2369 - Quartier Lemurica
verstärkt um ihre eigenen Karrieren gekümmert..
Es war nicht leicht, den Status im Rahmen der Priesterschaft zu behalten, geschweige denn einen Aufstieg in die Sphären eines Ordin-Priesters zu schaffen. Intrigen und Kämpfe um hierarchische Spitzenplätze waren an der Tagesordnung. „Wir könnten, bevor wir die Hausaufgaben erledigen, noch Karten spielen", schlug Aheun vor. „Keine Chance, Dickerchen! Wir sind im Lehrplan ohnehin hintennach. Nächstes Jahr beginnen die Abschlussprüfungen."
„Du schaffst das locker; da mach ich mir keine Sorgen."
„Ich muss dich ja auch noch mitschleppen - und das bei deinem Gewicht."
„Sooo fett bin ich auch wieder nicht. Da - greif mal."
„Na ja, hast recht. Das fühlt sich zwar ein wenig schwabbelig an, ist aber nicht unangenehm."
„He, hör auf; du kitzelst!"
„Und das gefällt dir, stimmt's?"
„Vielleicht sollten wir gemeinsam ein paar Kalorien verbrennen?"
*
„Ich fühl mich nicht besonders wohl."
Aheun drückte sich mühsam in die Höhe.
Er betrachtete Calazis nackten Körper und bemühte sich zu beurteilen, was er für das schlanke Mädchen empfand. Nein. Er liebte sie nicht. Er mochte sie, und der Sex mit ihr bereitete ihm Spaß.
Darüber hinaus verstanden sie sich gut; wahrscheinlich deshalb, weil ihre Interessenlagen so unterschiedlich waren und sie einander kaum einmal in die Quere kamen.
Calazis Ehrgeiz würde sie einmal weit hinaufführen; möglicherweise in den Rang eines Ordin-Priesters. Die Schwierigkeit, diesen Weg bis zum Ende zu gehen, bestand allerdings darin, nicht vorzeitig einem „Unfall" zum Opfer zu fallen. Neid und Missgunst hielten den Konvent fest im Griff. Bereits sechs- oder siebenjährige Adepten lernten, gegeneinander zu intrigieren.
In Aheuns Magen rumorte es gewaltig.
Anscheinend hatte er es mit der Völlerei übertrieben.
Er blickte auf die Uhr. „So spät schon?
Hoch mit dir - wir kommen zu spät zum Nachtunterricht!"
Das Mädchen riss die Augen auf, schüttelte den Kopf, war von einem Moment zum nächsten da. Mit bewundernswerter Geschwindigkeit raffte sie ihre Kleidung an sich, schlüpfte in die Schülerkombination, hüpfte auf einem Bein in die Nassräume, kam gleich darauf wieder herausgeschossen, griff nach den Lehrunterlagen, fuhr sich zweimal durchs Haar - und war fertig, noch bevor Aheun seinen Gewandstrick verknotet und den braunen Spitzhut eines Adepten in die vorschriftsmäßige Form gebracht hatte.
Calazi zog ihn mit sich, hinab in den Gang zur Studienkaverne. Ein erster Mahngong ertönte. Das würden sie niemals rechtzeitig schaffen! Achwelatze Dong, der Priester für Ordenskunde, würde ihnen weitere Stunden Nachsitzen aufbrummen. „Da hinein!" Calazi Matmu schob ihn in einen dunklen Seitengang, der für Service-Robtrix reserviert war. „Das ist der falsche Weg!", protestierte Aheun. „Vertrau mir."
Sie griff in Kopfhöhe an eine der Service-Stangen. Hier aktivierte man Rufvorrichtungen, befahl die Robtrix herbei oder schaltete ganz profan die Lichtleisten an. Aber warum tastete Calazi an die Rückseite der Stange? Was suchte sie dort?
Ein schmales Wandteil glitt geräuschlos zur Seite. Schwaches Licht flackerte dahinter auf. Treppen führten einen schmalen Weg hinab in die Tiefe. „Komm schon!" Neuerlich schubste ihn Calazi vorwärts. „Wo sind wir?", fragte Aheun. „Das ist sicherlich verbotenes Terrain."
Er fühlte ein unangenehmes Kribbeln im Bauch. Stammte es von seiner Magenverstimmung, oder spürte er Angst? „Kannst du dich etwa an irgendein Verbot erinnern? Wir sind in einem Servicebereich der unterirdischen Anlagen: Jetzt rechts - und ein bisschen Tempo!"
Der Gang teilte sich. Der rechte Weg führte eben dahin, der andere noch tiefer hinab in die Eingeweide von Quartier Lemurica. „Hier geht's nicht mehr weiter." Aheun blieb stehen, blickte ratlos nackte Wände an.
Das hoch aufgeschossene Mädchen presste sich an ihm vorbei, tastete mit den Fingern eine kaum sichtbare Kante entlang - und ein Teil des Gemäuers glitt still beiseite.
Sie befanden sich im hinteren Teil der Kavernen-Garderoben. Dort, wo allerlei unsinniges Zeugs aufbewahrt wurde, mit dem niemand mehr etwas anzufangen wusste.
Der zweite Mahngong. Laut, drängend, enervierend.
Sie huschten hinter der Trennwand hervor, mischten sich unter die anderen Adepten, die ebenso wie sie ein wenig zu spät dran waren, und warfen sich die rituellen Talare der Lernenden über. Niemand achtete auf sie.
Sie schafften
Weitere Kostenlose Bücher