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239 - An der Pforte des Hades

239 - An der Pforte des Hades

Titel: 239 - An der Pforte des Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Zorn
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Schreie und das Rasseln und Ächzen von Metall drangen herüber. Dann wurde es still. Totenstill.
    Wakaido wartete noch ein wenig. Dann lugte er über die Zinne des Walls. In der Öffnung des Gemeinschaftsiglus entdeckte er seinen Sohn. Chacho hielt eine Spiegelscherbe gegen die Sonne. Sechsmal ließ er das Licht aufblitzen.
    Der Erste der Pachachaos duckte sich wieder hinter die Schneewand. »Es sind sechs«, raunte er dem Göttersprecher zu. Der gab es an die anderen weiter. »Sechs Männer.« In seiner Stimme klang Jubel mit. Wakaido war nicht nach Jubeln zumute. Instinktiv spürte er, dass etwas nicht stimmte. Sie sind zu schnell hier aufgekreuzt, dachte er. Jeder überlebende Soldat würde erst nach seinen verletzten Kameraden schauen.
    Er musste Chacho warnen. Doch zu spät. Maschinengewehrsalven trommelten bereits über den Dorfplatz.
    »Es sind mehr als sechs!«, brüllte er seinen Leuten zu. Das Gewehr im Anschlag, reckte er sein Kinn über den Wall. Das Maschinengewehrfeuer kam aus einem Hovercraft, das auf der anderen Seite des Dorfes Stellung bezogen hatte. Sie beschossen die Gemeinschaftshütte. Von der rechten Seite her stürmte das halbe Dutzend Soldaten, das Chacho zuvor gesichtet hatte, über die Dorfgrenze. Auf der linken Seite war niemand zu sehen.
    Wakaido glitt wieder nach unten. »Wartet, bis die ersten Sprengladungen zünden. Dann nehmt euch die Angreifer bei der rechten Häuserflanke vor!«, rief er seinen Pachachaos zu. »Ich lenke die Soldaten im Fahrzeug von Chacho und seinen Kriegern ab.« Bevor jemand etwas erwidern konnte, sprang der Pacho aus der Deckung und eröffnete das Feuer auf die Nischnis im Hovercraft.
    Haken schlagend rannte er auf eine der Eishütten zu. Sein Plan ging auf. Die Angreifer beim Amphibienfahrzeug konzentrierten sich nun auf ihn. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Chacho die Gelegenheit nutzte: Mit zwei Überlebenden seiner Krieger stürzte er aus der Gemeinschaftshütte und hinter die nächste Deckung.
    Fast zeitgleich ging rechts von Wakaido die erste Sprengladung hoch. Wie erhofft entstand Verwirrung unter den Nischnis. Die nächste Sprengladung detonierte. Kurz darauf war das Johlen der Pachachaos zu hören: Sie griffen an.
    Wakaido nutzte die Ablenkung und ließ sich bäuchlings hinter einen Eissims fallen. Er beobachtete die drei Soldaten, die neben dem Hovercraft kauerten. Aufgeregt fuchtelten sie mit Händen und Armen in seine Richtung. Vermutlich hatten sie ihn entdeckt.
    Der Pacho gab ihnen keine Gelegenheit mehr zu schießen. Er feuerte sein ganzes Magazin auf die Kauernden ab. Eine dampfende Schneewolke stob vor dem Fahrzeug auf. Nichts und niemand rührte sich mehr dort. Wakaido suchte nach Chacho. Doch er sah nur die beiden Krieger, die immer noch hinter der Eishütte kauerten.
    Erst jetzt bemerkte er, dass einer von ihnen das Gewehr seines Sohnes in den Händen hielt und auf das Amphibienfahrzeug zielte. Als Wakaido wieder zu dem feindlichen Gefährt blickte, sah er, dass beide Einstiegsluken geöffnet waren. Mindestens fünf Gewehrmündungen ragten daraus hervor.
    Und dann sah er Chacho. Sein Sohn kauerte hinter dem Stein der Göttin nur wenige Speerwürfe von dem Hovercraft entfernt. Wakaido war, als ob ihm das Blut in den Adern gefror. Was hatte der Wahnsinnige vor?
    In diesem Moment stimmten die beiden jungen Krieger hinter der Eishütte ein Geschrei an. Einer erhob sich und schoss wie ein Wilder auf das Amphibienfahrzeug. Wakaido überlegte nicht lange und feuerte mit. Während die Soldaten aus Nischni-Nowgorod den Angriff mit ihren Waffen erwiderten, sah der Pacho seinen Sohn über das Eis robben. In der Hand hielt er einen dunklen Beutel. Unbemerkt vom Gegner warf er ihn unter das Amphibienfahrzeug. Ein Funke glomm auf. Chacho rollte sich zur Seite und robbte in Windeseile zurück zum Stein der Göttin.
    Er ist wahnsinnig, dachte Wakaido, während er seinem Sohn Feuerschutz gab. Es schien ihm eine Ewigkeit zu dauern, bis eine gewaltige Detonation die Luft zerriss. Eine Flammenblume zerfetzte das Hovercraft in tausend Stücke.
    Der Pacho atmete auf. Ungläubig starrte er zum walförmigen Stein, der in eine dunkle Rauchsäule gehüllt war. »Chacho«, flüsterte er heiser. Wie ein Schlafwandler stand er auf. So sehr er auch schaute, von seinem Sohn keine Spur. »Chacho!«, schrie er.
    »Er ist tot, genau wie du«, hörte er eine Stimme in seinem Rücken. Der Erste der Pachachaos kam nicht mehr dazu, sich umzudrehen. Mit einem hässlichen

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