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234 - Das Drachennest

234 - Das Drachennest

Titel: 234 - Das Drachennest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Funkruf an. »Double-U hier. Konfrontation mit Reptil, zehn bis zwölf Meter lang, anderthalb bis zwei Tonnen schwer.«
    Crow glaubte nicht recht zu hören. »Was sagst du da, Double-U?« Das Warlynne-Beta-Modell hatte er nach George W. Bush benannt und sich einen Spaß daraus gemacht, den Namen auf das »W« – englisch »Double-U« – zu reduzieren.
    »Wir haben in irgendein Wespennest gestochen«, erklärte der Warlynne. »Immer größere Kreaturen nähern sich uns.«
    Crow starrte auf den Bildschirm. Eine riesige Echse schob sich einen Felshang hinauf. Sie war tatsächlich so groß, wie Double-U behauptet hatte!
    Crow griff sich einen Feldstecher, lief aus dem Cockpit zurück zum Gleitereingang und kletterte auf das Dach des Fluggeräts. »Wir verschieben die Operation!«, rief er Condoleezza und Cleopatra zu. »Stoßt zu euren Kollegen! Die haben ein Problem!« Er hörte die schweren Schritte der beiden Warlynne-Alpha-Modelle davoneilen.
    Der General setzte den Feldstecher an die Augen und suchte das Tal, die Hänge und die Felsplateaus ab. Nichts zu erkennen; die Patrouillen waren außer Sichtweite.
    Ein Schatten fiel plötzlich auf ihn, eine Steinlawine donnerte hinter ihm ins Tal herab. Ein paar kleinere Felsbrocken prallten auf die linke Tragfläche des Gleiters. Der General fuhr herum. Zwanzig Meter über ihm, auf einem Felsplateau, erhob sich eine riesige Echse. Das Blut gefror ihm in den Adern.
    ***
    Übergangslos glitt Hagenau in einen seligen Schlummer. Die Bauchschmerzen und die Übelkeit verfolgten ihn noch eine Zeitlang bis in seine Träume. Doch nicht lange. Irgendwann zog Cleopatra sich aus und legte sich zu ihm. Sie flüsterte ihm allerhand unaussprechliche Obszönitäten ins Ohr und veranstaltete Dinge mit ihren Lippen, ihrer Zunge und ihren Händen, von denen Hagenau bislang nur fantasiert hatte.
    Dann rief jemand Cleopatras Namen – sie stand auf, zog sich an und ging. Zurück blieb Hagenau: glücklich und vollkommen entspannt.
    Doch dann donnerte es. Er riss die Augen auf – und merkte, dass er nur vom Sex geträumt hatte. Die Enttäuschung hielt sich in Grenzen, denn immerhin waren die Bauchkrämpfe verschwunden, nur ein wenig schlecht war ihm noch. Hagenau setzte sich auf die Feldbettkante.
    Eine Staubwolke stieg nur wenige Meter entfernt von ihm auf. Steine polterten von der Steilwand und schlugen krachend am Boden und auf dem Gleiter auf.
    Hagenau schob sich vom Feldbett. Das Diazepam hing ihm noch in allen Hirnwindungen. Wie eine nach Haschisch duftende rosa Wolke hüllte es jeden seiner Gedanken ein. Gab es irgendwo ein Problem? Ausgeschlossen…
    Ein paar Meter von dem niedergegangenen Geröll und der Staubwolke entfernt lief er aus der Nische, welche die überhängende Wand an dieser Stelle mit dem Boden bildete. Zwei Dutzend Schritte weiter sah er den General vom Dach des Gleiters durch die Einstiegsluke klettern. Warum hatte der Mann es nur so eilig? Ein Hustenanfall schüttelte Hagenau, weil er Staub einatmete.
    Plötzlich schlug ein menschlicher Körper auf dem Gleiterdach auf, rutschte herunter und prallte neben der linken Landestütze auf den Felsboden. Er sah entsetzlich zugerichtet aus: Sein Kopf war zerdrückt, sein linker Arm fehlte, sein rechter war auf skurrile Weise verdreht, und den rechten Unterschenkel hatte man ihm knapp über dem Knie abgetrennt. Dennoch blutete er nicht.
    Hagenau war nicht sicher, ob er das witzig oder schrecklich finden sollte.
    Er lief zu dem leblosen Körper und ging vor ihm in die Hocke. Es war ein Warlynne-Beta-Model. George W. stand auf dem Namensschild über der Brusttasche. Das eingerissene Gesicht des zertrümmerten Schädels verzerrte sich in gespenstischen Zuckungen – mal flackerte das künstliche Grinsen eines schlechten Schauspielers auf, mal der harte Ausdruck von Crows Zügen, mal eine kindliche Weinerlichkeit. Die zerschlagenen Lippen zitterten, und ein kaum noch hörbares Murmeln drang aus dem zerstörten Mund. Hagenau beugte sich, tief über ihn.
    »Ich hab’s für dich getan, Mum, wie konnte das passieren?«, brabbelte die verzerrte, künstliche Stimme. »Ich hab’s für dich getan, Mum. Wie konnte das passieren?«, und immer wieder dasselbe: »Ich hab’s für dich getan, Mum, wie konnte das passieren…?«
    Verwirrt fuhr Hagenau hoch. Von einem Augenblick zum anderen begriff er, dass es doch ein Problem gab. Schaudernd wandte er sich ab und stand auf.
    Etwas fauchte hinter ihm, und er hob den Blick: Ein Drache richtete

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