2353 - Requiem für einen Mond
Die Kolonie konnte als Auffanglager dienen - wenn sie sie erreichten.
Es war das, was er in seinem Leben noch tun konnte. Er spürte, dass er und Taje nichts gegen das auszurichten vermochten, was die Kolonne hier tat. Aber 287 Leben waren 287 Leben und 287 gute Gründe, sein Letztes zu geben - und sollte er selbst dabei draufgehen.
Sie begannen mit der Evakuierung des Wracks. Elena rief die Akonen zusammen, die noch selbst laufen konnten. Es waren nicht viele, vielleicht fünfzig, aber diese wenigen zögerten keinen Augenblick und machten sich sofort daran, die Kranken zu holen und transportfähig zu machen.
Die Akonen begannen unter Elenas Leitung mit dem Auszug aus ihrem stählernen Grab. Jere führte sie und zeigte ihnen den Weg zur Transmitterstation. Die Gesunden konnten die Strecke zu Fuß zurücklegen. Die anderen wurden von ihnen transportiert.
Dennoch kamen nur 254 Männer und Frauen lebend in der Station an. Und von Taje Karoon-Baal gab es kein Zeichen, keine Spur, kein Signal.
Jere wartete, stundenlang, während seine Kräfte genauso schnell schwanden, wie seine Hoffnung schrumpfte. Nein, Taje würde nicht mehr kommen. Von Minute zu Minute war es unmöglicher. Jere und die Leute von CROFON-4 waren wie Insekten, die sich im Höllensturm der entfesselten, unbegreiflichen Gewalten bewegten, langsam vorankrochen, sich schleppten und quälten. Der Weg vom Wrack bis zur Station, nur wenige Kilometer, schien zur Reise von einer Welt zur anderen zu werden. Dennoch war er nur kurz...
Was war mit Karoon-Baal geschehen? War er verunglückt? Er blieb verschollen in dem Chaos aus tobenden Energien, chaotischem Himmel und einer verrückt gewordenen Welt. Jere baute auch körperlich ab und begann zu fantasieren.
Er sah blutige Klauen und Krallen aus dem Geflacker auftauchen, das ihm den Atem nahm. Er glaubte dämonische Grimassen am Himmel zu sehen, riesengroß, lachend.
Die Welt um ihn herum verwandelte sich in einen Irrgarten seiner eigenen kranken Fantasie. Er versuchte, sich zusammenzureißen, doch es fiel mit jeder Minute schwerer.
Und jetzt stand er verkrümmt am Eingang der Transmitterstation und winkte die letzten Akonen herein, ohne zu Wissen, was seine Hände taten. Elena, die ebenso tapfer kämpfte, aber nicht minder am Ende war, blieb bei ihm. „Was erwartet uns auf Drorah?", fragte sie.
Er fand keine Worte. Er suchte das tobende Chaos nach Taje Karoon-Baal ab.
Mittlerweile konnte man keine hundert Meter mehr weit sehen. Taje kam nicht.
Die Zeit schlich sich davon wie ein Dieb in der Nacht, ein zum Verräter gewordener Verbündeter. Auch sie ließ sie im Stich.
*
Und endlich waren auch die Letzten verschwunden. Nur Elena Doraan war noch bei ihm. Jere tan Baloy lehnte kraftlos an einer Wand und war nicht sicher, dass er selbst den Weg bis zum Transmitterkäfig schaffen würde.
Und noch etwas musste er tun.
Er konnte zwar hoffen, dass die Kolonnen-Truppen infolge des Energiechaos auf Xölyar die Transmitter-Aktivität nicht geortet hatten, aber er wusste, dass er sich darauf nicht verlassen durfte. Niemand wusste, welche Mittel der Kolonne zur Verfügung standen. Um ganz sicherzugehen, musste er die Station sprengen. Taje hatte ihm die Selbstvernichtungsschaltung gezeigt und wie man sie bedienen konnte. Er musste sie aktivieren, bevor er mit Elena in den Käfig trat.
Wenn er es überhaupt konnte. Und durfte.
Taje kam nicht. Es war verrückt zu warten.
Es gab keinen vernünftigen Grund, auf ihn zu hoffen. Es war vorbei. Taje Karoon-Baal war tot. Wenn er etwas tun konnte, dann hoffen, dass er schnell gestorben war und nicht den Kreaturen der Hölle in die Hände gefallen. „Ich habe noch eine Injektion", sagte Elena. Er hörte sie ganz schwach, obwohl sie bei ihm stand und seinen Arm hielt. „Ich werde sie mir nicht mehr geben, aber du ... dich könnte sie noch einmal aufrichten. Du musst uns nach Echnaricoll bringen. Die anderen warten. Keiner von uns kann das tun ..."
Sie verabreichte ihm die Dosis. Es war, als bekäme er einen elektrischen Schlag, der alle brachliegenden Systeme seines Körpers noch einmal hochfuhr. Er fühlte sich kräftig, konnte wieder denken - und empfinden. Die ganze Verzweiflung schlug über ihm zusammen wie ein tobendes Meer. „Komm!", sagte er zu der alten Akonin. „Es hat keinen Sinn mehr."
Und als sie seine Hand nahm und sie sich umwenden wollten, hinein in die Station, endlich weg aus einer nicht mehr für Akonen gemachten Welt, tauchte Taje
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