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234 - Das Drachennest

234 - Das Drachennest

Titel: 234 - Das Drachennest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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ist der dritte?«
    »Welcher dritte?«, fragte einer der Krieger.
    »Hast du keine Augen im Schädel?« Sie trat ihn vor das Schienbein. Alle anderen Krieger wichen zwei Schritte zurück. »Da war ein dritter Pflanzenkauer! Ich hab ihn doch gesehen!«
    Die Mar’oskrieger spähten nach allen Seiten. »Er wird dort unten ins Meer getaucht sein.« Quo’pok deutete einen Steilhang hinunter, der in einem Ufer aus Brandung und Felsblöcken endete. Nicht weit entfernt verengte sich eine schmale Meereszunge zu einem Graben, der weit in den Fels hineinreichte.
    »Sucht ihn!«, zischte Mag’uz. Sieben Krieger sprangen den Steilhang hinunter und tauchten in die Brandung. Die anderen warteten bei Mag’uz und dem Gefangenen. Neidisch beobachteten sie den alten Drachen bei seiner grausigen Mahlzeit.
    Mag’uz war eine Halbschwester Kor’naks. Seit sie denken konnte, schwamm sie an seiner Seite. Keine Jagd, keinen Raubzug, keine Prügelei, die sie nicht gemeinsam bestritten hatten. Deswegen hatte der Große Dry’tor sie auch gemeinsam mit dem Patrouillendienst zwischen den Inseln von Gar’onn’ek beauftragt.
    Dry’tor war ein Höchster der Mar’oskrieger und ein Geistwanderer dazu; der einzige, den es unter den Anhängern des göttlichen Mar’os momentan gab. Dry’tor hielt sich von Zeit zu Zeit in der Kolonie von Gar’onn’ek auf, seit die Pflanzenkauer ihn wieder jagten.
    Seit mehr als neun Umläufen lebten Mag’uz und Kor’nak mit der eingeschworenen Rotte ihrer Krieger in Gar’onn’turc – so nannten sie die Rotte, die sie Rynch und ihren Jungen einst weggenommen hatten: Gar’onn’turc, das Drachennest; dort hatten sie ihr Hauptquartier errichtet.
    Hin und wieder bekamen sie Besuch von der Mar’os-Kolonie, die zwanzigtausend Längen entfernt am Meeresgrund lag. Manchmal blieb einer und schloss sich ihnen an. Im Großen und Ganzen aber schottete die kampfstarke Rotte sich vor den anderen ab. Kor’nak und Mag’uz taten sich schwer, andere Meister über sich zu akzeptieren. Der Hohe Dry’tor war der Einzige, von dem sie sich etwas sagen ließen. Dafür, dass Kor’naks Krieger feindliche Kreaturen von der Kolonie fernhielten, gestattete man ihnen, alle Beute für sich zu behalten, die sie machten.
    Rynch fauchte, und Mag’uz merkte, wie die Kriegerinnen neben ihr zurückwichen. Sie blickte den Hang hinunter. Der alte Drachen hatte seine Beute gefressen und nicht eine Schuppe übrig gelassen. Jetzt schlich er hangaufwärts. In seinen roten Augen glitzerte die Gier. Der erbeutete Pflanzenkauer war nicht mehr als ein Appetitanreger gewesen. Das Verlangen nach noch mehr Fleisch trieb Rynch zu den vier Mar’oskriegern hinauf.
    Mag’uz sprang hoch. »Willst du wohl verschwinden, Alte?!«, brüllte sie. »Los, hau ab!« Die Echse fauchte, duckte sich, warf ihren mächtigen Körper herum und kroch den Hang hinunter. In der Bucht glitt sie ins Wasser. »Wir rufen dich schon, wenn wir dich brauchen!«, schrie Mag’uz ihr hinterher.
    Stolz blähte Mag’uz ihren Brustkorb auf. Die Krieger betrachteten sie mit unverhohlener Bewunderung. Mitnichten gehorchte Rynch immer und jedem. Sogar Kor’nak hatte manchmal Schwierigkeiten, sich der alten Echse gegenüber durchzusetzen. Die jüngeren Drachen waren wesentlich leichter zu führen.
    Erst seit drei Umläufen gehörte auch Mag’uz zum kleinen Kreis derjenigen, auf deren Befehle der Drache und seine Brut hörten; diese Macht über die Echsen hatte sie wie von selbst auf den zweiten Rang der Rottenhierarchie befördert. Quo’pok war die Nummer Drei; dabei hörten die Drachen schon länger auf ihn. Allerdings hatte er das Pech, nicht mit Kor’nak verwandt zu sein und noch dazu einen störrischen Bruder zu haben, den fast alle für wahnsinnig hielten.
    Die Häscher kamen ohne Gefangenen zurück. »Verschwunden«, sagte Quo’pok kleinlaut.
    Mag’uz tobte ein wenig herum, denn sie dachte an Kor’naks Zorn. Den würde sie unweigerlich zu spüren bekommen, wenn er hörte, dass einer der Flüchtlinge entkommen war. Schließlich beruhigte sie sich, dachte ein wenig nach und blickte dann in die Runde der Krieger und Kriegerinnen. »Kein Grund zur Panik«, zischte sie. »Der dreckige Pflanzenkauer ist natürlich nicht verschwunden. Habt ihr das kapiert?« Erst nickte Quo’pok, dann die anderen. »Was nämlich ist mit ihm geschehen?« Mag’uz deutete auf Quo’pok.
    »Rynch hat ihn gefressen, bevor wir ihn gefangen nehmen konnten«, sagte der.
    »Schade, schade!«

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