2384 - Das Quarantäne-System
Rat einer Medikerin hören. Schließlich geht es nicht nur um dich, sondern um das Schicksal des gesamten KombiTrans-Geschwaders."
„Jede Sekunde, jeden Augenblick denke ich daran." Ich fühlte mich müde und hatte keine Lust, diese fruchtlose Diskussion weiterzuführen. „Ich verspreche dir, dass ich in der nächsten Zeit ein wenig mehr auf mich achte."
„Versprochen?"
„Versprochen."
Sie blickte mich prüfend an. Utea wusste, dass ich log. Und ich wusste, dass sie es wusste. „Gibt es neue Erkenntnisse über die Lethargie-Strahlung?", fragte ich schließlich, um die peinliche Stille zu durchbrechen. „Sie funktioniert, wie erwartet, auf einer psychischen Ebene. Das Gesamtstrahlungsbild, das wir bislang im Umfeld des Gulver-Duos angemessen haben, ist, gelinde gesagt, verwirrend. Es gibt eine Vielzahl fünfdimensionaler Emissionen, die nicht eindeutig zugeordnet werden können. Manche wirken bereits länger auf die hiesigen Welten ein. Diese werten wir zurzeit aus. Eine verbindliche Antwort kann ich dir erst in einer Woche geben."
„Gibt es zumindest einen Ansatz? Eine Vermutung, wie lange wir auf Neu-Lemur unbeschadet bleiben können?"
„Du darfst von einer ernsthaften Wissenschaftlerin. doch nicht erwarten, dass sie ins Blaue spekuliert ..."
„Bitte!", drängte ich.
Utea zögerte. „Also schön", sagte sie schließlich. „Meiner persönlichen Einschätzung nach können wir uns bedenkenlos drei bis vier Wochen hier aufhalten, ohne dass ernsthafte psychische Schädigungen zu erwarten sind. Manche meiner sensibleren Testpersonen verspüren bereits jetzt jenen dumpfen Druck im Hinterkopf, von dem du mir erzählt hast.
Dieser Einfluss wird sich wohl im Laufe der Zeit verstärken und wird zu einer Art Geisteslähmung führen. Ich entwickle zur Zeit ein Überwachungsraster für jedes einzelne Mitglied des Geschwaders. Wir arbeiten Fragen. und Reaktionstests aus, denen sich die Frauen und Männer Tag für Tag stellen müssen, um ihren Gefährdungsgrad zu überblicken. Die Daten werden von Positroniken ausgewertet. Wird ein kritischer Wert überschritten, schrillen die Alarmglocken."
„Eine heikle Sache. Wir müssen allen klarmachen, wie wichtig diese Tests sind."
„Das überlass meinen Leuten und mir."
Sie lächelte. „Ein gutes Beispiel dafür, dass Verantwortung delegierbar ist."
„Einverstanden." Ich drehte mich beiseite, wollte mich dem nächsten offenen Thema widmen, das meiner Aufmerksamkeit bedurfte. Eine Erforschung der unmittelbaren Sternenumgebung des Gulver-Duos war vonnöten. Ich war trotz meiner Worte Marschall Deville-Kareem gegenüber nicht bereit, unseren Aktionsradius auf das Doppelsonnensystem zu beschränken. Ich fühlte mich verpflichtet, mir eine möglichst umfassende Meinung zu den Vorgängen in diesem unbekannten Kugelsternhaufen zu verschaffen, und hatte keine Lust, mich von den herrschsüchtigen Tad de Raud einschränken zu lassen.
Denk an die Worte der Medikerin!, mahnte mich der Extrasinn. Du arbeitest an zu vielen Baustellen zugleich. Irgendwann wirst du einen Fehler begehen.
Ich spürte, dass Utea Nermalldo nach wie vor hinter mir stand - und mich beobachtete.
Ich drehte mich um. „Ich habe verstanden." Ich zeigte ein möglichst breites Grinsen. „Du willst, dass ich die Arbeit Arbeit sein lasse und ein wenig ausspanne, nicht wahr?"
„So ist es." Sie lächelte mir schmallippig zu. „Dann verdonnere ich dich hiermit zu einem einstündigen Spaziergang mit mir."
Sie atmete tief durch, wirkte zornig. „So war das nicht geplant! Schließlich trage ich Verantwortung und kann mich nicht um jeden Patienten einzeln kümmern ..."
„Tststs ... Du wirkst etwas gereizt. Kann es sein, dass dich deine Arbeit zu sehr in Anspruch nimmt? Wird dir die Verantwortung zu viel? Sollten wir nicht besser den Rat eines weiteren Mediziners hinzuziehen? Vielleicht leidest du unter Stresssymptomen?"
Mit Händen, geballt zu Fäusten, stand sie da, ein Bündel an Energie, das jederzeit zu explodieren drohte.
Bis der Arzt in ihr die Oberhand gewann. „Na schön", sagte sie schwer atmend. „Du willst mich mit meiner eigenen Medizin kurieren. Aber nimm dich in Acht vor mir, Arkonide. Man sagt mir nach, im Privaten ein wenig kratzbürstig zu sein. Ein Spaziergang mit mir kann den Erholungsfaktor ziemlich einschränken."
„Dieses Risiko gehe ich gern ein." Ich schaltete meine Informationszuträger auf Abwesenheit und beauftragte mit einem kurzen Funkspruch alle Verantwortlichen an
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