24 - Ardistan und Dschinnistan I
Freudengeheul, als ob einige Dutzend Drehorgeln und Leierkästen auf uns losgelassen worden seien. Da verwandelte sich das Lachen der Dschunub auch in ein förmliches Brüllen. Sie konnten nicht anders; sie mußten. Es war geradezu unmöglich, der Lächerlichkeit der Szene zu widerstehen. Auch ich brüllte mit; aber Smihk, der Dicke, überbrüllte uns alle. Dann machte er einen gewaltigen Sprung, noch einen und noch einen, bis zu mir her, zog mir seine Zunge erst quer und dann lang von unten herauf über das Gesicht und war mir für die Ohrfeige, die ich ihm dafür gab und die er wahrscheinlich für eine Liebkosung hielt, so dankbar, daß er vor lauter Wonne wieherte, grunzte, kläffte, blökte, meckerte, schnurrte, gluckste, gackerte, kollerte und girrte, als ob er im Besitz aller Tierstimmen sei, durch die es möglich ist, diejenige Art der Zuneigung auszudrücken, welcher auch die tief unter dem Menschen stehenden Geschöpfe fähig sind.
Ich sah und hörte im Leben wohl viele Menschen lachen, aber mit solcher Urkraft und Ausdauer wie damals die Offiziere der Dschunub nie wieder. Nur einer von uns allen lachte nicht mit, und dieser eine war grad der Held dieses homerischen Gelächters, nämlich mein kleiner Halef Omar, der gar wohl einsah, was für eine komische Rolle er spielte, und uns darum unsere laute Lustigkeit nicht übelnahm, sich an ihr aber nur mit einem ganz kleinen, leisen Lächeln beteiligte. Er wartete geduldig, bis wir aufgehört hatten, und sagte dann zu mir:
„Ich danke dir, Sihdi! Mit dir ist das Viehzeug ins Wasser gesprungen. Mit mir wollte es in fünf Minuten rund um die Erde. Wer sind diese lustigen Leute hier?“
Ich legte meine beiden Hände eng zusammen, was in der Gebärdensprache der Haddedihn die Aufforderung ist, vorsichtig zu sein, und ja nichts zu verraten, und antwortete hierauf, indem ich auf den Strategen deutete:
„Dieser hier ist der Tertib We Tabrik Kuwweti Harbie Fenninde Mahir Kimesne des Scheiches von Dschunubistan, und die andern sind seine Offiziere.“
Halef war gewiß verwundert, als er dies hörte, ließ sich das aber nicht merken, sondern zuckte die Achseln und antwortete mit einem Blick auf den kurzen Oberkörper des Genannten:
„Sein Titel ist länger als er selbst. Wenn er auf Smihk, dem Dicken säße, würde er wohl nicht königlicher aussehen als ich! Soll ich mit ihm tauschen? Sein Schimmel gefällt mir sehr!“
„Schweig!“ fuhr ich ihn scheinbar zornig an. „Ich bitte mir Achtung aus vor diesem Helden! Wir sind nämlich seine Gefangenen!“
„Seine Gefangenen? Ihr? Du? Gefangener dieser paar Menschen?“ fragte er.
Sein Blick, den er im Kreise rundherumgehen ließ, war zunächst ein überraschter, nahm aber sehr schnell einen ganz anderen Ausdruck an. Sein Gesicht wurde heiter und immer heiterer. In seinen Mund- und Augenwinkeln begann jener Schalk zu spielen, den ich sehr wohl kannte. Wenn die kleinen Fältchen da so zuckten und zitterten wie jetzt, war stets ein Streich unterwegs, mit dem er einen andern übertölpelte. Da fragte zu seinem eigenen Schaden der Stratege:
„Wer ist dieser kleine Kerl, dieser Mensch, der es wagt, mit mir tauschen zu wollen?“
„Wer ich bin?“ antwortete Halef. „Ein Bewunderer deines Schimmels! Das habe ich dir ja schon gesagt! Gib ihn her! Ich will dir zeigen, wie schnell es mit der Gefangenschaft meines Effendi zu Ende ist!“
Er trennte sich mit einem raschen Sprunge von dem Urgaul, den er stehen ließ. Mit einem zweiten Sprung schnellte er sich zu dem Strategen hin, und mit einem dritten schwang er sich zu ihm auf den Schimmel, so daß er hinter dem Sattel zu knien kam, riß den Reiter aus den Bügeln, warf ihn vom Pferd, setzte sich selbst fest, griff nach den Zügeln und ritt davon, indem er mir zurief:
„Der Tausch ist gemacht. Er reite nun den Smihk!“
Er eilte im Galopp dahin, woher er gekommen war, also dem Engpaß zu. Der zur Erde gestürzte Stratege sprang wieder auf und tat das Allerdümmste, was er tun konnte, nämlich, er rief seinen Leuten zu:
„Ihm nach, ihm nach! Sofort! Fangt ihn! Schießt ihn nieder! Bringt mir mein Pferd zurück!“
Sie gehorchten. Sie ritten davon, aber genau dem Range nach. Erst der General, zuletzt der ‚gemeine Soldat‘. Jeder wartete, bis sein Vorgesetzter die Verfolgung begonnen hatte, und ritt erst dann hinter ihm her, nachdem dies geschehen war. Das sah nicht nur dumm aus, sondern war auch wirklich dumm, denn Halef bekam dadurch einen Zeitvorsprung, der
Weitere Kostenlose Bücher