als das Dualwesen mich aufsuchte ..."
Gucky lehnte sich zurück. Er lauschte dem jetzt hektischen Atem und den Worten, mit denen Marc London sich seinen Traum in Erinnerung rief, bis das unheimliche Wesen auftauchte. Der Neunzehnjährige wollte schreien, laut schreien, aber sein Körper reagierte nicht. Dafür schrie London jetzt in der Kabine seinen Schmerz heraus. Dabei legte er seine schüchterne Zurückhaltung für kurze Zeit ab und ging voll aus sich heraus.
Gucky schüttelte stumm den Kopf.
Selbst im Zustand starker emotionaler Erregung drang kein einziger Gedanke zu ihm durch, kein mentales Signal, nichts. War das möglich?
Der Ilt kannte die Ergebnisse aller bisherigen Untersuchungen. Er orientierte sich daran, wusste mit Marc London einen körperlich, geistig und seelisch gesunden Menschen vor sich, dessen einziges Problem derzeit darin bestand, mit der neuen Situation fertig zu werden.
Also im Grunde etwas, das alle Heranwachsenden erlebten, bei ihm jedoch durch Fremdeinwirkung um einen Faktor zehn verstärkt.
Nach zwei, drei Minuten versuchte der Jüngling es mit der Vorstellung von Fawn Suzuke. Sein Atem beruhigte sich, ein verklärtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.
„Vielleicht sucht sie mich, und ich bin nicht
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