2344 - Die Rebellen von Trakarat
auf.
Er verlor das Gleichgewicht, klammerte sich an den Ständer, riss ihn mit sich. Fast zeitgleich prallten sie gegen den Boden.
Zum Glück handelte es sich um eine dicke, weiche Schicht Polyäthylen. Der Ständer fing die Wucht des Sturzes zu einem großen Teil ab, was für ein Glück. Nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn das Gespinst zerriss oder Sprünge bekam.
Amba Vatony tastete um sich. Er sah die Umgebung nur undeutlich. Schwerfällig erhob er sich auf die Knie. In seinem Kopf tobte der Schmerz, ein unkontrollierbarer, mentaler Schmerz. Nach einer Weile ließ er endlich nach. Gleichzeitig kehrte seine Sehfähigkeit zurück.
Misstrauisch beäugte Vatony das Gespinst.
Der violette Ton hatte sich intensiviert. Als er jetzt die Augen schloss und sich auf das IPEV-Psikolon konzentrierte, sah er es in allen seinen winzigen Verästelungen. Es pulsierte. Mentale Ströme flossen durch die kristallinen Strukturen. Er konzentrierte sich auf eine Stelle, versuchte den Strom mit seinen Gedanken festzuhalten.
Die violetten Farben öffneten sich wie die Blüte einer Blume. Eine völlig neue, fremde Welt tat sich vor ihm auf. Er stürzte kopfüber hinein, sah die helleren und dunkleren Stränge vorbeirasen. Weit entfernt in Richtung seines Sturzes gähnte ein schwarzer Abgrund, eingerahmt von grellblauem Wabern. Er versuchte das Gleichgewicht zuhalten, schaffte es aber nicht. Sich überschlagend fiel er in die unergründlichen Tiefen des Gespinsts hinein.
Es ist nicht real!, schärfte er sich ein. Du unterliegst einem parapsychischen Phänomen!
Als er sich dessen bewusst wurde, verlangsamte sich sein Sturz, bis sein Körper schließlich zum Stillstand kam. In seinem Kopf dröhnte und hämmerte es noch immer wie in einer altertümlichen Waffenschmiede. Er suchte nach einer Erklärung und fand sie im unnatürlich übersteigerten Rauschen des Blutes in seinen Ohren.
Das IPEV-Psikolon verstärkte jede mentale Wahrnehmung.
Endlich spürte Vatony wieder den Boden unter sich. Er schälte sich aus dem hautengen Anzug, der an zahllosen Stellen zupfte, als hätten sich feine Fäden in die Haut des Trägers gebohrt. Hastig warf er das Ding über den Ständer, riss seinen Umhang an sich und floh in den Aufzug.
Als seien alle Teufel des Universums hinter ihm her, rannte er durch den Bunker und die Treppe hinauf in sein Haus. „Nie mehr", murmelte er. „Nichts und niemand bringt mich wieder in diesen Overall. Lieber sterbe ich."
Nach und nach beruhigten sich seine geschundenen Nerven. Die jedem Báalol eigene Ruhe und innere Ausgeglichenheit kehrte zurück. Diese herausragende Eigenheit seines Volkes erhielt in seinen Gedanken mit einem Mal eine feste Bedeutung, geknüpft an das Erlebnis mit dem Gespinst, das auf dem Overall lebte.
Gleichzeitig erwachte in ihm eine nie gekannte Faszination, die sich innerhalb weniger Atemzüge in einen Rausch steigerte, aber nur kurze Zeit anhielt. Er versuchte es mit Duschen, aber die erfrischende und belebende Wirkung blieb aus.
Erschöpft und deprimiert wankte er in die Schlafräume, wo Kalvare ihn erwartete.
Sie erkannte seine Verwirrung auf den ersten Blick, nahm ihn einfach in den Arm und zog ihn auf die Seidenlaken. „Du hast es also getan." Sie fing an, an seinem Ohr zu nagen. „Du Tapferer!"
„Es war furchtbar", murmelte er. Entsetzt lauschte er in sich hinein. Seine Gedanken sagten ihm etwas anderes als das, was ihm soeben über die Lippen gekommen war.
Kalvare sah ihn ernst an, fast unterkühlt.
Dann lächelte sie einen winzigen Augenblick lang. „So ist es am Anfang immer", meinte sie mit Nachdruck in der Stimme. „Du musst Tag und Nacht trainieren. Dein Vater hat in den letzten Tagen vor seinem Tod viel fantasiert. Unter anderem sprach er von einem Prozess des Anpassens und Justierens."
Amba Vatony richtete sich ruckartig auf. „Ich denke, du hast Recht. Das Gespinst muss sich auf seinen Träger einstellen, damit die Zusammenarbeit reibungslos funktioniert. Nur ein echter Báalol steht das durch."
Er sog sich mit den Lippen an ihrem Hals fest, während seine Hände über ihren Körper glitten. Kalvare gab ihm die Kraft und den Mut, das Wagnis einzugehen, und er bedankte sich mit einer fast endlosen Liebesnacht.
*
Der Shista-Kerennu fand außerhalb Báalthooms statt, in einer Siedlung aus kleinen Naturhäusern. Im Zentrum der Siedlung hatten findige Architekten in der Post-MonosÄra ein Versammlungshaus mit einem grasbewachsenen Dach errichtet,
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