2313 - Das Goldene System
Händen strich er sich den Schweiß aus dem Gesichtsfell, dann blickte er verwirrt seine nassen Handflächen an - und wischte sie sich an der Ausgehuniform trocken, die er trug.
„Warum teleportierst du nicht?", fragte ich.
Sein Blick erdolchte mich beinahe. Er nuschelte etwas, das sich wie „Sadist" anhörte, wandte sich ächzend um und tappte davon.
Erst als ich ihm zum zweiten Mal hinterher rief, blieb er wenigstens wieder stehen.
„Du kannst nicht teleportieren ?", vermutete ich.
„Scharfsinnig beobachtet." Gucky war wirklich sauer. „Nicht teleportieren, keine Gedanken lesen ... nicht einmal das ..."
Er warf eine Münze in die Höhe, offenbar, um zu demonstrieren, dass er auch zu telekinetischen Spielchen unfähig war. Aber die Münze blieb zwei Meter über ihm in der Luft hängen. Gucky starrte sie verständnislos an und stieß eine Verwünschung aus.
„Gut", sagte ich. „Telekinese beherrschst du also noch."
„Das bin nicht ich." Das klang jämmerlich. „Ich habe nur versucht, die fünf Galax festzuhalten ..."
„... und jetzt hängen sie da oben, ganz ohne dein Zutun."
„Du glaubst mir nicht, Atlan? Aber es ist so!", rief er schrill. „Ich mag dieses Sonnensystem nicht! Es ist ... es ist unheimlich." Aus den Augenwinkeln schielte er zu der Münze hinauf. Dann, scheinbar übergangslos, fragte er: „Was ist mit Marc? Ist der Junge wieder wach?"
„Später", sagte ich. „Erst wenn geklärt ist, ob wir ihn ohne Risiko aufwecken können." 14. Juli 1344 NGZ Vierundzwanzig Stunden waren vergangen. Die VERACRUZ und die nach wie vor über dem Ringwulst verankerte Strukturdolbe standen weiterhin im Grenzbereich zwischen Strukturgestöber und Goldenem System.
Die optische Erfassung beschränkte sich auf Düsternis und hin und wieder einen matten roten Reflex der fernen Sonne. Spektralanalysen hatten zu den ausgedehnten Staubwolken Wasserstoffansammlungen registriert, doch durfte bezweifelt werden, dass die Ergebnisse mit den Gegebenheiten übereinstimmten.
Nicht einmal die normale Ortung, unabhängig davon, wie viele Veränderungen an den Parametern vorgenommen wurden, zeigte mehr als vage Schatten.
Wer tatsächlich geglaubt hatte, auf diese Weise Planeten aufspüren zu können, der wurde eines Besseren belehrt, als jene Schatten von einer Stunde zur nächsten ihre vermeintliche Position um Millionen Kilometer veränderten. Vielleicht hatte die konventionelle Ortung wirklich Planeten erfasst - wir wussten es noch nicht -, aber dann befanden sie sich keineswegs dort, wo die Taster sie angeblich lokalisierten.
Alle Hoffnungen konzentrierten sich auf das Kantorsche Ultra-Messwerk, das vor gut vier Wochen zusammen mit Marc London von der AUßER G gebracht worden war. Marc und das Messwerk - beides zeigte, dass Perry uns hier im galaktischen Zentrumsbereich und an der Charon-Wolke keineswegs vergessen hatte, egal was sich im Umfeld des Solsystems derzeit abspielte.
Aber Marc lag derzeit im Tiefschlaf.
Und das Ultra-Messwerk hätten unsere Wissenschaftler um ein Haar schrottreif benutzt. Trotz stundenlanger Versuche, das komplexe System auf die herrschenden Bedingungen zu justieren, waren nur Fehlermeldungen produziert worden.
Bis sich schließlich - es lag noch nicht Lange zurück - aus dem hyperphysikalischen Breitbandrauschen ein erstes deutlicheres Bild herausgeschält hatte.
In den Jubel hatte sich dennoch sehr schnell neue Beklemmung eingeschlichen. Das Goldene System war, wie es die Chefwissenschaftlerin ausdrückte, ein Feuerwerk extremer hyperphysikalischer Strahlung.
„Wenn wir den Kantor-Sextanten da hineinbringen, können wir ihn ebenso gut als Ballast über Bord werfen", lautete Major Delazars unmissverständliche Aussage. „Das Ultra-Messwerk würde in dem Umfeld seine Funktion einstellen.
Nur dem Umstand, dass wir uns bislang in einer Übergangszone aufhalten, verdanken wir überhaupt Ergebnisse."
Indessen liefen die ersten Mess-Serien.
Problematisch war, dass der Sextant ausschließlich passiv arbeitete. Die besten Empfangsdaten ließen keine Lokalisierung zu, solange nicht Vergleichsdaten eine Winkelbestimmung erlaubten.
Die VERACRUZ nahm wieder Fahrt auf, um Peilungen von verschiedenen Positionen aus zu ermöglichen. Mit äußerst kurzen Linearetappen lavierten Alysha Saronn und die Strukturpiloten den Verbund dicht am Strukturgestöber entlang.
Die erste Ergebniskonferenz fand am 14. Juli um 14 Uhr Bordzeit statt. Fünfundzwanzig Wissenschaftler der wichtigsten
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