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24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Simmsemm war mächtiger als alles, was ich tat und sagte. Halef wachte nicht wieder auf. Ich brachte ihn in eine bequeme Lage und ging dann zu den Pferden, welche erwarteten, liebkost zu werden. Als ich den Stall verließ, machten die beiden Hunde nicht den geringsten Versuch, mitzugehen. Sie blieben bei dem kleinen Hadschi liegen, der sich, wie er mir hernach sagte, nach dem Festessen mit einer tüchtigen Portion von Fleisch und Knochen an sie herangevettert hatte.
    Ich ging in meine Stube und streckte mich auf dem weichen Fellager aus, um zwei kurze Stündchen zu schlafen. Nach dieser Zeit wachte ich wieder auf. Ich habe infolge der Gewöhnung den Schlaf fest in der Hand. Ich wache niemals später auf, als ich mir vorgenommen habe. Das erste, was ich nun tat, war, daß ich ein Bad im Fluß nahm. Ein kleiner, rings von Sträuchern eingefaßter Platz war hierzu für die jeweiligen Insassen unseres Hauses vorhanden. Dieses Bad erfrischte mich so, als ob ich während der ganzen Nacht geschlafen hätte und darum vollständig ausgeruht sei. Als ich hierauf vom Fluß zurückkehrte, wurde die Türe des Stalls von innen aufgestoßen, und Halef trat heraus, langsam, matt und eingefallenen Gesichtes. Zu gleicher Zeit ließen sich unsere beiden Diener sehen. Sie brachten das Frühstück, welches aus Brot und Fleisch bestand. Ein kleiner Krug voll Simmsemm stand dabei. Ich hatte guten Appetit, Halef aber nicht, doch setzte er sich mit zum Essen nieder. Ich legte ihm vor, und er nahm, um wenigstens zu probieren. Als ich ihm aber den Krug hinschob, spreizte er alle zehn Finger dagegen aus und sagte:
    „Nein! Um keinen Preis! Hinweg mit dem Zeug, hinweg!“
    „Warum?“ fragte ich, indem ich mich ganz unbefangen stellte.
    „Weil – weil – hm – hm!“
    Während er so brummte, warf er einen ungewissen, forschenden Blick auf mich. Dann fragte er: „Sihdi, weißt du, wo ich geschlafen habe?“
    „Ja“, antwortete ich.
    „Nun, wo?“
    „Im Stall.“
    „Ja, im Stall! Denke dir! Während man uns doch hier im Haus so vorzügliche Lagerstätten zubereitet hat! Und nun noch eine zweite Frage, um deren aufrichtige Beantwortung ich dich bitte. Nämlich: Bist du bei mir im Stall gewesen?“
    „Ja.“
    „Allah sei Dank, daß es kein anderer war!“
    „Warum dieser Seufzer? Hast du Grund dazu?“
    „Das mußt du doch ebensogut und noch viel besser wissen als ich selbst! O Sihdi, lieber Sihdi! Ich schäme mich! Wenn ich mich nicht irre, so habe ich geglaubt, eine Menge Köpfe zu haben!“
    „Ja. Erst waren es vier oder fünf. Zuletzt wurden es zwölf –“
    „Sei still, sei still!“ unterbrach er mich. „Ich mag es nicht hören! Was mag ich geschwatzt haben, was für entsetzlich lächerliche Dinge, ich, der berühmte Scheik der Haddedihn! – Mein Kopf ist noch immer unendlich groß! Und hohl, ganz hohl! Es ist nichts darinnen als ein immerwährendes Brausen und Brummen und einige Worte aus der Sure El Imtihan. Du hast mich doch nicht etwa diese Sure beten lassen?“
    „Das habe ich allerdings.“
    „Allah sei mir gnädig! Wie ist es abgelaufen?“
    „Du brachtest nicht zehn richtige Wörter fertig und behauptetest, daß ich der Betrunkene sei. Dann rutschtest du wieder zu den Hunden nieder und schliefst ein, ohne zu erwachen.“
    „Gräßlich, gräßlich! Sihdi, ich schäme mich! Dieser Simmsemm ist an allem schuld!“
    „Ja, dieser Simmsemm! Die beiden anderen aber sind unschuldig, völlig unschuldig!“
    „Welche beide?“
    „Der eine, der das liebe, ehrliche, nahrhafte Getreidekorn gezwungen hat, Gift zu werden, und der andere, der dieses Gift förmlich in seinen Körper hinunterzwingt, obgleich sich alle Nerven des Geschmacks und Geruchs dagegen sträuben!“
    „Du hast Recht. Verzeih! Auch ich hatte mich erst zu zwingen; dann aber wurde mir der Trank vertrauter. Weißt du, Simmsemm, das klingt so beruhigend, so unschädlich, so verführerisch! Das schmeichelt sich so an den Menschen heran. Aber wenn man es innerlich betrachtet, so hat es zehntausend Teufel im Leib. Und zu was für Dummheiten es verführt, das ist ja gar nicht auszusagen! Ich glaube, ich darf mich heut vor keinem Menschen sehenlassen, wenigstens vor dem Oberst und den beiden Leutnants nicht.“
    „Warum?“
    „Wenn sie mich an alles das erinnern, was ich gestern abend aus mir und ihnen gemacht habe, so bin ich hier für immer unmöglich!“
    Er stützte den Kopf in beide Hände und schaute trostlos vor sich nieder.
    „Allah, Allah, was

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