2344 - Die Rebellen von Trakarat
Bodenniveau des Jeqaph-Sees.
Um das Gewölbe zu öffnen, benötigte Amba Vatony mehrere Kodes und alte Ritualtexte, die jeweils mündlich vom Vater an den ältesten Sohn überliefert wurden. Zum zweiten Mal in seinem Leben stand er Augenblicke später unter der von Batterielampen erhellten Kuppeldecke.
Es ist unbeschreiblich schön und faszinierend! Sein Eindruck vom ersten Besuch wurde jetzt noch intensiver und durchdringender. Aber auch gefährlich - und tödlich!
*
Der einzige Inhalt des Gewölbes bestand aus zwei mit einer Querstange verbundenen Ständern. An ihr hing auf einem Spannbügel der Anzug. Eigentlich war es ein Overall, also ein einteiliges Kleidungsstück. Es leuchtete blauschwarz und war von einem violett glitzernden Gespinst überzogen.
Amba Vatony trat ehrfürchtig näher.
Keiner seiner Vorfahren schien gewusst zu haben, wie alt der Anzug war. Die Herstellung des IPEV-Psikolons - des Gespinsts - zählte zu den bestgehüteten Geheimnissen der Báalols seit vielen Jahrtausenden, gehütet von wenigen Wissenden unter dem Schweigezwang des Keranabáa. Nur sie vermochten dieses Spezialmaterial auf Hyperkristallbasis herzustellen.
Angesichts dieses Schatzes kam sich Amba Vatony klein und unbedeutend vor. Ein paarmal ging er um den Ständer herum, ehe er zaghaft eine Hand nach dem Kleidungsstück ausstreckte.
Das Gespinst fühlte sich kühl an. Seine Temperatur lag deutlich unter der Raumtemperatur. Sinnend strich der Báalol mit den Fingerkuppen darüber. Nach einer Weile überwand er sein Unbehagen. Er ließ seinen Umhang zu Boden gleiten und griff entschlossen nach dem Bügel.
Vorsichtig wie ein rohes Ei nahm er ihn herunter. Der Bügel schien sich zwischen seinen Fingern in ein klobiges, sperriges Möbelstück zu verwandeln, das den Schatz auf keinen Fall hergeben wollte.
Endlich schaffte er es doch. Vorsichtig stieg er hinein, schlüpfte in die Arme, glättete den Anzug an den Schultern und Oberarmen. Die Verschlussleiste auf der Vorderseite reagierte wie magnetisch.
Fasziniert sah er zu. wie die Naht sich schloss und verschwand. als habe es sie nie gegeben.
Wie öffne ich den Anzug? Er wischte den Gedanken zur Seite. Alle Träger vor ihm hatten es geschafft, also auch er.
Amba Vatony, letzter Spross von A-Ophos, fragte sich zum ersten Mal in seinem Leben, wem er den IPEV-Psikolon-Anzug dereinst vererben würde. Ein Báalol ohne Nachkämmen war wie ein Stern ohne Planeten oder ein Planet ohne Leben.
IPEV-Psikolon, die größte Kostbarkeit der Báalols.
Erst einmal hatten sie das Geheimnis anderen eröffnet, im Kampf gegen die Katamare des Reichs Tradom, als Unterstützung für die arkonidische Mascantin Ascari da Vivo. Damals ... und seitdem nie wieder.
Selbst für die Báalols barg das IPEV-Psikolon noch immer viele Geheimnisse.
Vatony schloss die Augen. Seinen parapsychischen Fähigkeiten mangelte es an der nötigen Übung. Dennoch spürte er ein leises Knistern in seinem Kopf, ein Geräusch, das sich nicht über die Ohren in das Gehirn übertrug. Es handelte sich um eine mentale Wahrnehmung, die ihn an die Zeit der Pubertät erinnerte, als seine Begabung schubartig hervorgetreten und gewachsen war Der Báalol spreizte die Finger, legte die Handflächen auf den Brustteil des Anzugs.
Das Gespinst prickelte auf der Haut. Nach einer Weile spürte Vatony schwache Energien, die durch die Haut drangen, zu den Handgelenken und in die Arme liefen.
Er nahm die Hände weg, ging mit sich zu Rate. Eine Gefahr für Leib und Leben könnte es nicht geben, das hätten die Báalols der alten Schule gewusst.
Tu es, bevor es zu spät ist!
Entschlossen stellte er den Handflächenkontakt zum Gespinst wieder her. Diesmal spürte er Wärme. Es war, als liefen dünne Metallfäden in seinen Fingern und den Armen, die sich erhitzten: Es tat nicht weh, war nicht einmal unangenehm.
Die Temperatur pendelte sich ein paar Grad über der Körpertemperatur ein, das war alles.
Ich bin Amba Vatony A-Ophos, dachte er intensiv. Vielleicht half es, wenn er sich identifizierte. Im nächsten Augenblick lachte er laut und unbeherrscht. Das IPEV-Psikolon wirkte als Verstärker der eigenen Kräfte. Es besaß kein eigenes Bewusstsein und keinen Positronikspeicher. Ein paramechanisches Gespinst war es, ein kunstvolles Werk aus Hyperkristall, mit dem im Einsatz das Bewusstsein des Trägers verschmolz.
Nicht mehr und nicht weniger.
Stechender Schmerz jagte übergangslos durch seinen Schädel. Vatony schrie
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