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2370 - Die Milliardenstadt

Titel: 2370 - Die Milliardenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wahr?"
    „Ja. Man nennt diese Chips Geld oder Soxis. Du besitzt also keine Soxis?"
    „Nein. Aber vielleicht kann ich das hier gegen eine Passage tauschen?"
    Aheun zog ein Schmuckstück aus seinem Brustbeutel, platzierte es in seiner Handinnenfläche.
    Helferlein-Einsacht beugte sich nach vorne und formte eine Beule in seinem Körperoberteil aus. Eine Art Facettenauge schob sich aus der silbrigen Masse.
    „Die Fassung besteht aus Lemur-Rotgold, der Brillant ist fein geschliffen und verarbeitet. Dafür kannst du dir eine Kleinstwohnung, Lebensmittel für ein Jahr oder eine Frau kaufen."
    „Wie bitte?" Aheun blickte den Robtrix erstaunt an. Von Zeit zu Zeit zeigte das Maschinenwesen seltsame Anwandlungen und benahm sich nachgerade raphanisch. „Diese drei Dinge werden stets zuerst genannt, wenn es um viel Geld geht", klärte ihn Helferlein-Einsacht auf. „Die Stadtbewohner reden in meiner Gegenwart Meist offen über ihre Wünsche."
    Aheun reichte seinem Begleiter den Ohrring, den er oftmals während zeremonieller Anlässe im Sekundären Schaltsaal getragen hatte. „Verkauf ihn für mich", sagte er. „Mich wird man übers Ohr hauen." Im Grunde genommen war er froh darüber, die Preziose loszuwerden. Sie erinnerte ihn an früher.
    Helferlein-Einsacht nahm das Schmuckstück und entfernte sich.
    Aheun drückte sich gegen eine von Salz und Chemikalien zerfressene Säule, deren Außenhaut mit der eintretenden Dämmerung schwach zu leuchten begann.
    Neuerlich schwappten Hunderte, vielleicht gar Tausende Raphanen über den kleinen Vorplatz der Zugstation.
    Sie verhalten sich wie ein Insektenschwarm, dachte der Oberste Ordinal. Sie scheinen eine Art kollektives Bewusstsein zu besitzen, bewegen sich zielbewusst umher, ohne das große Ziel zu kennen, das sie alle auf Kurs hält.
    Was aber war das große Ziel? Wozu diente das alles? Was hatte die Stadt für eine Bedeutung, wofür lebten die Raphanen?
    Aheun spürte die Berührung einer kalten Hand auf seiner Schulter. Er sprang beiseite, so rasch es ihm sein schmerzender Körper erlaubte, war bereit, davonzulaufen... „Ich habe deine Anweisungen befolgt", sagte Helferlein-Einsacht. „Für dein Schmuckstück bekommen wir eine Vertikalpassage. Ich wurde beim Handel zwar mit Sicherheit betrogen, erhandelte aber dennoch mehrere hundert Soxis."
    Was könnte er sich für das Geld kaufen?
    Andere, unverfängliche Kleidung? Etwas zu essen? Ein Zimmer, in dem er sich von den Strapazen erholen und seine Blessuren behandeln würde?
    Die Neugierde siegte. „Zuallererst nutzen wir die Vertikalpassage", sagte er. „Danach sehen wir weiter."
    Der Robtrix nahm ihn und schob ihn auf einen der Käfige zu. Aheun sah, wie sich aus dem Boden eine Reihe von Plattformen emporschob. Raphanen in einer endlos scheinenden Schlange hüpften geschickt auf die Stehflächen, die von stabilen Drahtgeflechten ummantelt wurden und mit geringer Geschwindigkeit nach oben fuhren. „Ich soll mich anstellen?", fragte Aheun flüsternd. „Diese Raphanen stinken, als hätten sie sich tagelang nicht mehr gewaschen."
    „Waschwasser ist in der Tat zurzeit rationiert, um dem Austrocknen des Arkan-Sees entgegenzuwirken", antwortete Helferlein-Einsacht lapidar.
    Der Oberste Ordinal atmete möglichst flach, während er sich in die Schlange einreihte und langsam vorwärts geschoben wurde. Verächtliche und gleichzeitig ängstliche Blicke trafen ihn. Seine Körperfülle ließ ihn als Privilegierten in einer Welt der Armut und der Not erscheinen; der robotische Begleiter, so schwach und dünn er auch erscheinen mochte, hielt die Raphanen davon ab, ihre Wut auf ihr Schicksal an Aheun abzureagieren.
    Meter für Meter kamen sie vorwärts, erreichten nach einer guten Viertelstunde den Käfig. „Jetzt!", befahl ihm Helferlein-Einsacht.
    Gemeinsam sprangen sie auf die nächste Plattform. Mit ihnen gelangte ein weiteres gutes Dutzend Landsleute in den Käfig.
    Das Gefährt ruckelte nach oben, auf die Nebelfelder zu. Unter ihm stiegen weitere Raphanen in das nächste Gefährt, und so wiederholte sich der Vorgang vermutlich vom Morgen bis zum Abend.
    „Wir sollten uns nach hinten stellen", empfahl ihm der Robtrix. „In den nächsten Ebenen wird sich unser Käfig weiter anfüllen."
    In der Tat; Raphanen stiegen aus, Raphanen stiegen zu. Der stetige Wechsel der Passagiere wirkte verwirrender als alles andere, was Aheun bislang in Adur Bravuna erlebt hatte. Nichts schien von Bestand zu sein. Lediglich das robuste

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