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235 - Auf dem sechsten Kontinent

235 - Auf dem sechsten Kontinent

Titel: 235 - Auf dem sechsten Kontinent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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voller Familienstärke. Hebt euch euren Hunger auf, Kinder! Wir werden die Gastfreundschaft Juris bis zum Letzten ausnutzen.«
    7.
    Der Franke
    Von dem hutzeligen Weib ging etwas ganz Besonderes aus. Eine erotische Wirkung, die Matt ihr Alter nahezu vergessen ließ. Die beiden Frauen, die sich links und rechts von ihr aufstellten und ihn mit interessierten Blicken musterten, waren unzweifelhaft Tochter und Enkelin. Dasselbe lockige Haar, dasselbe zarte Gesicht, eine makellose Figur, stolze und aufrechte Haltung – und Blicke, die ihn zu durchleuchten schienen. Sie erweckten Gefühle in Matt, die er normalerweise für Aruula reserviert hatte.
    »Reiß dich gefälligst am Riemen, wenn du den heutigen Tag überleben willst!«, zischte ihm seine Begleiterin zu. »Dir trieft bereits der Sabber aus den Mundwinkeln.«
    Matt nickte mechanisch, konnte die Blicke aber dennoch nicht von den Neuankömmlingen abwenden.
    Das junge Geschöpf, die vierte Frau in dieser Ahnenreihe, übertraf in ihrer sinnlichen Ausstrahlung jene der Älteren nochmals deutlich. In ihren Augen spiegelte sich Unschuld wider, und eine seltsame Traurigkeit. Sie hielt sich eng neben dem unförmigen Riesen, als schenkte er ihr all die Kraft, die sie benötigte.
    »Ich bin Nanette Gadget.«
    Matt konzentrierte sich auf die Greisin, das Familienoberhaupt. Sie trippelte auf ihn zu und reichte ihm die zitternde Hand.
    »Ich und meine Familie haben soeben von deiner Ankunft erfahren, und als Älteste der Siedlung konnte ich es mir nicht nehmen lassen, den mysteriösen Mann aufzusuchen, der von jenseits des Riffs gekommen ist.« Aruula schenkte sie keinen Blick. Nanette tat so, als wäre Matts Gefährtin gar nicht vorhanden. Sie wandte sich stattdessen Juri zu: »Du findest doch sicherlich ein Plätzchen für mich und meine Familie? Uns hungert und dürstet. Wenn du willst, geht dir Anette zur Hand, während du die Tische deckst.«
    Juri, der so stark und selbstbewusst wirkende Mann, blickte verlegen zu Boden. Leise antwortete er: »Ja, natürlich«, und in Begleitung der zweitjüngsten Blondine ging er ab, in Richtung der Vorratskammer.
    René war blass geworden, so blass wie ein Leintuch. Ringsum wurde getuschelt, doch niemand fand laute Worte für das respektlose Verhalten der Familie Gadget, deren Mitglieder es sich auf einer der provisorisch errichteten Langbänke bequem machten.
    »Du musst die schlechten Manieren meiner Kinderchen verzeihen«, sagte die Alte und nahm Matt beiseite, drängte sich geschickt zwischen Aruula und ihn. »Sie kommen nur selten mit anderen Menschen in Berührung. Aus irgendeinem Grund werden sie von den Schelfländern gemieden – zumindest die meisten von ihnen.« Sie kicherte, zeigte ein zahnloses Lächeln und wechselte dann abrupt das Thema: »Gefällt dir meine Enkelin, Anette? Oder gar Nimue, mein jüngster Augenstern?«
    »J… ja.« Warum wurde er rot, warum kribbelte es plötzlich in seinen Lenden? Warum wich er den prüfenden Blicken Aruulas aus, die nur wenige Schritte entfernt stand, die Hände voll Empörung in die Hüften gestützt?
    »Du bist ein stattlicher Mann«, schmeichelte ihm die Alte. Sie berührte seinen Bauch, tastete die Muskeln ab, seufzte sehnsüchtig. »Wenn ich ein wenig jünger wäre, würde selbst ich… aber das tut nichts zur Sache.«
    Matt schloss die Augen, konzentrierte sich. Die Schwäche, die er fühlte, ließ ein wenig nach: »Bevor irgendwelche Missverständnisse aufkommen«, sagte er leise, »ich bin in Begleitung einer der bezauberndsten Geschöpfe dieses Erdballs unterwegs. Mir liegt nichts ferner, als Aruula in irgendeiner Form zu hintergehen.«
    »So, so, mein Großer.« Wieder grinste die Alte. »Ich mag widerborstige Männer, musst du wissen, und Anette ebenso. Sie hat eine ganz besondere Meisterschaft darin entwickelt, das zu bekommen, was sie will. Und bis heute hat sie ihr Ziel noch immer erreicht.«
    Die Kraft, die von der Alten ausging, war atemberaubend. Unsichtbare Finger griffen nach Matt, bohrten sich in seinen Kopf, nisteten sich dort ein und brachten böse Gedanken zutage. Solche, die von Verrat und Betrug handelten, von ungeahnter Lust – und zugleich seinen Widerstand zu schwächen versuchten.
    »Wir werden die Gastfreundschaft der Rozhkois bis zum Ende der Feier in Anspruch nehmen«, fuhr das Weiblein leise fort. »Wenn es ruhig wird und wenn alles schläft, wirst du an uns denken. An jede Einzelne von uns. Du wirst das bemalte Mannsweib an deiner Seite vergessen,

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