Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
2312

2312

Titel: 2312 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
Vom Netzwerk:
bist.«
    »Warum sollte sie so etwas denken?«
    Doch selbst Zasha wusste zwei oder drei Beispiele für Situationen, in denen Swan sich indiskret verhalten hatte, und Swan selbst wusste noch einige mehr.
    »Das waren Versehen«, fügte Swan schließlich hinzu. »Und nicht mal besonders schlimme.«
    Zasha nippte vorsichtig an ihrem Tee. »Tja, aber vielleicht sah es ja so aus, als ob solche Versehen bei dir häufiger wurden. Du bist nicht mehr die, die du einmal warst, das musst du zugeben. Du hast dein Gehirn mit Erweiterungen vollgestopft …«
    »Das habe ich nicht.«
    »Na ja, mit vier oder fünf. Das hat mir von Anfang an nicht gefallen. Wenn man den religiösen Teil des Temporallappens vergrößert, kann einen das zu einem ganz anderen Menschen machen, ganz zu schweigen von dem Epilepsie-Risiko. Und das war nur der Anfang. Jetzt hast du dieses Tierzeug da drin, und du hast Pauline da drin, die alles aufnimmt, was du siehst – das ist keine Kleinigkeit. Es kann Schaden anrichten. Am Ende bist du irgend so ein posthumanes Etwas. Oder zumindest eine andere Person.«
    »Ach komm, Z. Ich bin immer noch dieselbe wie eh und je. Und alles, was man tut, kann einem schaden. Das kann kein Hinderungsgrund sein. Alles, was ich mit mir gemacht habe, betrachte ich als Teil meiner Existenz als menschliches Wesen. Warum sollte man so etwas denn bitte nicht tun, wenn man die Möglichkeit dazu hat? Ich würde mich schämen, es nicht zu tun! Es geht nicht darum, post human zu sein, sondern darum, voll Mensch zu sein. Es wäre dumm, all die guten Dinge, zu denen man in der Lage ist, nicht zu tun, es wäre anti menschlich.«
    »Tja«, sagte Zasha, »du hast all das getan und anschließend damit aufgehört, Terrarien zu entwickeln.«
    »Ich war fertig damit! Wir hatten die Entwicklungsphase sowieso hinter uns. Es ging ihnen nur noch darum, mehr von den Dingern zu bauen. Und viel von dem, was wir gemacht haben, war ohnehin dumm. Wir hätten zu dem Zeitpunkt eigentlich überhaupt keine Ascensions machen sollen, sondern lieber die traditionellen Biome über die Auslöschung hinwegretten. Das müssen wir nach wie vor! Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was wir uns dabei gedacht haben.«
    Das überraschte Zasha. »Ich mag die Ascensions. Sie unterstützen die genetische Dispersion.«
    »Und zwar zu sehr. Aber darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass ich etwas anderes ausprobieren wollte, und das habe ich auch getan.«
    »Du bist Künstlerin geworden.«
    »Ich war seit jeher Künstlerin. Ich habe nur das Medium gewechselt. Und eigentlich nicht mal das. Ich habe den Fokus verstärkt. Das war es, was ich wollte. Komm schon, Zasha. Ich lebe ein ganz normales menschliches Leben. Wenn du all diese Möglichkeiten zurückweist, macht dich das nicht menschlicher, sondern nur rückwärtsgewandter. Ich gehe nicht mal ansatzweise so weit wie manch andere Leute. Ich habe kein drittes Auge, und ich breche mir bei einem Orgasmus nicht die Rippen. Ich will bloß …«
    »Bloß was?«
    »Ich weiß nicht. Dinge ausprobieren, die gut klingen.«
    »Und, wie läuft es so?«
    Swan saß im Halbdunkel da, irgendwo in New Jersey. Draußen war die freie Luft der Erde. »Nicht so gut.« Sie machte eine lange Pause. »Genau genommen habe ich Schlimmeres getan als das, wovon du gehört hast, wenn du es wirklich wissen willst.«
    Zasha starrte sie an. »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Haha. Jetzt, wo ich es mir überlege, fällt mir ein, dass Alex auch darüber Bescheid wusste, weil ich nämlich Mqaret davon erzählt habe.«
    »Das heißt noch lange nicht, dass er es ihr weitererzählt hat.«
    »Ich habe ihn nicht darum gebeten, es zu unterlassen.«
    »Tja«, sagte Zasha. »Also wusste sie vielleicht davon. Etwas Schlimmeres als Tiergehirne? Etwas Schlimmeres als ein Qube in deinem Schädel? Vergiss es, ich will es gar nicht wissen. Aber vielleicht hat Alex es gewusst, und vielleicht gab es Sachen, die sie …«
    »Die sie mir nicht anvertraut hätte.«
    »Die sie für sich behalten musste. Und jetzt bist du hier und ziemlich übel zugerichtet.«
    »Ich bin nicht übel zugerichtet!« Allerdings schmerzte ihre angeknackste Rippe, weil sie sich vor Empörung verkrampfte. Außerdem erfüllte sie Trauer um Alex – und ein kleines bisschen wütend auf sie war Swan nun auch.
    »Nach dem, was du erzählst, klingt das aber so«, bemerkte Z. »Im Laufe der Jahre hast du fünf- oder sechs- oder siebenmal an deinem Kopf herumgedoktert, du hast einen Qube im Kopf – genau

Weitere Kostenlose Bücher