241 - Splitterzeit
Dafür betrat eine charismatische Gestalt die Bühne.
Ein Konoi, keine Frage – und absonderlicherweise hatte Matt das Gefühl, ihn nicht zum ersten Mal zu sehen. Es war keine bewusste Begegnung gewesen, darüber war er sich klar, aber er hätte schwören können, dass er Bestandteil seiner Träume während der Bewusstlosigkeit nach dem Sturz gewesen war.
Wie auch immer, der Ankömmling schaffte es allein kraft seiner Präsenz, die berserkerhaft wütenden Aschemänner auf sich aufmerksam zu machen und einen nach dem anderen in seinem barbarischen Treiben innehalten zu lassen.
Matt war tief beeindruckt, glaubte allerdings nicht, dass die Faszination des feindlichen Stammes lange anhalten würde. Jeden Moment konnten sie sich dem Bann der beeindruckenden Persönlichkeit entziehen und darin fortfahren, fast tatenlos zusehende Konoi abzuschlachten. Nein, gute Krieger waren Thekonas Leute offensichtlich nicht. Fast wehrlos ergaben sie sich ihrem Schicksal. Der Schrecken des Überfalls hatte sie wie paralysiert. Leichter konnte man es einem Feind nicht machen.
Matt konnte sich nicht länger zurückhalten – obwohl sein Eingreifen eigentlich gegen die selbst gesetzten Prinzipien verstieß. Unlängst war er es gewesen, der sich Crow gegenüber vehement dagegen ausgesprochen hatte, allzu unbesorgt in den Zeitablauf einzugreifen. Aber genau das war die unweigerliche Folge, wenn er hier Partei ergriff und gegen die Bande vorging, die die Puebloindianer überfiel.
Aber über das Stadium des Haderns war er bereits hinaus. Die Opfer der Aschemänner ließen die Dämme der Zurückhaltung in ihm brechen. Ungeachtet des alten Indianers, der die Kämpfe für ein paar Momente zum Erliegen gebracht hatte, stürmte er aus seiner Deckung und warf sich gegen den mit zwei Tomahawks bewaffneten Gegner, der ihm am nächsten stand und sich vor einer Frau aufgebaut hatte, die ein Kleinkind an ihre Brust drückte.
Beim Versuch zu fliehen musste sie gestolpert sein, denn sie lag dem Krieger zu Füßen und war außerstande, sich wieder zu erheben und ihre Flucht fortzusetzen. Mit Schrecken starrte sie zu der gruselig bemalten Gestalt empor.
Matt wartete nicht ab, bis der Krieger die Frau und ihr Kind massakrierte – mit Wucht schmetterte er ihn zu Boden…
… und noch während er ihn unter sich begrub, wusste er, dass er einen Fehler begangen hatte. Einen furchtbaren Fehler.
Denn so verrückt es klang: Die Passivität der Konoi, ihre scheinbare Schicksalsergebenheit hatte bislang offenbar verhindert, dass sich die wahre Wut der Aschemänner entlud.
Matts Einschreiten wurde zur Initialzündung.
Nicht nur der sehnige, zwei Meter große Krieger unter Matt verwandelte sich übergangslos in eine berserkerhafte Kampfmaschine – aus den Augenwinkeln sah Matthew, dass sich auch die anderen Angreifer wieder ins Getümmel stürzten. Unter nervenzerfetzendem Gebrüll.
Matts Absicht war es gewesen, den Aschemann blitzschnell zu entwaffnen und die Kriegsbeile gegen ihn selbst zu richten. Doch was »blitzschnell« bedeutete, demonstrierte ihm stattdessen sein Gegner. Mit einer unglaublichen Körperbeherrschung befreite er sich aus Matts Griff, wand sich schlangenhaft unter ihm hervor… und stand plötzlich vor ihm, mit beiden Tomahawks zum tödlichen Doppelschlag ausholend.
Dann sausten sie herab.
Alles passierte in Schwindel erregender Geschwindigkeit. Die gespaltenen Schädel der bisherigen Opfer erschienen vor Matts geistigem Auge, und er wusste, dass er den Beilklingen nicht mehr entgehen konnte. Nur ein Wunder konnte ihn noch –
Die Szene gefror.
Verwirrt schaute Matt auf den Aschekrieger, der vor ihm stand, als wäre er mitten in der Bewegung schockgefrostet worden. Nur eine Handbreit trennte die vorderste Beilklinge noch von Matts Gesicht.
Sein Gegner stand mit verzerrtem Gesicht da, als stemme er seine Waffen gegen ein unsichtbares Hindernis, das sich zwischen ihm und Matt aufgebaut hatte.
Dicke Schweißperlen erschienen auf den Zügen des Mannes mit den stecknadelkopfkleinen Pupillen. Sie ließen die Ascheschminke zu einer grotesken Maske zerlaufen.
Mit aller Kraft stemmte sich der Mann gegen das, was ihn hinderte, sein Werk zu vollenden und die Beilklingen in Matts Schädelknochen zu graben.
Alles spielte sich binnen Sekunden ab. Matt realisierte, dass das nicht mehr erwartete Wunder doch noch eingetreten war, fragte nicht lange nach dem Wieso… und rollte sich zur Seite, bis zum Rand des Pueblodaches, hinter dem es steil
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