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2312

2312

Titel: 2312 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Stanley Robinson
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aussehen? War diese Frau, die sich seiner bemächtigt hatte, eine Manifestation von Durga, der Mutter Ganeshs – die sich manchmal auch als Kali manifestierte?
    »Du siehst gut aus«, sagte Swan, als er aus dem Badezimmer kam. »Es war nicht zu traumatisch?«
    Kiran schüttelte den Kopf. »Ich hatte Zeit zum Nachdenken. Wo geht es jetzt hin?«
    Erneut lachte sie. »Dieses Schiff fliegt zur Venus«, erklärte sie ihm. »Ich bin auf dem Weg zum Merkur, also setze ich dich ab.«
    Kiran sagte: »Ist die Venus nicht chinesisch?«
    »Ja und nein«, antwortete Swan.
    Kiran bohrte nach: »Ich werde also Chinese?«
    »Nein. Es gibt dort alle möglichen Arten von Menschen. Meine Freunde werden dir eine Identität verschaffen. Danach kann alles passieren. Aber Venus ist ein guter Einstieg.«
    Sie reisten an Bord eines Terrariums namens Delta der Venus , einem landwirtschaftlichen Asteroiden, in dem ausschließlich Nahrung für die Erde angebaut wurde – größtenteils verbesserte Reissorten, aber auch andere Ge treide, die es gerne warm und feucht hatten. Die Gravitation im Innern fühlte sich wie die der Erde an: Kiran konnte nichts von dem berüchtigten seitlichen Druck der Corioliskraft spüren.
    Sie verbrachten ihre Tage draußen auf dem emporgekrümmten Feld und schufteten inmitten von Wasserbüffeln, Traktoren, Kanalbooten und zahlreichen anderen Arbeitern, von denen die meisten Passagiere waren. Nach einer Stunde machte die Arbeit einem im Rücken zu schaffen, und da die Passagiere – von denen einige nur wenig größer als die Reistriebe waren, während es sich bei anderen um wahre Riesen handelte, was zu Beginn ein verwirrender Anblick gewesen war – die Reihen entlangwateten, unterhielten sie sich oft miteinander, um sich die Zeit zu vertreiben. Selbstverständlich klagten viele und wünschten sich weit weg. »Ich bin total erledigt von den Feiern.« »Ich habe sie schon alle durch.« »Der einzige Ort, an dem es wirklich aufs Terraforming ankäme, ist die Erde, und dort ist man wahnsinnig schlecht darin.« »Letztlich macht man nur mit Präsenz Geschäfte.« »Wir hätten die Grindewald nehmen und Bergsteigen gehen können. Der Mönch, der Eiger, die Jungfrau, die haben jede verdammte Spalte nachgebaut.« »Ich würde lieber mit einem Aquarium reisen und mich im Wasser tummeln. Eine Woche mit einer Seejungfrau.«
    Strandwelten waren wunderbar, da waren sich alle einig. Jetzt, wo es die Strände der Erde nicht mehr gab, waren die in Aquarien sehr beliebt.
    Andere sprachen sich für Wolkenwaldwelten aus: In denen konnte man einen Baumhimmel besuchen und ein früheres Stadium des Primatendaseins erleben. »Wie beglückend es ist, ein Affe zu sein!«
    Jemand sagte: »Oder ein Bonobo. Ich wünschte, dass ich einen Sexliner genommen hätte.«
    Diese Worte ließen einen kleinen Damm der Zurückhaltung brechen, und sofort wandte sich das Gespräch dem Sex in derartigen Sexlinern zu, die oft Urlaubsorten in der Karibik nachempfunden waren. Dionysische Tänze, endlose Tantra-Orgien, Kundalini Panmixia, alle hatten etwas zu erzählen. Einer sagte wehmütig: »Ich hätte die ganze Reise in einer Anfasskiste verbringen können, und hier stehe ich nun mit meiner Hacke in der Hand.«
    »Anfasskiste?« Kiran musste einfach fragen.
    »Man steigt in eine Kiste mit etwa handgroßen Löchern darin, und dann stecken Leute die Hände in die Löcher und machen, wozu sie Lust haben.«
    »Es überrascht mich, dass die Leute so etwas wollen.«
    »Die Leute stehen jedenfalls immer ziemlich Schlange, sowohl für die Plätze drinnen als auch für die draußen.«
    »Daran hätte ich bei den Würmern denken sollen«, sagte Kiran zu Swan. »Dann wäre ich den ganzen Weg den Aufzug hoch glücklich gewesen.«
    »Ich bin lieber hier als in einem von diesen Dingern«, rief ein anderer. »Landwirtschaft ist sexy! All die Besamung!«
    Mehrere Leute stöhnten. Der Witz kam nicht gut an.
    Jemand anders sagte: »Das letzte Mal, dass ich auf einem Sexliner war, ist so eine Gruppe Bisexueller zum Pool rausgerannt, etwa zwanzig Leute, alle mit den größten Titten und Schwänzen, die man sich vorstellen kann, und alle mit Erektionen, und sie haben sich einer hinter dem anderen im Kreis aufgestellt und ihn in ihren Vordermann reingesteckt, und rund ging’s. Es sah aus wie Insekten, die sich an einem Sommertag zusammenklumpen und ficken, bis sie umfallen.«
    Daran schloss sich ein langes Schweigen an, bis schließlich jemand schwermütig sagte: »Ich

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