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234 - Das Drachennest

234 - Das Drachennest

Titel: 234 - Das Drachennest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Rum’ols Herz krampfte sich zusammen. Ihre Strategie war klar: Sie wollten Xop’tul durch seine Schreie zermürben.
    Die Mar’osschlächter zerrten ihn durch den Gang zur Haupthöhle. Das schroffe Gestein scheuerte ihm den Rücken wund. Der Gestank verbrannter Schuppen und gebratenen Fleisches wurde intensiver. In der Haupthöhle ließen sie ihn neben einer Feuerstelle liegen. Das warme Licht der bionetischen Leuchtzellen schien heller hier. Flammenschein tanzte an den Wänden. Rauch staute sich unter der Höhlendecke. Von allen Seiten hörte Rum’ol Tropfen auf den Boden klatschen. Irgendwo aus dem Halbdunkeln plätscherte Wasser.
    Eine Zeitlang lag er dicht neben der Gluthitze des Feuers und hörte sie schmatzen und kauen. Bald glaubte er, sie hätten ihn vergessen. Manchmal flog ein Knochen in die Flammen, dann stieben Funken hoch; einige landeten in seinem Gesicht, auf seinen Schenkeln. Vorsichtig schob er sich ein Stück vom Feuer weg, denn die Hitze wurde unerträglich.
    Jemand packte ihn schließlich und riss ihn hoch. »Was machen wir mit ihm?«, zischte die Stimme einer Hydritin. Es war die Schlächterin, die Xop’tul gefangen genommen und in die Kerkergrotte geschafft hatte. »Wie bringen wir ihn zum Reden?«
    »Schauen wir doch erst einmal, ob er lauter schreien kann als seine hübsche Gefährtin«, antwortete ein anderer und hob eine Bratenkeule hoch. Die anderen feixten und grölten.
    Jetzt erst begriff Rum’ol: Es war Dag’ars Fleisch, was sie da verzehrten. Entsetzen und Ekel würgten ihn. Er kniff die Augen zu, um die Bratenstücke nicht sehen zu müssen. Grölend überboten sie sich in Vorschlägen, wie sie ihn quälen könnten, bevor sie auch ihn schlachteten und brieten. Wie Stiche mit glühenden Widerhakenpfeilen bohrten sich ihre Worte in sein Bewusstsein und verhakten sich darin; und ständig sah er Dag’ars energisches, gütiges Gesicht vor seinem inneren Auge. Er weinte still in sich hinein.
    »Wir machen es, wie wir es mit ihr am Schluss auch gemacht haben!«, rief die, die ihn festhielt – die anderen nannten sie Mag’uz. Durch einen Tränenschleier blinzelte er zu der Schlächterin hinauf.
    Die grölende Meute packte Rum’ol, hängte ihn mit dem Kopf nach unten an der Höhlendecke auf und errichtete einen Stapel aus Holz und dürrem Gras unter ihm. Kein Ton kam über seine Lippen.
    »Wartet!«, rief Kor’nak, ihr Anführer. »Wir holen den dritten Gefangenen und lassen ihn zusehen. Vielleicht lockert das seine Zunge schneller.«
    Rum’ol hatte viele grässliche Geschichten über die Mar’osschlächter gehört. Was er jetzt am eigenen Leib erleben musste, übertraf auch die finstersten Angstbilder seiner Fantasie.
    Drei Atemzüge später zerrten sie Xop’tul aus dem Gang und setzten ihn vor das aufgeschichtete Brennmaterial. »Wir werden deinen Meister jetzt braten«, erklärte ihm Kor’nak. »Schau es dir ganz genau an, denn auf dich kommt dasselbe zu, wenn du mir die Antworten auf meine Fragen auch ein drittes Mal verweigerst.«
    Xop’tul schluckte, und das Wasser lief ihm unaufhörlich übers Gesicht. Sein Scheitelflossenkamm hing ihm schlaff und graugrün vom Schädel. Die anderen grölten und feixten.
    Mag’uz fuhr herum und setzte das Messer unter Rum’ols Hals an.
    Da hob Kor’nak herrisch die Rechte. »Ruhe!« Wasser plätscherte, Schritte klatschten auf den Fels, drei Gestalten schälten sich aus dem Halbdunkel. »Da kommen Quo’pok und Ek’ba!« Kor’nak ging den Gestalten ein paar Schritte entgegen. »Und sie bringen doch tatsächlich Besuch mit!«
    Nacheinander erhoben sich alle und starrten die Neuankömmlinge an, auch Mag’uz. »Wen haben wir denn da?«, zischte sie.
    »Ist das der vierte entkommene Pflanzenkauer, Quo’pok?«, wollte Kor’nak wissen.
    »Nein, den hat Rynch gefressen.«
    »Wer ist es dann?«
    »Schwer zu sagen. Ek’ba hat ihn aufgespürt.« Der zweite neu angekommene Mar’osschlächter – es musste wohl Quo’pok sein – führte einen stämmigen Hydriten mit schwarz-rot gescheckter Schuppenhaut und doppeltem Scheitelflossenkamm in den Flammenschein des Feuers. »Er sagt, er heiße Agat’ol, und er behauptet, er sei ein Verehrer des göttlichen Mar’os’.«
    »Und?« Kor’nak umkreiste den mit dem Doppelkamm. »Ist er’s?« Durch einen Schleier aus Tränen sah Rum’ol, wie der dritte Neuankömmling ans Feuer trat, eines der dort abgelegten Fleischstücke packte und hinein biss. Rum’ol schloss die Augen und kämpfte einen

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