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2406 - Die Kristall-Annalen

Titel: 2406 - Die Kristall-Annalen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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schwadronierst.
    Es geht nicht um das Abschlachten von Gegnern, es geht um militärische Ziele, und militärische Ziele lassen sich ohne sinnlose Gewalt erreichen.
    Mit effektiveren, eleganteren Mitteln."
    Aus der Kartothek stieg ein Schwall besonders übel riechender Gase; die Stele strahlte auf. Es stank nach Ammoniak, Schwefel, Eisen.
    „Ohne sinnlose Gewalt?", echote sie.
    „Sinnlose Gewalt – was für ein Unding! Jede Gewalt erfüllt für den Gewalttäter einen Sinn, sonst würde er sie nicht anwenden!"
    „Aber sie muss nicht übermäßig brutal sein. Diese abstoßenden Bilder ..."
    „Du Schöngeist!", höhnte die Kartothek. „Es ist für dich also nur ein ästhetisches Problem? Dir ist Gewalt recht, doch sie soll in Maßen gehalten sein und angenehm zu sehen? Unterhaltsam? Du willst Gewalt, aber der Schmerz soll retuschiert werden?"
    „Was weißt du von Schmerzen?", brüllte Ekatus auf. „Zeig mir andere Schlachten! Lehrreichere ..."
    Die Szenerie verblasste.
    Ekatus Atimoss sah ringförmige Kunstwelten, die in einem Schauer künstlich erzeugter Gammablitze zerstoben; er sah Myriaden winziger, faustgroßer Robotschiffe gegeneinander kämpfen; er sah Flotten, die mit Impulsgeschützen, Desintegratoren und Hyperraumaufrisskanonen aufeinander schossen; er sah Raumschiffsverbände in Sektoren scheitern, die mit verkapselten Schwarzen Löchern unterminiert waren; er sah ein unfassbar großes Gebilde, das sich aus einem fremdartigen Universum in das hiesige zwängte, die Splitter der Raumzeit aus dem Weg fegte und sich auf den Weg machte, die vereinigten Streitkräfte einer galaxienweiten Allianz aufzureiben, bis es selbst von den Kräften der Strangeness zerrieben und zerquetscht wurde und mit einem vieldimensionalen Kreischen unterging.
    Er sah Ebenen, mikroskopisch flach, technoide Habitate, die auf der Oberfläche von Neutronensternen dahinzogen, und bleiche, knöcherne Katapulte, die Schwerkraftbomben in den Stern feuerten ...
    Er sah alles wie in einem Rausch.
    Und der Dual lernte seine Lektionen gründlich. Für über einhundert Jahre wurde Ekatus Atimoss zum erfolgreichsten Kommandanten einer Pressor-Garde in diesem Sektor des Universums.
    Er schlug die Schlachten seiner Zeit.
    Voller Schmerzen; wie immer. Voller Lust; das war neu.
     
    8.
     
    Voyeure
     
    Das Visier des Auftraggebers öffnete sich, aber es war nicht nur das Gesicht des Auftraggebers, das zum Vorschein kam.
    Wie auf einem fliegenden Thron glitt der Auftraggeber selbst aus dem Kopfteil der schwarzen Gestalt heraus: Er war ein Dual. Er saß, aber der Pikosyn konnte problemlos seinen Leib auf Grundlage der dreidimensionalen Bilder vermessen, die er von Mondras Kamera geliefert bekam.
    Keine der beiden Körperhälften war größer als maximal achtzig Zentimeter. Obwohl seine beiden Hemisphären von reptiloidem Grundschnitt waren, passten sie in keiner Weise zueinander: Die vom Dual selbst aus gesehen rechte Hälfte hatte einen schildkrötenartigen Kopf, der an einem Hals nach vorn pendelte; der Kopf der linken wirkte eidechsenhaft. Alle Duale waren groteske Lebewesen, Produkte einer entsetzlichen Ästhetik, einer biomedizinischen Technologie, für die jede Entstellung der Natur Beweis der eigenen Übermacht war.
    Aber dieser Dual wirkte nicht einfach grotesk, er wirkte misslungen, ruiniert.
    Wir befinden uns 20 Millionen Jahre tief in der Vergangenheit, überlegte Rhodan. Vielleicht erleben wir die Anfänge der Dualchirurgie.
    Wie um seine Gedanken zu bestätigen, öffneten die beiden Köpfe synchron ihre Münder und schrien. Der Schrei drang zu ihnen herauf, durch den Helm, in die Ohren.
    Es gibt viele Sprachen im All. Nur eine von ihnen ist etwas wie die Lingua franca des Universums: der Schmerzensschrei. Unmittelbar verstand er das Ausmaß der Qual, die einen solchen Schrei auslösen konnte.
    Rhodan spürte, wie er blass wurde, voller Mitleid und Scham, diesen Schrei zu hören, der nicht für seine Ohren bestimmt war. Für niemandes Ohren auf dieser Welt.
    Er fühlte sich wie ein Voyeur.
     
    *
     
    Der Dual hatte sich von seinem Schwebestuhl in eine Hygienekammer transportieren lassen. Der Trageroboter stand reglos; das Multifunktionsarmband maß nur schwache Emissionen an. Der Roboter war im Standby-Betrieb.
    Nach wenigen Minuten tauchte der Dual, den seine Soldaten Ekatus Atimoss genannt hatten, wieder auf.
    Merkwürdig starr saß er in seinem Stuhl, wie in Trance. Die Kamera hatte inzwischen reflektierende Flächen an den

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