2395 - Die Gen-Sammler
kannten. Ihre Gehirne sogen das Wissen auf wie Schwämme das Wasser.
Noch besaßen sie ein unterschiedliches Aussehen, aber seit ein paar Jahren vermehrten sie sich eigenständig und in großer Zahl. Und sie gingen dazu über, sich Ani-Sferzon zu nennen im Unterschied zu den anderen Sferzon, also den Sphero, die auf den Welten hinter Ani lebten.
Den Sprachfehler der ersten Generation hatten Erilyn und ihre Androiden inzwischen eliminiert, doch der Volksname blieb. Der pelzige Haarwuchs der Sferzon veränderte sich mit der Zeit von einem bläulichen Weiß zu einem schmutzigen Gelb mit braunen Flecken. Das musste nichts bedeuten, solange alle anderen Merkmale in Ordnung waren. Regelmäßige Reihenuntersuchungen belegten es.
Morian entführte Erilyn in ein Lokal. Sie tranken von diesem herrlichen Fruchtsaft, den Kinnaird damals in der Escuela Odonnue gern gemocht hatte. „Jetzt, da sie sich eigenständig vermehren und ihre Gene sich vermischen, wird sich bald ein volkstypisches Aussehen herauskristallisieren", versprach die Biogenetikerin nach dem ersten erfrischenden Schluck. „Lassen wir uns überraschen.. Vielleicht sehen sie den Anakonen ähnlicher als uns, und wir können uns endlich ein Bild machen, wie diese Wesen ausgesehen haben, die wir als unsere Verwandten bezeichnen."
Morian dachte an die Sferzon, die mit den Sphero genauso verwandt waren. Immer wieder schaute er hinaus auf die Straße, beobachtete das Treiben dort. Eine Familie näherte sich dem Lokal, beriet kurz, dann traten die beiden Erwachsenen mit den drei Kindern ein. Die Frau hielt ein Kleinkind auf dem Arm. Als sie die beiden Sphero sah, verhüllte sie es schnell mit ihrem Umhang. Schneller, als sie eingetreten waren, standen sie wieder draußen.
Morian erhob sich. „Warte hier auf mich."
„Was hast du denn?"
Er gab ihr keine Antwort, sondern stürmte ins Freie. Die Straße hinab sah er noch den Mann mit den Kindern. Die Frau verschwand gerade in einer Seitengasse.
Morian Kinnaird rannte los. Er schimpfte mit sich, weil er keine technischen Hilfsmittel mit sich führte, keinen Antigravgürtel oder Ähnliches. Schon nach kurzer Zeit geriet er völlig außer Atem und musste langsamer gehen.
Die Frau verschwand in einem Innenhof.
Er folgte ihr dorthin, sah sie an einer Rampe, entdeckte das Bündel in ihrer Hand. Sie warf es in die Tiefe. Morian hörte einen dumpfen Laut und leises Wimmern, das nach kurzer Zeit erstarb.
Die Frau kehrte um, hielt auf eine Tür zu und verschwand im Haus.
Fassungslos und wie gelähmt stand der Transfermeister auf der Stelle. Erst nach einer Weile kehrte das Leben in ihn zurück. Er rannte zur Rampe, hastete die in der Nähe vorhandene Treppe hinab und besah sich die Rampe von unten. Er entdeckte nichts, kein Bündel, kein Kind, keinen Tuchfetzen.
Nur das Wimmern, das hatte er sich mit Sicherheit nicht eingebildet.
Warum hat sie versucht, es zu verstecken?
Vielleicht sollten wir alle Neugeborenen, überprüfen, überlegte er.
Er hatte den Vorgang fast vergessen, hätte sich nicht dreißig Jahre später ein ähnlicher ereignet.
Und siebzig Jahre später wieder einer. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Ulschath zwei Millionen Einwohner und so gut wie kein Durchkommen mehr Die beiden Sphero verzichteten auf Besuche in der Stadt und suchten die Escuela auf. Sie zählte unter dem unermüdlichen Glowein Parder nach wie vor zu den besten Schulen der Stadt. „Wir schließen die Konduktoren in Gala Faer im kommenden Monat", eröffnete Morian ihm. „Die Anlagen bleiben aber betriebsbereit. Niemand kann vorhersagen, ob es nicht irgendwann angebracht ist, Korrekturen vorzunehmen."
Erilyn riss die Augen auf, sagte aber nichts. Morian lenkte das Thema auf die Schule und die hohe Intelligenz der Sferzon. Leise und zaghaft stellte er die Frage nach dem Niveau der eingeschulten Kinder. Stieg es? Fiel es? Gab es überhaupt eine Statistik darüber?
Es gab sie. Bisher war kein Abfall der Intelligenz zu erkennen. Die Sitten verfielen jedoch, die Kinder verhielten sich immer ungezügelter, ein Phänomen, das auch die Erwachsenen erfasste. „Sie brauchen Vorbilder, Erzieher", sagte Morian.
Glowein Parder verneinte. „Ihre Großeltern und Urgroßeltern sind gute Vorbilder. Sie müssten sich wenigstens bei einem Teil von ihnen auswirken. Nein, ihr Verhalten muss andere Ursachen haben."
Spät am Abend, kurz vor dem Einbruch der Dunkelheit, machten die beiden sich auf den Heimweg nach Gala Faer. Aus einer Haustür tapste
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