24 - Ardistan und Dschinnistan I
wiederholte dabei den Namen Manna so oft, bis sie einsahen, daß ich damit diese Körner meinte, die sie gefunden hatten. Durch Schweifwedeln und einige fröhliche Sprünge gaben sie zu erkennen, wie sehr sie sich freuten, dies begriffen zu haben. Nun erst stieg ich wieder auf und folgte Abd El Fadl, der bereits vorangeritten war.
Ich brauche wohl nicht erst zu sagen, daß er Ben Rih, den Rappen Halefs, ritt, denn auf meinen Syrr hätte ich wohl keinesfalls verzichtet. Die Gegend, durch welche wir kamen, zu beschreiben, kann ich hier unterlassen, weil ich sie später wieder zu berühren habe. Ich will nur kurz in das Gedächtnis zurückrufen, daß der südliche Teil des Tschobangebietes Wüste war, der nördliche aber Steppe. Durch beide ging das leere Bett des ausgetrockneten Flusses, das Land in eine östliche und eine westliche Hälfte teilend. Die Zeichen, welche auf der Karte des Dschinnistani Wasser bedeuteten, lagen auf der westlichen Hälfte. Auch Abd El Fadl war der Ansicht, daß dieser Teil des Landes mehr verborgenes Wasser besitze als der andere Teil. Es gab da sogar außer dem alten, versiegten Fluß noch mehrere andere, allerdings auch ausgetrocknete Wasserrinnen, welche noch heut davon zeugten, daß außer dem Hauptstrom hier noch andere Flüsse und Flüßchen existiert hatten. Andere Leute aber, nämlich die Ussul und auch die Tschoban selbst, behaupteten, daß die östliche Landeshälfte wasserreicher sei, weil es da eine Anzahl oasenähnlicher Punkte gab, die sich von Zeit zu Zeit mit frischem Grün bekleideten und den Pferden, Kamelen, Rindern, Eseln, Schafen und Ziegen der nomadisierenden Bewohner Nahrung boten. Ich freilich führte das nicht auf eine größere Wassermenge, sondern auf eine andere Beschaffenheit des Bodens zurück, der hier weicher und erdiger war und den oft mehrere Meter langen Wurzeln gewisser Kalligonum- und Mimosenarten gestattete, senkrecht in größere Tiefe zu steigen, bis die Grundfeuchtigkeit erreicht ist. Ich also hätte zu jeder Wanderung, sei es nun eine kriegerische oder eine friedliche, den westlichen Teil des Landes vorgezogen; da aber bei den Tschoban der Osten für feuchter galt, so war mit Sicherheit anzunehmen, daß ihr Kriegszug gegen die Ussul nach dort verlegt worden sei. Wir konnten also getrost so tun, als ob der Westen gar nicht vorhanden sei, und unsere Aufmerksamkeit nur auf den Osten richten. Darum ritten wir bis zur Hälfte des Nachmittages genau nach Norden, wobei wir uns in der Nähe des alten Flusses hielten, denn dieser bildete die äußerste westliche Linie, die von dem Heer der Tschoban berührt werden konnte. Wahrscheinlich aber hatten sie einen weiter östlich liegenden Weg gewählt, der von der südlichsten Oase ausging, auf der ihre Tiere die letzte Gelegenheit zur Weide fanden. Darum bogen wir nun aus unserer bisherigen Richtung in einem rechten Winkel genau nach Osten ab, um auf alle Fälle unseren Zweck zu erreichen. Denn falls sie schon vorüber waren, so trafen wir ganz unbedingt auf ihre Fährte und wußten dann also, woran wir waren. Und falls wir keine Spuren entdeckten, so waren sie eben noch nicht unterwegs und wir konnten in aller Ruhe auf ihr Kommen warten.
Wir hatten nur einmal kurz nach Mittag, in der größten Sonnenhitze, Rast gemacht und wollten auch nicht eher wieder aus dem Sattel steigen, bis es Abend geworden war oder uns ein besonderer Grund zwang, es zu tun. Gesehen hatten wir bisher nichts, gar nichts. Die Pferde waren zu loben und Abd El Fadl auch; sie hatten sich vortrefflich gehalten. Zwar hatte die Spannkraft ganz selbstverständlich nachgelassen, aber ein Zeichen der wirklichen Ermüdung gab es nicht, obgleich wir bis jetzt, um die Mitte des Nachmittags, eine Strecke zurückgelegt hatten, zu welcher das Heer der Tschoban voraussichtlich über zwei Tage brauchte. Und wir ritten noch einige Stunden weiter, bis die bisher vollständig glatte, langweilige Ebene sich mit jenen Erhöhungen zu beleben begann, welche der arabisch sprechende Beduine mit dem Namen ‚Shiwahn El Handal‘ zu bezeichnen pflegt. Dieser Ausdruck bedeutet soviel wie ‚Koloquintenzelt‘ und ist aus dem Grund gewählt worden, weil diese Erhöhungen meist die Form eines größeren oder kleineren, oft riesigen Zeltes besitzen und ihre Entstehung den Koloquinten oder ähnlichen Wüstenpflanzen verdanken. Durch den Widerstand, den der regelmäßige Tageswind an den Ranken der Gewächse findet, wird er bewogen, sie zu übersanden. Die Pflanze ist
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