Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

2309 - Die Augen von Charon

Titel: 2309 - Die Augen von Charon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
die Zentrale der VERACRUZ betrat, warf ich zuerst einen Blick auf die Orterholos. In unmittelbarer Nähe tummelten sich mittlerweile mehrere Augen. Erneut hatte ich den Eindruck, dass sie alle, wo sie sich auch befanden, die VERACRUZ überwachten.
    Offensichtlich hatte die schreckliche Katastrophe sie angezogen.
    Die Bewohner der Charon-Wolke hatten uns anscheinend genau im Visier.
    Die Besatzung arbeitete noch konzentriert an der Holo-Rekonstruktion des Wracks. Ich ignorierte den vorwurfsvollen Blick der Kommandantin - Das war wieder mal unglaublich knapp gewesen, Atlan, aber du wolltest ja nicht auf mich hören! - und wandte mich an die Chefwissenschaftlerin. „Marya, wie weit seid ihr?"
    „Die Daten sind jetzt verifiziert." Sie rief ein Holo auf. „Der Raketenkörper hatte einen Durchmesser von zweihundert Metern, die Länge der Kegelspitze betrug dreihundertfünfzig.
    Abstand der beiden Raketenkörper voneinander einhundertundsechzig Meter, Abstand der beiden Kegelspitzen voneinander dreihundertsechzig. Das Verbindungs-Mittelstück hatte eine Breite von sechshundert und eine Höhe und Tiefe von jeweils zweihundertzwanzig Metern. Entfernung Mittelstück zur Bugspitze sechshundert Meter, zum Heck ..."
    Ich winkte ungeduldig ab. „Zeig mir bitte die Darstellung."
    Sie generierte eine andere dreidimensionale Abbildung.
    Ich stutzte. Wie schon beim ersten Mal, als ich die fremde Einheit gesehen hatte, wenn auch nur höchst unscharf, stolperte ich über einige Details.
    Das bauchige Mittelstück wirkte in der Tat behelfsmäßig aus diversen Modulen zusammengesetzt, fast so, als habe man die normalerweise offenbar einzeln agierenden Raketen zu einem leistungsstärkeren Doppelrumpfraumer zusammengefügt. Darüber hinaus wiesen die Ortungsprotokolle aus, dass die Sublicht- wie auch Überlichttriebwerke für ein Schiff dieser Größe eher von bescheidenem Leistungsvermögen waren und zweifellos keine große Reichweite zuließen.
    Ich rieb mir nachdenklich das Kinn.
    „Und mit so einer zusammengeschusterten Notlösung wollte die TRAITOR-Einheit in die Charon-Wolke vordringen? Ein Unterfangen, von dem wir selbst mit unseren besten Schiffen nicht zu träumen wagen. War das Hybris, oder haben sie aus Notwendigkeit so übereilt gehandelt?"
    „Vielleicht haben sie ja keine Sextanten", wandte Marya ein. „Vielleicht haben sie nicht gewusst, dass die Augen Raumschiffe sind. Raumschiffe haben eine Besatzung, und eine Besatzung kann auf eine neue Situation reagieren, ein natürliches Phänomen wohl eher weniger. Vielleicht sind sie davon ausgegangen, dass die Verhältnisse in der Charon-Wolke sich nicht verändern. Und die ursprünglichen Verhältnisse haben sie mit ihrem Gravitationsfeld vielleicht tatsächlich im Griff gehabt."
    Ich runzelte die Stirn. „Viermal >vielleicht< in fünf Sätzen", sagte ich. „Nicht gerade eine handfeste Analyse."
    „Uns liegen ganz einfach nicht genug Daten vor. Wir können nur haltlos spekulieren ..."
    „Schon gut." Ich winkte ab. „Das ist mir klar. Ich mache dir keinen Vorwurf. Eigentlich will ich auf etwas ganz anderes hinaus." Ich vergrößerte die Darstellung der Triebwerke. „Könnt ihr Vermutungen über die Reichweite anstellen?"
    „Die Schiffe haben mit äußerst bescheidenen Werten beschleunigt", führte Alondro Ulan aus, „selbst als bei dem Angriff das zweite vor der sicheren Vernichtung stand. Es ist nicht sinnvoll, größere Entfernungen mit so schwachen Triebwerken zurückzulegen. Unseren Hochrechnungen zufolge beträgt die Reichweite etwa zwanzig- bis dreißigtausend Lichtjahre.
    Wobei ich für diesen Wert keineswegs die Hand ..."
    „Ich weiß", unterbrach ich ihn. „Ins Feuer lege. Aber das hieße ..."
    Marya nickte. „Genau. Diese durchaus gewaltigen Einheiten waren mit hoher Wahrscheinlichkeit keine autark operierenden Schiffe, sondern Beiboote."
    „Beiboote von vierzehnhundert Metern Länge?" Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, als mir wieder einmal klar wurde, womit wir es zu tun hatten.
    Mit TRAITOR, der Terminalen Kolonne.
    Die ihrem Namen alle Ehre zu machen drohte. „Wenn das ein Beiboot war", fuhr ich fort, „wie mag dann erst das Mutterschiff aussehen?"
    „Wir haben den Datenspeicher ausgewertet, den du mit an Bord gebracht hast", sagte Alondro Ulan in das betroffene Schweigen, das sich nach meinen Worten schier endlos in die Länge zu ziehen schien. „Es war nicht besonders schwierig. Er ist in der Verkehrssprache TraiCom gehalten und

Weitere Kostenlose Bücher