2369 - Quartier Lemurica
verfügen, sollte keinesfalls in die falschen Hände geraten.
Du wirst alles viel besser und klarer erkennen, sobald du meine Nachfolge antrittst. Und jetzt genug der schönen Worte. Ich möchte dich bitten, dich wieder mit deinen Rezepten zu beschäftigen.
Glaubst du, uns übermorgen eine deiner köstlichen Variationen eines Strankalan-Salats kredenzen zu können?
10.
Die Nagigal-Sonnen waren nicht zu sehen.
Sturm zog über die Felder, der Himmel vergoss schwere Tränen, als Abamäus Zott im Friedenhof des Quartier Lemurica begraben wurde.
Aheun Arcalotz stützte sich schwer auf Calazis Schulter. Er weinte während der kurzen- und uninspirierten Zeremonie.
Kaum einer der Redner wagte es, allzu persönliche Worte über den riesenhaften Ordin-Priester zu verlieren. Selbst in diesen Momenten vermeinte Aheun all die Missgunst zu spüren und zu riechen, die in der Gesellschaft der Priester eine derart dominante Rolle spielte. „Du wirst die Aufgabe ebenso gut wie Zott erledigen", flüsterte ihm Calazi nach dem Ende der Trauerfeier zu. „Er hat dir vertraut. Er wollte stets, dass du in seine Fußstapfen trittst."
„Man hat ihn umgebracht." Aheun schnäuzte sich lautstark in ein Taschentuch, wischte sich die Tränen aus den Augen. „Er war der Beste, der jemals dieses Amt innehatte; wahrscheinlich war er auch der tüchtigste und vernünftigste Ordin-Priester. Er ließ sich niemals von Sim Avalank vereinnahmen und hat stets eine eigene Meinung vertreten. Er zeigte Mut. Tapferkeit, die ich niemals aufbringen werde ..."
„Natürlich wirst du das." Calazi zog ihn mit sich, hinein in eine der Kantinen. „Bis jetzt bist du noch immer mit der Aufgabe gewachsen. Auch diesmal wirst du es schaffen."
Allerorts herrschte hektische Betriebsamkeit. Sie zogen sich in einen kleinen Nebenraum zurück.
Aheun blickte sich vorsichtig um. Hatte sie jemand beobachtet? Nein. Alles verlief nach seinen Vorstellungen. Mindere Priester und Helfer des Kobels trafen letzte Vorbereitungen für einen Trauerschmaus, wie ihn das Quartier Lemurica niemals zuvor gesehen hatte.
Dies war er seinem Vorbild schuldig.
Abamäus Zott war ihm nicht nur Berater und Förderer, sondern auch väterlicher Freund gewesen. Es war nur recht und billig, dass ihm zu Gedenken heute feinstes Safarin-Gulasch kredenzt wurde. „Der Kobel ist mein Reich", sagte Aheun leise. „Überall sonst fühle ich mich unwohl und fehl am Platz. Die Ratssitzungen, denen ich während der letzten Jahre beiwohnen musste, waren eine einzige Qual. Wenn ich daran denke, dass ich mich nun ebenfalls in den Ordin-Talar zwängen und zu den Worten des Obersten pflichtgetreu nicken muss, wird mir übel."
„Die Dinge werden sich bald ändern."
Calazi Matmu setzte sich neben ihn. Ihr Körper dampfte. Sie sandte sexuelle Botenstoffe aus; bewusst oder unbewusst. „Sim Avalank ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Auch er wird dieses Jahr begraben werden."
„Und du willst ihn beerben?"
Calazi zögerte, nickte schließlich. „Warum soll ich es vor dir verheimlichen? Es war schon immer mein Wunsch, mit der lautesten Stimme im Ordin sprechen zu können. Und ich denke, dass ich mit den Ratsmitgliedern in Adur Bravuna wesentlich besser verhandeln kann, als es Avalank jemals vermochte."
„Wie ... wie ist es im Ordin?", fragte Aheun stockend. „Wir haben noch niemals über dieses Thema gesprochen. Ich respektierte deinen Wunsch, die alten Geheimnisse zu wahren, und wollte dich niemals in einen Gewissenskonflikt mit deinem Ordin-Eid bringen. Aber nun, da meine Berufung kurz bevorsteht, könntest du mir ruhig sagen, was mich in Zukunft erwartet."
Calazi lehnte sich zurück. Ihr Geruch, der von Lüsternheit und Leidenschaft geprägt worden war, änderte sich von einem Moment zum nächsten. „Ich bin nicht befugt, darüber zu sprechen. Seit drei Jahren sitze ich bereits im Ordin. Ich musste meine Affäre mit dir tunlichst geheim halten, um nur ja nicht in den Verdacht zu geraten, die wichtigsten Mysterien der Priesterschaft an einen ...
Unwürdigen zu verraten." Sie lächelte Aheun an, heischte sichtlich um Verständnis. „Es geht um Wissen und Dinge, die die Basis unserer Existenz und Unabhängigkeit sind. Niemand, der nicht zum Ordin gehört, darf darüber Bescheid wissen. Dieses Versprechen habe ich abgegeben, und daran halte ich mich."
„Ich verstehe." Aheun ,lächelte müde. „Es sind bloß noch ein paar Tage. Dann wirst du zum Nachfolger Zotts bestimmt und in den
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