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234 - Das Drachennest

234 - Das Drachennest

Titel: 234 - Das Drachennest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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sich hoch über ihm auf einer Felskante auf, ein riesiges Ungetüm mit grausam spitzen Zähnen.
    Hagenau brüllte vor Entsetzen. Er hatte ja nicht einmal gewusst, dass es so ein Biest überhaupt gab. Er machte kehrt und wollte in den Gleiter klettern – doch die Luke war verschlossen. Er rannte unter dem Gleiter hindurch, lief so schnell seine Beine ihn trugen; kaum spürte er den Boden noch unter den Füßen.
    Ein dumpfes Dröhnen erfüllte plötzlich die Welt, die Erde bebte, Steinschlag ging nieder und erwischte auch den Gleiter wieder. Hagenau sah zurück: Der Drachen war von der Felskante gesprungen. Jetzt erhob er sich aus einer Staubwolke. Die Bestie duckte sich zum Sprung auf den Gleiter – der legte gerade einen Blitzstart hin. Der Drachen sprang ab, schlug nach dem Gerät, verfehlte es knapp. Er sprang erneut ab, diesmal höher, und schlug mit dem Schwanz nach dem Gleiter. Diesmal traf er ihn, und das Fluggerät kam ins Trudeln.
    Hagenau wandte sich ab – nur nicht zuschauen müssen, wie der Gleiter abstürzte! Nur nicht die einzige Rückfahrkarte nach Waashton explodieren sehen!
    Er hörte Metall über Stein schliddern und spürte, wie der Boden unter seinen Füßen vibrierte. Eine Felsspalte öffnete sich vor ihm, er huschte hinein. Die Schreckensvision, für den Rest seines Lebens auf dieser Insel leben zu müssen, raubte ihm schier den Atem.
    Die Felsspalte stieg an, wurde zu einem Serpentinenpfad, und Hagenau rannte und rannte, bis er nicht mehr konnte. Mit rasendem Herzen und stechender Lunge blieb er schließlich im Geröll liegen. Links und rechts stiegen Wände steil an. Der schmale Ausschnitt des Himmels, den er über ihnen erkennen konnte, war schon dunkel.
    ***
    Es roch nach verbrannten Schuppen und gebratenem Fleisch. Sein Herz klopfte ihm gegen das Brustbein, seine Kiemendeckel zitterten, seine Glieder zuckten. Obwohl jenseits des schmalen Ganges zwischen Kerkergrotte und Haupthöhle Dag’ar längst verstummt war, gellten ihre Schreie noch immer in Rum’ols Gehörgängen.
    Neben sich spürte er die Hitze von Xop’tuls zitterndem Körper. Er hörte den hechelnden Atem des Jüngeren, der sich dicht an ihn gedrängt hatte. Rum’ol hätte nicht sagen können, wie viel Zeit vergangen war, seit die Schlächter die arme Wissenschaftlerin geholt hatten. Jegliches Zeitgefühl hatte ihn verlassen. Hatte Dag’ar die ganze Nacht über geschrien? Oder gar zwei Nächte lang?
    Schritte näherten sich, Körper schoben sich durch den schmalen Gang der Kerkergrotte entgegen. Xop’tul hörte auf zu hecheln und zu zittern. Rum’ol spürte, wie der Jüngere ganz steif wurde. Er wollte ihm etwas Ermutigendes sagen, doch kein Wort kam ihm über die Lippen.
    Drei Mar’osschlächter bückten sich in die Grotte. Der Anführer war unter ihnen. »Sie hat eine Menge erzählt, habt ihr sie zufällig gehört?« Kor’nak – so nannten die anderen ihn – feixte böse. »Nur das, was ich hören wollte, hat sie nicht gesagt.« Mit einer Kopfbewegung deutete er auf Rum’ol. »Nun zu dir, Pflanzenkauer! Du bist doch der Meister dieses dekadenten Gesindels, habe ich recht?«
    »Ich bin der Kommandant der Expedition, das stimmt«, antwortete Rum’ol.
    »Sieh an, sieh an – der Pflanzenkauer redet!« Kor’nak trat neben Rum’ol und setzte ihm den Fuß auf die Brust. »Hat ihr Gebrüll dir die Zunge gelöst, was? Dann lass ihr einfach weiterhin freien Lauf und gönn dir einen schnellen Tod. Erzähl mir, wer euch geschickt hat, was man im Neun-Städte-Bund über uns weiß, und so weiter.«
    Rum’ol antwortete nichts mehr.
    »Und unser junger Freund?« Kor’nak ging um Rum’ol herum und setzte Xop’tul den Fuß auf die Brust. »Hat er nun Lust bekommen zu reden? Oder will er lieber noch eine Nacht lang Gebrüll hören? Wir haben Kriegerinnen unter uns, die sind ganz scharf darauf, sich eingehender mit der Anatomie deines Meisters zu befassen.«
    Xop’tul blieb stumm.
    »Wie ihr wollt.« Kor’nak gab den anderen beiden einen Wink, ging zum Durchgang und blieb dort stehen. Die beiden Mar’osianer packten Rum’ol bei den Fußfesseln und schleiften ihn über den schroffen Felsboden aus der Grotte.
    »Nicht!«, hörte Rum’ol den jungen Xop’tul rufen. »Nehmt mich! Lasst Rum’ol in Ruhe, nehmt mich! Macht mit mir, was ihr wollt…!«
    »Kannst es gar nicht mehr erwarten, was?«, höhnte die raue Stimme des Anführers. »Alter vor Schönheit, junger Freund. Bei uns herrschen noch die guten alten Sitten.«

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