2384 - Das Quarantäne-System
übermächtiger Feind hoffentlich nicht ahnte, dass wir sie reaktivieren würden, um in die entstehende Negasphäre in Hangay vorzudringen. Der Gedanke, hier und jetzt an Saboteuren zu scheitern, war zu grausam, um in all seinen Konsequenzen durchdacht zu werden. „Der andere, der den Zapfstrahl initiiert hat - wann war er hier?", fragte ich schließlich. „Mir ist der Zeitpunkt nicht bekannt."
„Ich kann deine Antwort nicht akzeptieren.
Du musst Aufzeichnungen über den Beginn der Energiegewinnung besitzen."
„Diese Erinnerung wurde mir genommen."
Was wiederum bedeutete, dass die Möglichkeiten des Unbekannten in Bezug auf die lemurischen Anlagen größer als befürchtet waren. Wem es gelang, das Zentralgehirn derart zu manipulieren, der besaß ohne Zweifel Kenntnisse, die weit über die unseren hinausgingen.
Immentri Luz trat wieder näher an mich heran. „Ich habe eine Vermutung", sagte er. „Dann raus damit!" Ich beschloss, meine Vorsicht im Verhalten der Positronik gegenüber ein wenig zurückzuschrauben.
Mit dem Androiden an meiner Seite fühlte ich mich ausreichend sicher. „Meine Erinnerungen ... sind löchrig."
Immentri Luz untertrieb. Er hatte so gut wie gar keine Kenntnisse über seine Vergangenheit. „Dennoch wusste ich augenblick- lieh, was zu tun war", fuhr er fort, „als ich die Anlagen bediente und die Zapfstrahlung abschaltete. Es erging mir ähnlich wie bereits im Nagigal-System"
„Weiter."
„Es gibt Hinweise auf umfangreiche Manipulationen an der Justierungsstation.
Solche, die ich erkennen und auch ... einordnen kann." Immentri Luz' Augen glänzten. Er atmete tief durch und lächelte. „Ich vermute, dass ein Artgenosse von mir an der Arbeit war.
9.
Ein grüngoldenes Labyrinth
Deville-Kareem durchstieß die grüne Nebelwand. Sie leistete zähen Widerstand.
Jeder Flügelschlag fiel ihm schwerer, die Kraft in seinen Armen drohte zu erlahmen.
Es handelte sich um eine rein psychische Schwäche, mit der er zu kämpfen hatte.
Allzu willensschwachen Tad de Raud würde es niemals gelingen, in den obersten Bereich des zentralen Nabenturms vorzustoßen.
Endlich war es geschafft, das Zwischenreich durchdrungen. Feuchte und warme Luft empfing ihn - und eine ganz besondere Note, die ihn an Jugend und Frische erinnerte. Deville-Kareem vermeinte, mit dem Augenblick des Einflugs in das Reich der Präkog-Prinzessin, in diese ganz besondere Sphäre, eines Teils der Bürde als Marschall ledig zu werden. Seine Arme waren die eines unbändig kräftigen Kriegers auf der Jagd nach einem Alfugor. Heimatliche Sturmböen umwehten ihn, trieben ihn wie ein welkes Blatt hin und her, ließen sein Herz rascher schlagen. Er klackerte, wollte schreien. Seine Freude, seine Freiheit, seine Virilität ...
Erschrocken hielt er inne, unterdrückte mühsam die aufkommenden Gefühle.
Hier lebte die Präkog-Prinzessin! Ein Wesen, entrückt und niemals in das Tagesgeschäft eingebunden, mit gänzlich anderen Pflichten und Bürden versehen. Er musste sich vorsehen, durfte keinen falschen Eindruck hinterlassen.
Das Wabensystem ihres unmittelbaren Wohnbereichs nahm seinen Anfang. Grüne und goldene Flächen, sechseckig und von klebrigem Seim bedeckt, schränkten seine Bewegungsfreiheit ein. Mit den empfindlichen Ohren lotete er Echos und Winde aus, fühlte nach jener Passage, die hinauf in das Zentrum des Stocks führte.
Einmal mehr verwirrten ihn die Gerüche - und halfen ihm andererseits, mit traumwandlerischer Sicherheit den Weg durch das Labyrinth zu finden. Etwas leitete ihn. Eine Erinnerung, prägend und dennoch tief im Unterbewusstsein verborgen. Sie schien aus seiner frühesten Kindheit zu stammen.
Kaum einmal streifte er die Wände.
Manche von ihnen bewegten sich. Hinter gazeähnlichen Trennhäuten wuselten Tu'gas't-Krebse in allen Größen umher - und anderes.
Allmählich änderte sich das Odeur. Es bekam eine tranige und saure Beinote.
Verwirrt und instinktiv trat Deville-Kareem mit den Füßen nach unten - und berührte eine der Trennflächen. Klebrige Masse blieb an ihm hängen, während er sich mit aller Willenskraft frei strampelte.
Es war sein dritter Besuch hier oben, und jedes Mal ließ er sich aufs Neue vom abrupten Geruchswechsel irritieren! Ärgerlich fuhr er sich mit beiden Klauenhänden über den Hals. Die hier herrschenden Verhältnisse drängten alle angelernten Verhaltensmaßregeln beiseite, machten ihn in Blitzeseile zu einem Geschöpf, das auf seine Instinkte
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