2410 - Der Kontaktwald
die Hälfte von dem stimmte, was Afa-Hem-F’ur ihnen gesagt hatte, dann ließ sich daraus schließen, dass es sich bei dem Kontaktwald auf Quamoto um ein „Instrument" der Informationsübermittlung über riesige Distanzen hinweg handelte – genauer gesagt, über interstellare Entfernungen.
Atlan war begeistert. Es gab somit eine Möglichkeit, praktisch ohne Zeitverlust Nachrichten in alle Winkel der Galaxis zu schicken, unbeeinträchtigt vom Hyperphysikalischen Widerstand, der den konventionellen Funkverkehr stark einschränkte. Es war vielleicht noch zu früh für Spekulationen, aber wenn auch nur der Kern dessen, was Afa-Hem-F’ur von sich gab, tatsächlich stimmte, dann taten sich für den Kampf gegen die Terminale Kolonne vollkommen neue, schier unvorstellbare Möglichkeiten auf!
Und darum war Atlan jetzt hier. Er wollte sich selbst ein Bild verschaffen, hier vor Ort. Wenn es stimmte, was er kaum zu vermuten wagte, dann musste er mit dem „Kontaktwald" selbst „reden", auch auf die Gefahr, dass das der Kartanin nicht gefiel, die den Gleiter in diesem Augenblick vor dem blaugrünen Wald landete.
Ihr Blick, als sie den Antrieb desaktivierte, nahm ihm die letzten Zweifel.
Afa-Hem-F’ur sah den Kontaktwald als ihre Domäne an. Wahrscheinlich glaubte sie, dass sie allein das Recht hatte, mit ihm zu „reden". Doch darauf konnte der Arkonide keine Rücksicht nehmen. Er musste mehr Informationen gewinnen – über den und vom Kontaktwald.
*
Es war schön. Es war sogar überwältigend.
Atlan ging hinter der Kartanin her, die ihn durch eine schnurgerade Schneise führte. Angeblich veränderten sich die Pfade im Kontaktwald beständig, wovon der Arkonide allerdings nichts bemerkte. Er wollte der Frau gerne glauben, aber Zweifel waren angebracht.
Die Luft war schwer und süß und zugleich frisch und prickelnd, sie stand zwischen jahrhundertealten Bäumen und trotzdem kühlte eine leichte Brise seine Haut. Farben flackerten ringsum, wo sich Blätter bewegten oder kleine Tiere durch das Dickicht sprangen, sodass manchmal ein geradezu stroboskopartiger Anblick entstand.
Alles wirkte wie eine Skulptur, ohne dass der Eindruck von Künstlichkeit aufkommen konnte.
Dieser Wald war einfach schön.
Je weiter sie gingen, umso stärker wurde das Gefühl, sich etwas Großem, Gewaltigem zu nähern.
Es gab keinen Zweifel. Dieser Wald, vordergründig nur eine in sich verschlungene und verwobene Ansammlung von exotisch schönen, duftenden, lebendigen Pflanzen, besaß mehr als nur „eine Seele". Hier war etwas anderes am Werk, eine uralte Macht. Eine durchaus gefährliche Macht. Und dennoch auf unwirkliche Weise wunderschön.
Immer stärker baute sich ein mentaler Druck auf, der eher sanft als aggressiv wirkte, ohne sein zerstörerisches Potenzial auch nur sekundenlang zu verleugnen.
Etwas beobachtete den Arkoniden, das fühlte er. Etwas analysierte ihn, aber es versuchte nicht, sich aufzudrängen oder ihn gar unter seine Kontrolle zu bringen.
„Wir haben die Schwelle übertreten", hörte er die Kartanin vor ihm sagen. „Wir sind im Wald, tiefer als jeder andere Besucher. Er ... Der Kontaktwald hat dich akzeptiert, Atlan."
Sie drehte sich nicht zu ihm um und schien eher wie zu sich selbst zu sprechen. Er hörte Unglauben aus ihren Worten heraus. Es musste sich um ein sehr seltenes Ereignis handeln.
Und jetzt sah er zum ersten Mal die Schatten.
Sie bewegten sich im blaugrünen Dickicht. Sie waren überall und nirgends, wie es die Art von etwas so Flüchtigem wie Schatten war. Wenn er versuchte, sich auf einen von ihnen zu konzentrieren, verschwand er, nur um an anderer Stelle sofort wieder aufzutauchen, formlos, farblos und doch alle Farben und Formen verkörpernd.
Manchmal schienen die Schatten sogar dreidimensional zu werden, als verzerre sich die Realität ...
Waren das die Bewohner des Kontaktwalds? Oder war es der Wald selbst?
„So viele ..." Die Stimme der Kartanin klang erstaunt, beinahe ehrfürchtig. „So viele waren es noch nie. Der Wald ist aufgeregt, Imago. Deinetwegen."
Der Pfad führte weiter. Der mentale Druck, das Wispern und die Wärme, das Gefühl der Behaglichkeit wuchs weiter an. Immer mehr Schemen huschten lautlos durch das Dickicht mit seinen roten, gelben und weißen Blüten im wabernden, satten Blaugrün des fluoreszierenden Laubs überall um sie herum.
Es war, als käme er nach Hause ...
Und dann öffnete sich der Pfad zu einer Lichtung.
Afa-Hem-F’ur blieb stehen und
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