24 weihnachtliche Geschichten - ein Adventskalenderbuch
Line und Lars allein auf den Weg. Heimlich natürlich, damit ihre Eltern sich nicht auch noch um sie Sorgen machen mussten.
Zuerst gingen sie noch mal zu Opa Alfred nach Hause. Sofort fiel ihnen auf, dass das Bett nicht gemacht und das Feuer im Ofen ausgegangen war. Und Opas dicke Jacke hing auch nicht am Kleiderhaken. Dann entdeckten sie auf dem Küchentisch die aufgeschlagene Zeitung. Eine kleine Anzeige war mit einem dicken Kreis ummalt:
DRINGEND AUSHILFSBÄCKER FÜR
WEIHNACHTSPLÄTZCHEN GESUCHT.
BITTE BEI HERRN WEIHNACHTSMANN MELDEN,
RENTIERWEG 24.
„Komischer Name, Herr Weihnachtsmann“, kicherte Lars.
Und Line sagte: „In Jokkmokk gibt es keinen Rentierweg!“
Als sie wieder aus dem Haus kamen, stutzte Lars. Im Schnee zeichneten sich die Abdrücke von dicken Stiefeln ab.
„Die sind bestimmt von Opa“, meinte Lars.
Sie folgten der Spur durch stille Straßen aus Jokkmokk hinaus und weiter bis in den Wald. Die Tannen warfen dunkle Schatten auf den Schnee. So weit im Wald waren Line und Lars noch nie gewesen!
Opa Alfreds Spur führte zu einer Lichtung, auf der eine Herde Rentiere friedlich döste. Ihr Fell glänzte silbrig im Mondlicht, und ihre kleinen Glöckchen bimmelten leise im Nachtwind.
Auf der anderen Seite der Lichtung standen ein paar rot gestrichene Holzhäuser. Licht schimmerte in den Fenstern, und der Rauch von Kaminfeuer kräuselte sich über den Schornsteinen. Vor einem windschiefen Schuppen entdeckten Line und Lars einen großen Schlitten.
„Riech mal“, sagte Lars plötzlich.
„Zimt“, meinte Line, „und Vanille und …“
„… Lebkuchengewürz und Honigkuchen“, ergänzte Lars.
„Weihnachtsplätzchen!“, riefen beide so laut, dass die Rentiere erschreckt ihre Köpfe hoben.
Line und Lars schlichen weiter bis zu den Häusern. Als sie in das erste Fenster spähten, sahen sie Ole, den alten Tischler ihres Ortes. Er war dabei, die Kufen für ein Schaukelpferd zu schnitzen. Im ganzen Raum standen Schaukelpferde, Eisenbahnenund anderes Spielzeug aus Holz. Durch das nächste Fenster erkannten sie Matti, den Maler, der gerade Puppenhäuser bunt anmalte. Hinter dem dritten Fenster nähte die alte Elva Puppenkleider auf einer großen, glänzenden Nähmaschine.
Je näher sie dem letzten Haus kamen, umso mehr duftete es nach Weihnachtsbäckerei. Wieder schlichen sie sich zum Fenster. Drinnen sah es aus wie in der Backstube zu Hause. Auf den Tischen standen Schüsseln voller Mehl, Eier und Butter. Der Ofen glühte, und auf den Regalen türmten sich gefüllte Keksdosen. Und mittendrin war Opa Alfred mit seiner weißen Bäckermütze auf dem Kopf, der gerade ein Blech mit leckeren Keksen aus dem Ofen holte.
„Guck mal, da hinten“, flüsterte Line, „da ist noch jemand!“
Sie drückten ihre Nasen gegen die Scheibe. Ganz hinten in der Backstube saß ein alter Mann mit einem langen weißen Bart an einem Tisch. Er hatte einen großen Stapel Briefe vor sich, die er im Licht einer Kerze las. Nach jedem Brief rief er etwas zu Opa Alfred hinüber, als würde er eine Bestellung aufgeben.
„Komm, Lars, lass uns nach Hause gehen“, flüsterte Line und zupfte ihren Bruder am Schal. Sie fassten sich an den Händen und machten sich leise wieder auf den Heimweg. Und als ihre Eltern nach Hause kamen, lagen sie schon lange in ihren Betten und schliefen tief und fest.
Am nächsten Morgen klingelte noch vor dem Frühstück das Telefon. Opa Alfred!
„Sehr merkwürdig“, meinte die Mutter, nachdem sie den Hörer wieder aufgelegt hatte. „Er hat nur gesagt, wir sollen uns keine Sorgen machen. Und er würde heute Abend kommen und uns zur Kirche abholen.“
Line und Lars zwinkerten sich heimlich zu. Aber sie erzählten kein Wort von ihrem nächtlichen Ausflug. Das war jetzt ihr Geheimnis!
Als dann am Heiligen Abend die Glocken läuteten, stand wie versprochen Opa Alfred in der Tür, als wäre er nie weggewesen.
„Tut mir leid, dass es ein bisschen später geworden ist“, sagte er. „Aber wenn wir uns beeilen, schaffen wir es noch rechtzeitig in die Kirche.“
Alle zusammen machten sie sich vergnügt auf den Weg, mit Opa Alfred in der Mitte. Nach einem Moment sagte die Mutter verwundert: „Opa riecht, als wäre er die ganze Nacht in der Backstube gewesen.“
„Stimmt“, nickte der Vater, „das wollte ich auch gerade sagen.“
Opa Alfred brummte nur irgendwas vor sich hin. Aber dann holte er plötzlich eine große Tüte aus seiner Manteltasche. „Greift zu“, sagte er. „Ich hab
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