2400 - Zielzeit
Tod und Leben!"
Die Generalin ertappte sich dabei, dass sie ins Leere starrte. Wahrscheinlich schon die ganze letzte Stunde, dachte sie, denn Kamuko hatte ein Problem. Sie würde Dinge tun müssen, die undenkbar waren. Nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern noch an diesem Tag, sobald sie zu einem Entschluss gekommen war. „Ein Angriff der Pressor-Garde wird gemeldet, Generalin!" Er sprach in dem heiseren, abgehackten Tonfall der Schohaaken, mit einem Zentrums-Akzent, den Kamuko kannte, im Augenblick jedoch nicht zuzuordnen wusste. „Dreihundert Traitanks im System Caso-Triteus – das ist praktisch in der Nachbarschaft! Die Werften sind bereits vernichtet. Wenn wir die Schlachtschiffe des Trecks in Marsch setzen ... es könnte für die Bewohner der Planeten noch reichen!"
Generalin Kamuko drehte sich langsam zu ihm um. „Nein!", verfügte sie mit Entschiedenheit. „Das werden wir nicht tun. Der gesamte Treck verbleibt bei Oaghonyr. Wir geben unsere Stellungen nicht preis."
„Aber ... bei Caso-Triteus sterben Milliarden! Bedenke das!"
Der Sekretär, dessen Namen sie nicht kannte, war kaum größer als ein Meter, ein dünner Strich mit ockerfarben geschuppter Haut. Sein Kopf war von einer dunkelgrünen Behaarung bedeckt, dick wie Stroh, und sein schmales Gesicht wirkte filigran wie das einer Puppe.
Schohaaken waren das tonangebende Volk von Phariske-Erigon. Doch seine Herkunft schenkte dem Sekretär noch lange keine Weisheit. „Generalin ... diese Siedler werden nicht mehr lange ..."
„Ja!", brach es beißend aus ihr hervor. „Das weiß ich!"
Der Sekretär zuckte zusammen, als habe sie ihn geschlagen.
Kamuko war die mächtigste Einzelperson der Galaxis Phariske-Erigon. Sie fungierte außerdem als Befehlshaberin des Trecks des GESETZES.
Ihre Treck-Zentrale befand sich auf dem Planeten Oaghonyr.
Die zugehörigen Einheiten, 680.000 Fernraumschiffe und fünf gewaltige Treck-Versorger, dazwischen Schiffe für Nachschub und Reparatur, sammelten sich am Rand des Systems. Der Aufbruch zur Negasphäre stand bevor, fertig zum finalen Showdown auf den Schlachtfeldern von Tare-Scharm. Doch das Signal zum Aufbruch – so dringend erwartet wie Atemluft – konnte Kamuko nicht geben. Dazu war eine übergeordnete Instanz nötig: die Superintelligenz ARCHETIM.
Welches Ziel verfolgte also der Angriff auf Caso-Triteus? Ziel der Pressor-Garde waren nicht die Werften, nicht die Bevölkerung. Sondern Ziel war allein, den Treck zu zersplittern, damit der Aufbruch nach Tare-Scharm nicht stattfinden konnte. Die Generalin wusste dies. Der Schohaake nicht, weil er sich von der Grausamkeit des Feindes blenden ließ. „Prinzipa ...", hörte sie den Sekretär drängen, „was soll nun geschehen?"
„Der Gegenschlag bei Caso-Triteus wird den regulären Truppen überlassen. Wie ich es bereits befohlen habe. Der Treck kann jederzeit auf die Reise gehen, und dann dürfen wir nicht in Scharmützel verstrickt sein."
Kamuko ignorierte das entsetzte Gesicht.
Phariske-Erigon war seit Jahren in den Fokus von Traitanks der Terminalen Kolonne gerückt. Eine Elite-Einheit, die sich Pressor-Garde nannte, hatte sich zur Aufgabe gemacht, den Aufbruch des Trecks nach Tare-Scharm zu behindern. Ihr Terror erfasste die halbe Galaxis, und die Truppen der Galaxis hatten bis heute nicht vermocht, die Basis aufzustöbern.
Dabei war die Lage in Wirklichkeit brisanter, als ihr Sekretär wissen konnte. Weil er sich über die Hintergründe des Angriffs auf Caso-Triteus nicht im Klaren war ...
Aber wie sollte er?
Seit nun eineinhalb Jahrtausenden kämpfte ARCHETIM in der Galaxis Tare-Scharm gegen die entstehende Negasphäre, zusammen mit anderen Superintelligenzen und deren Truppen.
Ihr Ziel war eine sogenannte Retroversion, die Rückverwandlung von Tare-Scharm in eine gewöhnliche Galaxis. Was immer man sich darunter vorzustellen hatte.
InderHeimat,Phariske-Erigon,herrschte derweil das SYSTEM: eine Vereinigung der fünfzehn wichtigsten Völker, die die Superintelligenz als oberste Instanz anerkannten.
Was das SYSTEM verfügte, vom fernen Planeten Dymyr-Gro, war in Phariske-Erigon Gesetz. Was aber von Oaghonyr kam, war heilig.
Die letzte heiße Kriegsphase lag mittlerweile tausend Jahre zurück – so hieß es offiziell in der Galaxis. In Wahrheit hatten immer wieder Truppen, Raumschiffe und sonstige Ressourcen Phariske-Erigon verlassen. Die Galaxis war ausgeblutet, nicht mehr und nicht weniger, und wie die militärische Lage in
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