2370 - Die Milliardenstadt

verschlingenden Maul auftauchten. „Icho Tolot und ich kennen uns bereits seit Ewigkeiten. Ich habe die Ehre, ihn meinen Freund nennen zu dürfen. Es würde mich freuen, wenn auch ihr ihm euren, Respekt erweist. Er mag der Nachfahre jener Schwarzen Bestien sein, die ihr aus euren Erzählungen und Schauermärchen kennt - aber in erster Linie ist er Verbündeter und Gefährte."
    Die Raphanen drängten sich in eine Ecke, redeten lautstark und aufs Höchste erregt durcheinander. Dies waren die entscheidenden Momente. Nun würde sich entscheiden, ob eine friedliche Zusammenarbeit möglich war - oder ob wir uns das Wissen um die Weiterreise erkämpfen mussten.
    Ein Schrei ertönte. Eine der beiden großen Frauen griff zu der Waffe in ihrem Hüftbund, zog, entsicherte, legte an - und feuerte.
    Du Narr!, schalt mich der Extrasinn. Ich habe dich davor gewarnt, ein derartiges Allesodernichts-Spiel zu wagen..
     
    4.
     
    Das Erwachen erschien ihm genauso schmerzhaft wie das Hineingleiten in die Bewusstlosigkeit. Schwindelgefühle, Desorientierung, Übelkeit - und das Gefühl, während des letzten Tages alles falsch gemacht zu haben. „Du lebst", sagte eine Stimme, die ihm bekannt vorkam. „Calazi?", fragte er. Widerlicher Geruch füllte seine Nase. Der Geschmack in seinem Mund trug auch nicht dazu bei, dem Wiedererwachen begeistert gegenüberzustehen. Doch die Hoffnung, die Last, die er spürte, auf andere Schultern weitergeben zu können, ließ ihn die Augen öffnen. „Ich muss dich enttäuschen", sagte Helferlein-Einsacht, das vor ihm kniete. „Meine Akustikmodulation ist etwas angegriffen und klingt nun anders. Erinnert dich meine Stimme an jemanden?"
    „Ja", antwortete Aheun enttäuscht. „Was ist geschehen?" Er fühlte die Hand des Robtrix, die ihm hochhalf. Mühsam kam er auf die Beine. Er stützte sich an einem feuchten Betonsteher ab und ignorierte all seine Beschwerden.
    „Du wurdest überfallen. Ich konnte die beiden Übeltäter im letzten Moment verjagen und dich hierher schleppen, bevor sich weiteres Gesindel um dich kümmerte."
    „Ich verstehe das nicht." Aheun schüttelte sich. Dann griff er an eine Stelle am Hinterkopf, die besonders schmerzte, zog die Hand augenblicklich wieder weg. Das von Blut verklebte Haarbüschel, das er mitgenommen hatte, streifte er angewidert an seinem Talar ab. „Ich kann mich bloß daran erinnern, dass die Erinnerungen wiederkamen ... und ..."
    Es viel ihm schwer, seine Gedanken zu den Geschehnissen in der Nordpyramide zu formulieren. „... plötzlich fand ich mich auf dem Boden wieder."
    Abrupt änderte er das Thema. Misstrauen und Angst erfassten ihn. „Ich dachte, du könntest deinen Wirkungsbereich nicht verlassen? Wieso bist du hier?"
    Der dürre Roboter richtete sich auf, wurde zu einem schlauchförmigen Gebilde ohne Arme oder Beine. „Es gibt eine Art ... Überrangfunktion, die deinetwegen in Kraft trat. Als ich dich verließ, registrierte ich deine stärker werdenden Panikattacken und deren Auswirkungen auf deinen Metabolismus. Ich hatte gehofft, dass Informationen über deine Mutter den Zusammenbruch verhindern würden. Doch als ich aus dem Zug ausstieg, spürte ich, wie sich deine Werte neuerlich verschlechterten. Also beschloss ich, zurückzukehren und mich um dich zu kümmern."
    „Du hast meine Frage nicht beantwortet, Robtrix!" Aheun atmete tief durch. Jedes einzelne Körperteil schmerzte, ganz besonders aber der Kiefer- und Mundbereich. „Du behauptetest, deinen Zuständigkeitsbereich nicht verlassen zu können. Andernfalls würdest du aufhören zu funktionieren."
    „Das habe ich so nicht gesagt. Ich habe die Verbindung zu meiner Zentrale verloren.
    Meine Handlungsmöglichkeiten sind weitestgehend eingeschränkt, meine psychischen Kräfte deutlich reduziert."
    Helferlein-Einsacht tat, als müsste er kräftig durchatmen. „Meine Befehlsroutinen ließen keine andere Lösung zu. Ich musste dir helfen."
    „Hast du Verbindung zu einer anderen Auftragszentrale?", hakte Aheun nach. „Negativ. Du solltest aber ein Stadtwärteramt aufsuchen und dich melden. Ich habe es bislang vermieden, weil ich deine Beweggründe nicht kenne.
    Die Motivation biologischen Wesens erscheint einem Robtrix, mit Verlaub, meist etwas seltsam."
    „Mag sein", sagte Aheun. Er hustete angestrengt und spuckte weiteres Blut.
    Er brauchte Ruhe, musste nachdenken. Der Robtrix hatte ihm zweifelsohne das Leben gerettet, war ihm bei seinem weiteren Vorgehen allerdings im Weg.
    Wie wollte er