2310 - Strukturpiloten
mit dem „Psi-Fühler" nur ein ganz leichtes, keineswegs unangenehmes Prickeln. Es dauerte auch bloß zwei Minuten, dann war die Sache erledigt.
Dachte er.
Doch als er aus der Kabine kam, erwarteten ihn zwei der Prüfer. Es gäbe Anzeichen dafür, wurde ihm mitgeteilt, dass ein Messfehler vorliege, vermutlich aufgrund eines defekten Geräts. Er möge sich doch bitte in die gegenüberliegende Kammer begeben, man müsse die Prozedur wiederholen.
Kein Problem. Kempo konnte zwar nicht den geringsten Unterschied zum ersten Mal feststellen, aber sicherlich wussten die Mitglieder des Kollegiums, was sie zu tun hatten.
Alles bestens, beruhigten sie ihn, nachdem er abermals heraus ins Foyer gekommen war. Inzwischen hatten sie Zulauf bekommen, waren nun zu fünft, darunter eine Pilotin, die Kempo kannte.
Alle starrten ihn an. Schockiert, ungläubig, mit schlecht verhohlenem Abscheu. Er fühlte sich gemustert, als trüge er die Anzeichen einer seltenen, ansteckenden Krankheit auf der Stirn.
Kein Grund zur Beunruhigung. Die Sache sei erledigt, sagte man ihm hastig. Er könne gehen.
Kempo gehorchte. Kurz bevor er um die Ecke bog, blickte er über die Schulter zurück.
Tuschelnd steckten die Männer und Frauen ihre Köpfe zusammen. Einer gestikulierte heftig, ein anderer schwenkte Ausdrucke.
In Kempos Magen krampfte sich etwas zusammen, blieb wie ein tonnenschweres Gewicht liegen. Der Klumpen löste sich erst auf, als er Auhara wieder in seinen Armen hielt.
8.
Man fügt sich Der „Tag der Tränen" wurde seinem Namen gerecht.
Sie weinten vor Glück, nachdem bekannt gegeben worden war, dass Auhara die Charon-Prüfung bestanden hatte – mit weit überdurchschnittlichen, fast schon sensationellen Werten sowohl im Intelligenz- als auch im Psi-Test!
Ihr eigener Vater leitete die Zeremonie. Sie fand auf dem Alten Platz im Herzen von Aram Tachady statt und wurde per Hyperfunk auf den Planeten übertragen, wohin das Gros der Aspiranten inzwischen heimgekehrt war.
Ausnahmslos alle Großfamilien der Nation Dubox verfolgten diese Sendung mit höchster Spannung, entschieden die Testergebnisse doch über das weitere Schicksal der Zwölfjährigen.
Traditionell wurde zuerst der Ausgang der Prüfungen von Aram Tachady verkündet. Die beiden anderen Pilotenstädte waren ebenfalls zugeschaltet; sie kamen anschließend an die Reihe.
Nachdem die Dubox-Hymne verklungen war, trat Khal Pif’Deran zum Rednerpult. „Mir ist vollkommen bewusst, dass ihr alle auf die Resultate wartet, deswegen will ich davor nicht lange herumreden. Die Nation Dubox, ja die ganze Weltenwolke erlebt eine Epoche der Ruhe, Freiheit und Prosperität. Dies verdanken wir den Schutzherren und unseren Vorfahren, jedoch auch unserem eigenen Fleiß und guten Benehmen.
Auf diesen Punkt werde ich im Folgenden noch ausführlicher eingehen. Wie sagte schon der große Philosoph Oshu’Schnig ..."
Zweieinhalb Stunden später, Sheerdurn waren bereits die Füße eingeschlafen, kam der Ratsherr endlich zum Schluss seiner Rede und schritt zur Verlesung der Namen jener Jugendlichen, bei denen die Gaben festgestellt worden waren. Dies geschah nicht alphabetisch, sondern in der Reihenfolge der Prüfungen, weshalb Auhara schon als Dritte genannt wurde. Wohl wissend, dass Dutzende Kameras auf ihn gerichtet waren, zerdrückte Khal Pif’Deran dabei gerührt eine Zähre im Augenwinkel.
Unten, am Rand der Menge, jubelten nach einer Schrecksekunde Kempo, Auhara und Sheerdurn auf. Sogar der Gouvernante entfuhr ein „Holla. Wer hätte das gedacht?"
Welch Überraschung, welch freudiger Schock! Zwar wurde Auhara somit ihrem Familienverband, ihrem bisher gewohnten sozialen Umfeld entrissen.
Doch bedeutete dies auch, dass sie auf Aram Tachady bleiben konnte – bei Kempo! Ihre Tränen flossen reichlich.
Inzwischen setzte ihr Vater auf dem Podium die Verlesung fort. Und beendete sie mit den Worten: „Unsere besten Wünsche begleiten diese vierhundertundein Mädchen und Burschen. Ich bin überzeugt, sie werden ihre Ausbildung gewissenhaft absolvieren und der Nation Dubox in Zukunft als Strukturpiloten zur Ehre gereichen."
Applaus, dann Blasmusik und Feuerwerk. Kempo bekam nichts davon mit.
Als wären seine Ohren zugefallen, seine Augen verschleiert, stand er regungslos, an Auhara geklammert.
Sein Name war nicht erwähnt worden. Auch auf der zugleich am großen Holoschirm eingeblendeten Liste hatte er gefehlt.
*
Im Alter von zwölf Jahren verließ Kempo
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