2409 - Grenzwall Hangay
auf einem der Intern-Monitoren, dass Atlan, weit über das Geländer vorgebeugt, die geballte Hand reckte. „ESCHER! Verdammt, Savoire – Zielkoordinaten, oder wir müssen zurückspringen!"
„Soeben überspielt", verkündete ungerührt die Stimme des Kybernetikers.
„Eingetroffen", bestätigte Major Sir Tephotos, der imartische Erste Pilot.
Mit aller Willenskraft kämpfte Uluth darum, bei Bewusstsein zu bleiben. In seinen Ohren rauschte es.
Kaum verständlich hörte er Zaar Stockpole am Funkpult direkt neben ihm: „Die Friedensfahrer fragen an, wie wir uns entschieden haben. Wenn wir auf Einflug-Kurs bleiben, müssen sie unverzüglich aus dem Verband ausscheren."
„Direktleitung."
„Steht."
„Revisor Ombar, wir wagen es. Wir gehen den Grenzwall an. Vielen Dank, guten Heimflug, auf Wiedersehen. – Atlan an Geschwader: Vollzug!"
Im selben Moment, in dem Kommandant Oberst Theonta den Befehl zum Linearmanöver erteilte, weiteten sich Uluth Karsmaqs Augen. Sein Display zeigte eintreffende aktive Tasterimpulse. Wie lange schon, konnte er nicht sagen.
Hatte er übersehen, dass sie von dem einsamen Kolonnen-Transporter geortet worden waren?
Er krächzte etwas, das er selbst nicht verstand. Während die BURTON und ihr Gefolge in den Linearraum wechselten, übermannte ihn die Schwäche endgültig.
Schwarzes, ekliges Wallen hüllte ihn ein.
Major Uluth Karsmaq fiel in Ohnmacht, der grässlich deformierten Düsternis entgegen.
Personalia (VI)
Ich bin kein Versager.
Obwohl ich mich als solcher fühlte, sobald ich wieder zu mir kam.
Aber inzwischen hat mich die Medikerin Amanaat-Marmeen getröstet und beruhigt. Und mir vom Kommandanten ausgerichtet, dass ich mir keine Vorwürfe machen soll.
Klar, ein riesiges Trägerschiff wie die RICHARD BURTON, mit einer Masse von 1,65 Milliarden Tonnen und einem Volumen von 8,9 Milliarden Kubikmetern, ist nicht so organisiert, dass der plötzliche Ausfall eines einzigen Mannes eine Katastrophe auslösen könnte. Das wäre absurd, idiotisch, unverantwortlich.
Die Tasterimpulse des feindlichen Transporters waren selbstverständlich nicht bloß an meinem Platz ausgewiesen worden, sondern unter anderem an sämtlichen Vorrangpulten auf dem COMMAND-Podest und auf der Empore der Einsatzleitung. Ich – oder auch mein Kollege Stockpole – hätte höchstens die diversen Passiv-Orteranlagen noch exakter darauf einpegeln können; was jedoch im konkreten Fall nichts eingebracht hätte.
Dazu war praktisch keine Zeit mehr, genauso wenig wie für die Schiffsführung, darauf zu reagieren.
Nein. Niemand hat Schuld. Und niemand kann zur Stunde sagen, ob das Geschwader im letzten Moment entdeckt wurde oder nicht. Mit dieser Ungewissheit müssen wir leben.
Wenn ich mir etwas anzukreiden habe, dann nur, dass ich nicht rechtzeitig geschaltet habe, als Trim Marath so heftig auf die Nähe des Grenzwalls um Hangay reagierte. Schließlich besitzen wir gewissermaßen verwandte Psi-Talente, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß.
Ich bin Paralauscher. Meine leider schon verstorbene Mutter war Terranerin, mein Vater hingegen stammt von Vincran, aus der Dunkelwolke Provcon-Faust.
Er hat mir die Befähigung vererbt, hyperenergetisch variierende Einflüsse mittels Geisteskraft anzumessen und auseinanderzuhalten. Einige Male gelang mir das schon besser als meinen Ortergeräten.
Mein größter Ehrgeiz besteht darin, eines Tages sogar die Ergebnisse der Kantorschen Ultra-Messwerke zu überbieten.
Davon bin ich allerdings noch weit entfernt.
Mit Trim, den ich bewundere und von dem ich gern lernen möchte, hatte ich vereinbart, dass wir bald einmal versuchen wollen, einen Duo-Parablock zu bilden.
Vielleicht können wir unsere Fähigkeiten bündeln und uns gegenseitig stärken.
Davon ist momentan keine Rede. Der Kosmo-Spürer und ich liegen nebeneinander auf der Medostation, zugedröhnt mit Spezialsedativen.
Trotzdem haben wir, jeder für sich, mehr als genug damit zu tun, die krank machende, krankhafte Präsenz des Grenzwalls auszublenden. Logisch, dass Trim früher betroffen war. Er ist ja der viel stärkere Mutant.
Aber jetzt hat es mich ebenfalls ganz schön erwischt. Nicht nur mein Magen, auch mein Geist rebelliert gegen die vergewaltigte Natur, die uns umgibt. Obwohl – oder vielleicht weil – ich sie nicht erfassen und nicht einmal ansatzweise verstehen kann.
Ich bin müde, sehr müde.
Mein Name: Uluth Karsmaq.
Mein Ziel: Hangay überleben.
6.
Das
Weitere Kostenlose Bücher