2398 - Aufbruch nach Hangay
genommen worden. „Positronik, Vollalarm für die gesamte Flotte!", befahl ich. „Kampfbereitschaft!"
*
Natürlich behielt der Extrasinn recht.
Keine zehn Minuten später setzten sich die ersten der neu eingetroffenen Traitanks in Bewegung. Die Analyse der Kursvektoren ließ keinen Zweifel übrig: Ihr Ziel war die Stahlwelt. „Positronik, Evakuierung von Kharag mit allen Mitteln vorantreiben!", befahl ich.
Vor einem Moment schienen wir noch alle Zeit der Welt gehabt zu haben. Wie selbstverständlich war ich davon ausgegangen, unsere Vorkehrungen in aller Ruhe abschließen zu können.
Ein Fehler, wie sich jetzt herausstellte.
Aber ändern können hätte ich nichts; bis zum Abschluss der Arbeiten mussten wir noch eine dreiviertel Stunde ausharren, und selbstverständlich hatte ich schon Einsatzpläne für diese Eventualität ausgearbeitet.
Wobei mein theoretisches Problem -wo blieb Perry Rhodan? - plötzlich eine konkrete praktische Bedeutung bekommen hatte. Was sollte ich tun, wenn die Stahlwelt nicht mehr zu halten und Perry noch immer nicht eingetroffen war? Mir lag keine verlässliche Angabe vor, wann ich mit ihm rechnen konnte. Wie viele Menschen und Haluter sollte ich in der vagen Hoffnung in den Tod schicken, dass der Resident rechtzeitig erscheinen würde?
Wie viele Leben war sein Eintreffen wert?
Andererseits ... was war die LFT, der galaktische Widerstand gegen TRAITOR ohne einen Perry Rhodan wert?
Ich verdrängte den Gedanken und konzentrierte mich auf die Holos.
Immer mehr der schwarzen Schiffe nahmen Fahrt auf, bis schließlich sämtliche vier Geschwader gegen Kharag vorrückten.
Die 120 Traitanks, über die der Duale Kapitän zuerst das Kommando übernommen hatte, blieben weiterhin zur Sicherung des Transportfelds zurück.
In der Zentrale der HALLEY entwickelte sich zielgerichtete Aktivität. Neue Ortungen wurden analysiert, ihrer Bedeutung zufolge geordnet und aufbereitet. Die Positronik führte Hochrechnungen über einen möglichen Schlachtverlauf aus, und mir oblag es, die Daten zu interpretieren und Entscheidungen über unser Vorgehen zu treffen.
Langsam rückten die vier Chaos-Geschwader vor, entsetzlich langsam.
Vielleicht lag der Logiksinn mit seiner Äußerung doch richtig, dass es TRAITOR in Person von Zerberoff in erster Linie darauf ankam, Kharag-Stahlwelt und damit die Transmitterstrecke möglichst unversehrt in die Hand zu bekommen. „Schlachtordnung!", befahl ich. „Plan, Delta einleiten! Ausführung!"
Die Bordpositronik bestätigte mit ihrer samtweichen Stimme.
Auf dem Holo beobachtete ich, wie sich 15.000 Schiffe der Haluter und 1500 Einheiten der LFT in Bewegung setzten.
Sie zogen sich in. einem engen Ring um Kharag zusammen, um sich dem Angriff entgegenzustemmen. Auch die schwarzen Riesen akzeptierten, dass ich von der EDMOND HALLEY aus das Kommando übernahm.
Ich sah auf die Uhr, die den Countdown bis zur Räumung von Kharag herunterzählte.
Die entsprechenden Personentransmitter waren zwar längst bereit, doch bis auch der letzte Galaktiker die Stahlwelt verlassen konnte, würde noch knapp eine halbe Stunde vergehen.
Alle Verteidiger - die Haluter wie die LFT-Streitkräfte - wussten genauso gut wie ich, dass wir auf verlorenem Posten standen.
Und noch immer war nicht klar, wann Rhodan eintreffen würde -falls überhaupt.
Welche Möglichkeiten blieben mir noch?
Nur eine. Ich musste versuchen, mit den Traitanks Katz und Maus zu spielen.
Darauf setzen, dass Zerberoff keine Eile hatte. Und bis dahin alles tun, ohne Verluste durchzukommen.
*
Laurai Broder schrie leise auf. Ihr Albtraum war Wirklichkeit geworden.
Gefechtsalarm! Kampfbereitschaft!
Einen Moment lang war sie wie gelähmt.
Nun war die immerwährende latente Bedrohung, die das Leben an Bord eines Raumschiffs darstellte, zu einer akuten, konkreten geworden. Nun müsste sie jeden Augenblick damit rechnen, dass die HALLEY vernichtet wurde.
Und ich kann nichts tun, dachte sie. Nichts.
Sie war völlig hilflos, wusste nicht, was in dieser Sekunde vor sich ging. Wurde der ENTDECKER angegriffen? Oder flog er seinerseits einen Angriff?
Dann setzte sich ihre Ausbildung durch, die Routine, die man ihr immer wieder eingetrichtert hatte. Sie schloss ihren Raumanzug, den sie wie jedes Mitglied der Besatzung schon bei der ersten Alarmstufe angelegt hatte, und stellte die Sauerstoffzufuhr etwas höher als normal ein. Wie im Rausch kroch sie durch den engen Schacht. Verzweifelt versuchte sie
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