Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
24 - Ardistan und Dschinnistan I

24 - Ardistan und Dschinnistan I

Titel: 24 - Ardistan und Dschinnistan I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
es gefunden.“
    Von jetzt an zeigte sein Gesicht einen sehr tiefsinnigen Ausdruck, ich sollte hieraus ersehen, wie angestrengt er nachdachte. Zuweilen tat er einen tiefen Atemzug, oder es erklang ein schwerer Seufzer. Die Trinkwasserversorgung hat schon manchen Oberbürgermeister von London, Paris, Peking, Berlin und ähnlichen Orten viel Kopfschmerzen bereitet. Mein guter Hadschi Halef war jetzt von ähnlichen Sorgen erfüllt. Seine Brauen zogen sich immer mehr zusammen; seine Mundwinkel hingen abwärts, und seine Augen bekamen einen sehr finsteren, verhängnisvollen Blick. Endlich, nach fast einer Stunde, stieß er einen Jubelruf aus, schnalzte mit der Zunge, und rief mir zu:
    „Hamdullillah! Ich hab's! Komm, Sihdi, komm!“
    Er drehte sein Pferd herum und machte Miene, dahin zu reiten, woher wir soeben kamen.
    „Wohin?“ fragte ich.
    „Zurück! Selbstverständlich zurück! Das ist das einzige, das unbedingt richtige!“
    „Beweise es!“
    „Beweise? Wozu? Das sagt doch schon der gesunde Menschenverstand!“
    „Was?“
    „Daß wir umkehren und zurückreiten müssen bis dahin, wo das Wasser noch trinkbar war. Dort füllen wir unsere Schläuche!“
    „Hm! Dieser Gedanke kommt dir erst jetzt?“
    „Ja, erst jetzt! Und ich bin ganz glücklich darüber, daß er mir überhaupt gekommen ist. Du nicht auch? Ohne ihn würden wir für heut kein Wasser haben.“
    „Also dauert es bei dir eine volle Stunde, ehe dir das kommt, was du als den gesunden Menschenverstand bezeichnest! Was hattest du denn vorher für eine Art von Verstand?“
    „Deinen jedenfalls nicht, Effendi! Denn der wäre wohl nicht auf den einzig richtigen Gedanken gekommen, wieder umzukehren!“
    „Allerdings nicht!“
    „So komm, und folge mir zurück! Ich führe dich dorthin, wo wir heut früh getrunken haben. Dort war das Wasser noch gut.“
    „Also über sechs Stunden weit rückwärts, denn jetzt ist es Mittagszeit! Ich danke!“
    „Du willst nicht mit?“
    „Nein.“
    „So reite ich allein!“
    „Tue es! Leb wohl, Halef! Laß deinen gesunden Menschenverstand ja nicht in das Trinkwasser fallen. Du wirst ihn nötig haben, um mich im Laufe dieses Jahres wieder einzuholen!“
    Ich ritt weiter; er aber hielt an. Er schickte mir verschiedene Rufe und Ermahnungen nach. Ich antwortete nicht; ich sah mich gar nicht einmal um. Nach einiger Zeit wurde es hinter mir still. Dann hörte ich die Sprünge und lauten Atemzüge seiner Hunde, die bei ihm geblieben waren, mir aber jetzt nachkamen. Und als hierauf wieder eine Weile vergangen war, ertönte hinter meinem Rücken der scharfe Trab seines Pferdes. Er holte mich ein, kam an meine Seite und klagte in seinem vorwurfsvollsten Tone:
    „Sihdi, es ist nicht auszuhalten mit dir! Willst du es denn mit Gewalt herbeiführen, daß wir verschmachten und verdursten?“
    „Willst du ewig im Sumpf und Moor der Ussul bleiben?“ antwortete ich.
    „Wie kommst du zu dieser Frage? Ich begreife sie nicht!“
    „So sag, wo wollen wir hin?“
    „Zunächst nach dem Engpaß Chatar und dann in das Land der Tschoban.“
    „Kennst du dort Wasserquellen?“
    „Nein!“
    „Willst du alle Tage zurückreiten, um hier Wasser zu holen?“
    „Gewiß nicht! Da kämen wir ja gar keinen Schritt vorwärts.“
    „Aber Wasser brauchen wir dort auch!“
    „Wir werden schon welches finden!“
    „Wo?“
    „Das weiß ich freilich nicht. Ich verlasse mich da ganz auf dich.“
    „Ah, so! Also ganz auf mich! Warum denn nicht auf deinen gesunden Menschenverstand?“
    „Allah 'l Allah! Das ist Hohn! Das ist Spott! Das ist nicht schön von dir!“
    „Wenn nicht schön, so aber doch jedenfalls sehr richtig. Wer in seinem Leben so glücklich ist, das Land des Sumpfes hinter sich zu haben, der soll lieber verschmachten, als sich vom ordinären Durst verleiten zu lassen, in den Sumpf zurückzukehren! Wasser gibt es überall, sogar auch in der ödesten, trockensten Wüste; man muß es nur zu finden wissen. Und daß es im Sand der Wüste reiner und bekömmlicher ist als im Moderboden des Schwemmlands, das weißt du, der du aus der Wüste stammst, doch ebensogut wie ich.“
    „Ja, freilich!“ nickte er. „Aber was du da sagst, das klingt, als ob du auf solches reines, lauteres Sandwasser rechnest?“
    „Das tue ich allerdings! Der Fluß kann doch unmöglich aus dem Gebiet der Tschoban gekommen sein, ohne den dortigen Sand mit herüberzuschwemmen. Je mehr wir uns dem Engpaß nähern, desto größer wird für uns die

Weitere Kostenlose Bücher