2400 - Zielzeit
Tare-Scharm aussah, wusste niemand mit Gewissheit.
Kamuko nahm als sicher an, dass in Tare-Scharm längst mit den letzten Aufgeboten gekämpft wurde.
Der Treck des GESETZES jedenfalls war ein Opfer, das Phariske-Erigon eigentlich nicht mehr bringen konnte. Politiker und Militärs beteten zu ARCHETIM, die Wesenheit möge zurückkehren, möge seine Völker die alte Güte und die alte Gnade spüren lassen.
Doch ARCHETIM weilte in Tare-Scharm.
Um für oder gegen etwas zu kämpfen, was man in der Heimat nicht verstand.
Welch außerordentliche Bedeutung gerade in diesen Tagen der Heimat zukam, wusste in ganz Phariske-Erigon kaum jemand.
Außer Generalin Kamuko und wenigen Vertrauten.
An einem geheimen Ort, mitten in Phariske-Erigon, war ein GESETZ-Geber der Ordnungsmächte stationiert – eine mächtige Waffe der Ordnungsmächte. Welche Funktion das Objekt besaß, darüber wusste Kamuko nichts, nur dass der GESETZ-Geber zum ersten Einsatz vorbereitet wurde und dass der Treck der GESETZES als Eskorte nach Tare-Scharm fungierte.
Der GESETZ-Geber musste in jedem Fall nach Tare-Scharm kommen. Davon hing ARCHETIMS Retroversion ab.
Das Versteck und alle Vorkehrungen, die den GESETZ-Geber sicherten, waren allein der Generalin und wenigen Vertrauten bekannt.
Die Pressor-Garde konnte allenfalls vermuten – aber sie wusste nichts. Andernfalls hätte die Terminale Kolonne Millionen Traitanks nach Phariske-Erigon gesandt, und nicht nur die paar tausend. Das hinderte die Pressor-Garde jedoch nicht daran, mit äußerster Brutalität zu kämpfen. „Generalin", beharrte der Sekretär ein letztes Mal, „Caso-Triteus steht vor dem Ende. Ich bitte dich um Rettung für die Bewohner."
„Es ist mir nicht möglich."
Kamuko hob die schlanken schwarzen Hände. Ihre Ringe enthielten jeweils psionische Permits, von ARCHETIM persönlich ausgestellt, die ihr Zugang zu allen wichtigen Kontrollzentren der Galaxis garantierten. Selbst zu ARCHETIMS HORT, der Heimstatt der Superintelligenz, im Gebirge der Zeiten. Kamuko war die einzige Person der Galaxis, die an dem Ort Zutritt hatte.
Die Ringe dienten noch anderen, simplen Zwecken. Kamuko aktivierte eine Holo-Funktion: Über der geöffneten Fläche der linken Hand erschien ein miniaturisiertes Bild – übertragen von der Funkstation der Treck-Zentrale.
Energie speiende Traitanks im System Caso-Triteus. Jämmerliche Defensive der Verteidiger ... und eine brennende Außenwelt, die im Feuer von Potenzialkanonen zerbarst.
Schließlich merkte sie auf, weil sie wimmernde Geräusche hörte. Sie schaute den Sekretär an ihrer Seite von Nahem an, die schlotternde Gestalt, und bemerkte zum ersten Mal jenen gelblichen Ton in den Augen, der ihn als Siedler der Zentrumsregion kennzeichnete – als einen Schohaaken von Caso-Triteus.
Kamuko senkte schnell die Hand. Das Hologramm verblasste wieder. „Entschuldige", sagte sie, „ich habe das nicht gewusst."
„Wenn man nur beten könnte!", stieß er hervor. „Wo ist ARCHETIM, Generalin?
Warum lässt er diese Dinge geschehen?
Warum sterben unsere Völker in seinem Namen?"
Kamuko legte ihm die Hände auf die Schultern, von hoch oben herab, denn sie war mit ihren 1,72 Metern fast doppelt so groß wie er. Vor ihrem inneren Auge sah sie Familien und Kinder, Häuser im Plasmafeuer und untergehende Kontinente. „Es tut mir leid, mein Sohn", sagte sie schwer. „Aber ich bitte dich, diesen Raum nun zu verlassen. Ich werde tun, was in meiner Macht steht, das verspreche ich."
Der Schohaake schlurfte mit hängenden Schultern hinaus.
Rings um Kamuko herrschte wieder Grabesstille. Sie vergewisserte sich, dass die Tür des Gewölbes wirklich verschlossen war, und schaltete zusätzlich einen energetischen Riegel vor. Denn Kamuko hatte ein Geheimnis.
Dieses Mal hob sie die linke Hand und aktivierte ein Funkgerät. Als Rufzeichen erschien das Abbild einer gewaltigen goldenen Spindel: ARCHETIMS HORT. „Generalin Kamuko spricht!", formulierte sie scharf. „Generalin Kamuko ruft ARCHETIM!"
Natürlich reichte die Verbindung nicht 45 Millionen Lichtjahre und zur Galaxis Tare-Scharm. Doch sie konnte sicher sein, dass das Signal in diesem Moment den HORT erreichte.
Was keiner wissen durfte: ARCHETIM kämpfte längst nicht mehr in Tare-Scharm – sondern weilte in der Heimat. Seit zwanzig Jahren machte ARCHETIM Station im HORT, tausend Kilometer nordöstlich der Treck-Zentrale, und sammelte Kräfte für die letzte Schlacht.
Kamuko hoffte so sehr, in ihrem Kopf
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