2321 - Schatten ÃŒber Halut
Aktualität wäre wohl sinnvoller gewesen."
Es gab keinen knapp eine Handspanne messenden übermächtigen Angreifer?
Keine Mikro-Bestie, die ihm trotz ihrer geringen Körpermasse überlegen war?
Evor Torkas' Gedanken überschlugen sich.
Endlich schaffte er es, die Augen zu öffnen, aber er nahm nur verschwommene Konturen wahr.
Ein heiseres Krächzen quoll über seine Lippen: „Lösen Sie endlich die Fesseln!
Ich habe nicht vor, Ihr wertvolles Labor zu zerstören."
„Vorhin sah das anders aus, Evor Torkas.
Sie haben wie besessen um sich geschlagen ..."
Er richtete sich auf, als der Druck von seinem Oberkörper und den Armen wich.
Allmählich fiel auch die Benommenheit von ihm ab, die immer noch durch seine Vorstellungswelt spukenden irrealen Bilder verblassten. Trotzdem tastete er über seinen Oberkörper, als wäre der Kampf real gewesen. „Ich sehe Ihre Verwunderung, Torkas.
Wurden Sie in der Simulation verletzt?"
Er hob den Blick und erkannte endlich den Hypnosespezialisten Gal Raimad ebenso wie den Kosmopsychologen Nyng Lawar.
Beide leiteten das Projekt der Drangwäsche-Simulation. Die veränderte Hyperimpedanz hatte die Versuchsreihen entstehen lassen, denn wo konnte sich ein Haluter noch beweisen, wenn große kosmische Distanzen nahezu unüberbrückbar geworden waren. „Wie fühlen Sie sich?", fragte Lawar.
Torkas räusperte sich grollend. „Eingesperrt", antwortete er zögernd. „Um die Erleichterung betrogen. Falls ich Halut in den nächsten Tagen nicht zur Drangwäsche verlassen kann und ..." Er schwieg betroffen. „Sie wollen noch einmal gegen eine Mikro-Bestie antreten?", argwöhnte der Kosmopsychologe. „Aber diesmal suchen Sie den realen Gegner, weil Sie in der Simulation besiegt wurden. Verzichten Sie lieber auf diesen Gedanken. Und vergessen Sie die Menschen fürs Erste. Der Raum Terra könnte sogar für uns derzeit ein zu heißes Pflaster sein."
„Wir werden die Simulation permanent verbessern, aber dazu bedarf es weiterer Versuche. Vielleicht wird bald niemand mehr für die Drangwäsche den Planeten verlassen müssen. Icho Tolot hat eine Fülle aktueller Informationen mitgebracht ..."
„Tolot ist hier?", unterbrach Torkas ungläubig. „Er spricht in der Prismatischen Senke zu unseren Vertretern", sagte Gal Raimad. „Für die Zukunft unerlässliche Entscheidungen müssen getroffen werden.
Es heißt, dass vor Halut ein Kolonnen-Fort steht. Auch wenn wir bislang nichts davon bemerken, die Situation scheint äußerst bedrohlich zu sein."
„Ein Kolonnen-Fort ..." ,wiederholte Torkas, und dabei dachte er an die Mikro-Bestien. In Kürze würde er seine Stärke beweisen müssen, um vor sich selbst zu bestehen. Keine Simulation konnte die Drangwäsche je ersetzen, das war ihm klar geworden, dieser vorübergehende künstliche Reiz verflog sehr schnell und hinterließ eine noch größere Leere.
Evor Torkas fragte sich, wie er das Kolonnen-Fort aufspüren konnte.
*
„Wir Haluter sind eigenständig!", rief eine zornige Stimme. „Wir lassen uns von niemandem zu Handlungen zwingen, die wir nicht gutheißen", pflichtete ein anderer bei. „Lieber sterben wir! Aber wir werden niemals wieder Leid und Vernichtung über andere Intelligenzen bringen."
Vor fünfzigtausend Jahren hätte dies noch anders geklungen, erkannte Icho Tolot betroffen. Damals waren die Haluter wie Bestien - im wahrsten Sinne des Wortes - über das galaxisweite Reich der Lemurer hergefallen und hatten es in einem langen, furchtbaren Krieg zerstört. Bis ... ja, bis eine neuartige Waffe des Menschenvolkes sie „befriedet" und zu jenen Halutern gemacht hatte, die sie bis heute geblieben waren. Einzelgänger, Wissenschaftler, Philosophen. Kinder des Friedens. „Vielleicht ist das Kolonnen-Fort über Halut stationiert, um uns tatsächlich nur an militärischen Aktivitäten zu hindern", stellte er fest. Aber das verfing nicht mehr.
Schon die Aussicht, in die Terminale Kolonne TRAITOR gepresst zu werden, Befehle befolgen und Dinge tun zu müssen, die ihrer Überzeugung zutiefst widersprachen, sorgte für Entsetzen. „Niemals lassen wir uns wieder zu den Bestien machen, die unsere Vorfahren gewesen sind!"
Das waren nicht nur Lippenbekenntnisse, sondern die tiefste Überzeugung. „Keine Macht wird uns je wieder als Vernichtungsmaschinen missbrauchen!"
Zornig brandete die Diskussion auf und wurde hektisch geführt. Dabei war die Meinung einhellig.
Niemals wieder! „Wir werden keiner fremden Macht dienen!
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