2409 - Grenzwall Hangay
Friedensfahrer. Die Barriere war weder sichtbar noch ortungstechnisch mit Standardgeräten zu erfassen.
Einer jedoch erfühlte sie, sobald die RICHARD BURTON im Normalraum rematerialisiert war.
Trim Marath stieß einen erstickten Schrei aus. „Das ist ... grauenhaft", röchelte er, sich wie in Krämpfen windend.
Dann erbrach er sich in die Zentrale.
Deutlicher ging es wohl nicht mehr.
Später, in der Medostation, sollte der Kosmo-Spürer berichten, dass er in ihrem Kurs etwas überwältigend Entsetzliches wahrnahm.
„Die Proto-Negasphäre Hangay ... Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie obszön, wie ... verunreinigt ..."
Amanaat-Marmeen verabreichte ihm ein auf seinen speziellen Metabolismus zugeschnittenes Beruhigungsmittel. Mit dessen Hilfe gelang es Trim allmählich, der Übelkeit Herr zu werden und sich an den permanenten parapsychischen Druck zu gewöhnen, der vom Grenzwall ausging.
*
Inzwischen meldete Major Uluth Karsmaq, diensthabender Leiter der Abteilung Funk und Ortung, dass die BURTON und ihr Gefolge bislang unentdeckt geblieben waren. Wie es aussah, hielt der Tarnschirm der begleitenden OREON-Kapseln.
Sämtliche Ergebnisse seiner passiven Ortung leitete Karsmaq umgehend an ESCHER weiter, insbesondere jene der Kantorschen Ultra-Messwerke.
Kernstück dieser Detektoren, die auch Kantor-Sextanten genannt wurden, waren unter anderem Elemente mit Anteilen von Eclisse und CV-Embinium sowie in geringen Mengen das in der Experimentalfabrik HWG-01 hergestellte „hyperladungsstabilisierte Howalgonium". Diese total verschiedenen Stoffe mussten im exakt berechneten Verhältnis und überdies in einer bestimmten strukturellen Anordnung mit höchster Präzision im Nanometerbereich kombiniert werden.
Die Orterbandbreite reichte bis zu einem SHF-Wert von etwa 8,45 mal zehn hoch fünfzehn Kalup des hyperenergetischen Spektrums. Unterhalb dessen konnten auch die damit verbundenen sechsdimensionalen Komponenten eindeutig erfasst werden, im Unterschied zu den sonstigen in der Milchstraße verbreiteten Geräten.
Das Ultra-Messwerk arbeitete hierbei allerdings rein passiv. Aufgefangen wurden deshalb nur Emissionen und Signale von entsprechenden Strahlungsquellen.
Es fand keine Reflexauswertung vergleichbar einem aktiven Taster statt.
Kantor-Sextanten hatten nicht nur ihre Vorgänger ersetzt, die wesentlich unhandlicheren „Ultra-Giraffen", sondern sie erweiterten das Mess-Spektrum noch deutlich in den ultrahochfrequenten und superhochfrequenten Bereich hinein. In ihre Entwicklung waren zudem die mit dem Hyperraum-Resonator verbundenen Möglichkeiten eingeflossen, einschließlich der gleichzeitigen Kalup- und Hef-Bestimmung unter Berücksichtigung des Meganon-Faktors.
Derlei Feinheiten mochten nicht jedermanns Sache sein. Uluth Karsmaq indes fand solche Details überaus stimulierend.
Die Bandbreite eines Ortungsgerätes war nur ein Aspekt. Empfindlichkeit und Auflösungsvermögen hingen neben der eingehenden Strahlintensität von der Distanz zur jeweiligen Strahlquelle ab. Je weiter entfernt und je schwächer, desto unklarer war auch das Ortungsergebnis – bis schließlich die Messwerk-Empfindlichkeit nicht mehr für einen Nachweis ausreichte.
Hinzu kam, dass sich durch eine rein passive Ortung zwar die Richtung und gegebenenfalls die Eigenbewegung einer Strahlquelle ermitteln ließen, normalerweise aber nicht die Entfernung – sofern nicht die exakte Stärke der Quelle bekannt und die Distanz indirekt berechenbar war.
Je schwächer das Eingangssignal, desto ungenauer die Positionsbestimmung. Umgekehrt galt das mit wachsender Distanz selbst bei einem starken Signal.
Denn im Standarduniversum gemessene Hyperstrahlung erschien bekanntlich als sich kugelförmig ausbreitend und in der Intensität mit dem Quadrat der zurückgelegten Entfernung abnehmend.
Die präzise Orterreichweite der Kantor-Sextanten lag bei maximal zweitausend Lichtjahren. Mehr als genug für den Grenzwall – doch was Major Karsmaq aus dieser Richtung hereinbekam, ergab für ihn keinen Sinn, so rasend er auch nachjustierte. Dennoch gab er die Daten wie vereinbart an die Parapositronik durch.
Und ESCHER rechnete.
*
„Oje! Das kann dauern", kommentierte Marc A. Herren. „Beim letzten Mal hat die hypergescheite Kiste zehn Stunden gebraucht, bis sie wieder einen Pieps von sich gab. Wollen wir uns nicht lieber noch eine Runde prügeln?"
Er und Hajmo Siderip hielten sich im Bereitschaftsraum der Haupt-Medostation
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