241 - Splitterzeit
ohne stehlen zu müssen. Von einem Freund.«
»Ach, so schnell schließt man hier Freundschaften?«
Matt erwiderte nichts darauf. Sein Blick schweifte durch den Raum und blieb an dem Vehikel hängen, das ganz offenkundig auf Whiteheads Konto ging: ein primitives Fluggerät, das dennoch in seiner Grundform bereits widerspiegelte, was die kommenden Jahrzehnte an Himmelsstürmern hervorbringen würden. Insbesondere die großen Kriege würden der Entwicklung und dem Erfindergeist enormen Auftrieb verleihen.
»Sie schauen wie frisch verliebt aus der Wäsche«, spottete Crow. »Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte man denken, Sie betrachten eine schöne Frau.«
Matt ließ ihn einfach stehen und trat auf die Maschine zu, die Whitehead hier offenbar im Auftrag eines privaten Geldgebers konstruiert hatte. Die Flügel standen hochgeklappt senkrecht nach oben, aber mit wenigen Blicken hatte Matt den Mechanismus durchschaut, der sie in die Horizontale klappte und arretierte. Nur kurz beschäftigte er sich damit. Dann galt sein Augenmerk dem Motor des Einpropellers und dem Leitwerk am Heck.
Schweigend sah Crow zu, wie Matt den Flieger untersuchte. Er unterstützte ihn auf seine Weise, indem er die Petroleumlampe in die Hand nahm und Matt in zwei Schritten Abstand überallhin folgte.
»Das Ding war noch nie in der Luft«, sagte er schließlich.
Matt drehte sich ihm zu. »Woher wollen Sie das wissen?«
»Whitehead sagte es. Wir unterhielten uns kurz. Ich glaube, er war gar nicht so unfroh über das Erdbeben.«
Matt furchte die Stirn. »Schwachsinn«, schnappte er.
Crow schüttelte den Kopf. »Ganz und gar nicht.«
»Und wieso?«
»Ich hatte den Eindruck, dass Whitehead in einer Sackgasse angelangt war. Er hatte keine Lösung für sein Hauptproblem, und das machte ihm Sorge. Er wird nämlich durch ein Förderprogramm der Regierung unterstützt, da fällt das Versagen doppelt schwer. Durch das Erdbeben wurden die Karten neu gemischt. Er klang für mein Gefühl, als hätte er endlich einen Grund gefunden, um hier seine Zelte abzubrechen… ohne sich und anderen eingestehen zu müssen, dass seine Erfindung niemals funktionieren würde.«
»Sie haben keine Ahnung vom Fliegen, General. Deshalb sollten Sie sich solche Beurteilungen verkneifen.«
»Ja, ja, ich weiß, Sie halten sich für ein Flieger-As.«
»Habe ich das behauptet?«
Crow winkte ungeduldig ab. »Wir sollten unsere Zeit nicht länger mit der Besichtigung dieses sinnlosen Geräts vergeuden. Lassen Sie uns lieber –«
»Woran hapert es Whitehead zufolge bei der Maschine?«, ließ sich Matt nicht davon abbringen, sich in seinen Gedanken immer mehr mit dem Flugzeug zu befassen.
»Die Motorleistung«, brummte Crow. »Der Motor, von ihm selbst entwickelt, bringt nicht annähernd genug Schub, um das Ding in die Luft zu heben. Eine erfinderische Totgeburt, wenn Sie mich fragen. – Und jetzt lassen Sie es gut sein. Wir müssen zur Farm und einen Weg finden, noch einmal zum Zeittor hinauf zu gelangen. Das wird schwer genug, es sei denn, wir finden unterwegs noch einmal einen heilen Leiterwagen und schaffen es, ihn unbehelligt die Serpentinen hinauf zu schaffen…«
»Ihre These ist mindestens so löchrig wie der Motor dieses Fliegers hier – was seine Konzeption angeht. Andererseits haben wir nicht viel mehr als das.«
»Als meine These?«
»Als dieses Flugzeug hier.«
Crow sah ihn fragend an. Und je länger Matt den Blick stumm erwiderte, desto mehr dämmerte es dem General, wovon Matt die ganze Zeit sprach – ohne es beim Namen zu nennen.
»Das… das kann nicht Ihr Ernst sein, Drax!«
»Warum nicht? Was haben wir zu verlieren?«
»Unser Leben?«
»No risk, no fun.«
»Sie sind verrückt. Jetzt sind Sie völlig übergeschnappt!«
»Geben Sie mir ein paar Stunden, mich mit dem Ding hier auseinanderzusetzen. Bis zum Morgengrauen…«
»Was haben Sie vor? Ich meine, was genau? Sie bilden sich doch nicht wirklich ein, dieses Ding hier zum Fliegen zu bringen? Sie werden sich dieselbe blutige Nase holen wie ich bei meinem Alleingang!«
»Wenn Sie um meine Nase so besorgt sind, gibt es darauf nur eine Antwort: Legen Sie sich gemütlich in eine Ecke und schlafen meinetwegen ein bisschen, während ich hier an dem Flieger herumschraube.«
»Das würde Ihnen so gefallen! Ich habe keine Lust, mir von ihnen einen Schraubenschlüssel überziehen zu lassen.«
»Ihr Misstrauen bringt Sie noch ins Grab, General.«
»Im Gegenteil. Es ist meine
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