2409 - Grenzwall Hangay
vorerst nicht dahin zurückkonnten. Schließlich bestand keine akute Bedrohung.
Das Bewusstsein, sich in einer immens gefährlichen Umgebung aufzuhalten, war klarerweise bei allen gegeben, jedoch auf rein rationaler Ebene. In fliegenden Festungen wie den ihren konnte man sich trotzdem sicher fühlen, egal was sich auf der anderen Seite der fünf Meter dicken Ynkonit-Außenhüllen befand.
Im Raumfahrerjargon „Spittocks" genannte Aggregate überlagerten zusätzlich mit ihrer Ausstrahlung gezielt die Kristallfeldintensivierung, um die Statik dem gerade erforderlichen Belastungsfall anzupassen. Sie manipulierten die Festigkeit der Rumpfstruktur, wobei die Beeinflussung auf die Einsatzdauer der Spittocks zeitlich begrenzt war. Danach wies das Material völlig identische Eigenschaften auf wie im Zustand davor.
Hinzu kamen außerdem diverse Schutzschirme: neben konventionellen Prallschirmen zum Beispiel eine hypermagnetische Abwehrkalotte, vor allem gegen Meteoriten und zur Ableitung interstellarer Materie, welche beim Hochbeschleunigungs-Sublichtflug eine beachtliche kinetische Energie entfaltete. Eine Vollkugelprojektion war hierbei nicht erforderlich; ein Kugelabschnitt in Vorausprojektion genügte und verschlang weniger Energie.
Weiterhin ein HyperenergieÜberladungsschirm, ein Paratron und zu dessen Ergänzung der „Paros-Schattenschirm", der sowohl die Schutzwirkung verbesserte als auch einem extrem effektiven Ortungsschutz gleichkam ... Freilich „verbrannte" er im Schatten-Modus buchstäblich mit jeder Sekunde kostbares, schwer herstellbares HS-Howalgonium. Dafür zeigten die Erfahrungswerte hinsichtlich der Belastbarkeit, dass die furchtbaren Potenzialkanonen der Terminalen Kolonne TRAITOR gegen den Paros-Schirm weitgehend wirkungslos blieben.
Einigermaßen beruhigende Fakten, ohne indes Anlass zum Übermut zu geben.
Andere Waffen der Traitanks und sonstigen TRAITOR-Einheiten führten allemal zur Überlastung, sofern zehn oder mehr Raumer gleichzeitig attackierten und ihre Waffen im Punktbeschuss synchronisierten.
Mit einem kompletten Chaos-Geschwader, das gewöhnlich aus 484 Schlachtschiffen bestand, sollte man sich also keinesfalls anlegen.
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An Bord der acht Trägerschiffe, die nach wie vor eng beieinanderstanden, ging das Leben seinen gewohnten Gang.
Es herrschte lediglich erhöhte Alarmbereitschaft. Vom normalen Dreischichtbetrieb auf überlappende Doppelschichten umzustellen, bestand kein Anlass. Ohnehin waren sämtliche Funktionen mehrfach redundant besetzt.
Marc A. Herren, dessen Dienstzeit zu Ende gegangen war, wälzte sich auf dem Bett seiner Kabine hin und her. Gewöhnlich hatte er keine Schwierigkeiten mit dem Einschlafen.
Aber sie waren in Hangay! Erst in der Randzone, gewiss, nur ein winziges Stück im verfluchten Grenzwall, der sie gleich wieder abgestoppt hatte.
Dennoch, es hieß nicht mehr „Morgen Hangay!", sondern Hangay, hier und jetzt.
Seinem Körper den nötigen Schlaf zu gönnen war ein Gebot der Vernunft.
Mochte Marc innerhalb des Mannschaftsgefüges auch eine eher unwichtige, kaum je benötigte Nebenfigur darstellen – es gehörte zu seinen Pflichten, sich fit und funktionstüchtig zu halten.
Selbstverständlich war er in geeigneten Meditationstechniken ausgebildet worden. Dass durchschnittlich ein Drittel der Besatzung sich ausruhen musste, obwohl vielleicht gerade äußerst aufregende Dinge geschahen, war in der Raumflotte der Liga Freier Terraner keine Seltenheit.
Disziplin bedeutete nicht bloß, seine Aufgaben ordentlich auszuführen, sondern eben auch, sich physisch wie psychisch in Schuss zu halten.
Marc hätte ein harmloses, nebenwirkungsfreies Schlafmittel nehmen können.
Das war keineswegs verpönt, er wusste von etlichen Kameraden, die sich so behalfen. Für sich selbst allerdings erachtete er es als ein Zeichen von Schwäche.
In seinen „wilden" Jahren hatte Herren mehr als ausgiebig mit Drogen experimentiert und seine Rauschzustände als „heroische Selbstversuche in uralter medizinischer Tradition" gerechtfertigt.
Blödsinn: Es war einzig darum gegangen, alles auszuprobieren, was er in die Finger kriegen konnte.
Später, ein klein wenig klüger geworden, hatte er sich die jugendliche Torheit eingestanden und geschworen, sowohl auf Stimulanzien als auch Betäubungsmittel möglichst zu verzichten.
Also entspannte er seine Muskeln, senkte Atem- und Pulsfrequenz ab, sandte Wärme ins Sonnengeflecht und Kühle auf die Stirn:
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