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24 Stunden

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Titel: 24 Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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und Motorräder.
    »Schauen Sie genau hin«, murmelte er und konzentrierte sich auf das Bild eines Rambiers. »Schauen Sie genau hin.«
    »O mein Gott«, sagte Cheryl. Will gewann langsam den Eindruck, dass ihr Vokabular nur aus diesen Wörtern bestand.
    »Was ist?«
    Cheryl starrte mit aufgerissenem Mund auf die Autobahn hinunter.
    »Was ist?«
    »Ich hab ihn gesehen.«
    »Den Rambler?«
    Sie drehte sich zu ihm um und nickte mit weit aufgerissenen Augen.
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich hab sie gesehen. Ich habe Hueys Gesicht gesehen. Und Ihre Tochter hab ich auch auf dem Beifahrersitz gesehen.«
    Will stockte der Atem. Er reckte sich, um einen Blick zurückzuwerfen, aber sie hatten die Stelle schon längst hinter sich gelassen. Will stieg in die Höhe und beschrieb eine so enge Kurve, dass die Nase des Flugzeugs fast das Heck berührte.
    »Was machen Sie da?«, fragte Cheryl.
    »Wir fliegen noch einmal über sie hinweg. Und überprüfen Sie, ob sie es auch sind. Schnallen Sie sich an.«
    »O mein Gott.«

20

    »Ich erzähl dir mal was über Rache«, sagte Hickey.
    Sie befanden sich 25 Meilen südlich von Jackson, und Hickeys Stimmung schien sich von Meile zu Meile aufzuheitern. Er lehnte sich beim Fahren lässig übers Lenkrad, und es war ihm anzusehen, dass er sich auf irgendetwas freute. Karen schaute aus dem Fenster. Auf ein großes Baumwollfeld folgte ein Platz, auf dem Wohnwagen standen. FERTIGHÄUSER!, stand auf dem Plakat über dem Eingang. GÖNNEN SIE SICH DEN LUXUS EINES WOHNMOBILS!
    »Erinnerst du dich daran, was du mich heute Morgen gefragt hast?«, fragte Hickey.
    »Was denn?«
    »Ob ich dich statt deiner Tochter töten könnte?«
    Karen nickte verhalten. Hickey gefielen diese Spielchen. Wie einem grausamen Kind, das ein verwundetes Tier quälte, machte es ihm Spaß, sie mit einem spitzen Stock zu pieksen und zuzuhören, wie sie schrie.
    »Möchtest du das immer noch? Falls jemand sterben muss, meine ich?«
    »Ja.«
    Er nickte nachdenklich, als ob er über ein philosophisches Argument nachdachte. »Und du glaubst, dass damit alles gegessen wäre? Glaubst du, dein Tod würde deinem Gatten schwer genug zusetzen, um ihm den Mord an meiner Mutter heimzuzahlen?«
    »Will hat Ihre Mutter nicht getötet.« Aber jemand hätte es tun sollen, dachte Karen. Bevor sie so einen Scheißkerl wie dich zur Welt gebracht hat.
    »Das glaube ich nämlich nicht«, sagte Hickey. »Ich meine, dass es ihn genügend treffen würde. Und der Grund ist interessant. Du bist nämlich nicht sein eigen Fleisch und Blut.«
    Karen wich seinem Blick aus.
    »Wenn du stirbst, wird er dich vielleicht eine Weile vermissen. Aber du bist nur seine Ehefrau. Er kann sich eine neue suchen. Und mit der Kohle, die er hat, ist das nicht besonders schwer. Außerdem kann er sich dann ein neueres Modell nehmen. Wahrscheinlich hat er dich sowieso schon satt.«
    Karen reagierte nicht.
    »Mit deiner kleinen Tochter ist das etwas anderes. Sie ist sein eigen Fleisch und Blut. Das ist er, ebenso wie meine Mutter und ich verbunden waren. Und mit ihren sechs Jahren kennt er sie auch schon richtig. Er liebt dieses Kind. Es ist sein Lebenslicht.«
    Schließlich drehte sich Karen zu ihm um. »Was wollen Sie damit sagen? Wollen Sie Abby töten?«
    Er lächelte. »Ich hab dir nur ein Konzept erklärt. Rein hypothetisch. Um dir zu beweisen, dass dein Vorschlag von heute Morgen einen Fehler hat.«
    »Heute Morgen haben Sie mir gesagt, dass ich mir keine Sorgen zu machen brauche. Sie haben gesägt, niemand würde sterben.« Und Stephanie ist schon tot, fügte sie im Stillen hinzu.
    Hickey hämmerte zufrieden aufs Lenkrad. »Wie gesagt. Rein hypothetisch.«
    Nachdem Will die Maschine gedreht hatte und wieder den aus Süden kommenden Verkehr überflog, sah er den kleinen weißen Wagen, den Cheryl entdeckt hatte. Der kastenförmige Wagen mit den zahlreichen Grundierungsflecken kroch im Vergleich zum anderen Verkehr über die Straße und wurde ständig überholt. Cheryl hatte Recht. Es war ein Rambler. Will drosselte die Geschwindigkeit, bis das Flugzeug praktisch auf das Auto zutrieb.
    Kurz darauf konnte er in den Wagen sehen.
    Neben einem Riesen am Lenkrad, im Vergleich zu dem der Wagen fast wie ein Spielzeugauto wirkte, sah er einen kleineren Kopf auf dem Beifahrersitz. Das Kind bewegte sich auf seinem Sitz hin und her, und als die Baron ganz dicht über den Wagen hinwegflog, erkannte Will die Gestalt und das Gesicht der Person, die er im schwächsten Kerzenlicht erkannt

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